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Herr Marmaduke und der Pfarrer

II.

28. November. Gott sei gepriesen für all seine Barmherzigkeit!

An diesem Tage gesellte sich unser Gast Marmaduke Felmer zum ersten Mal seit seiner Krankheit zu uns unten in der Wohnstube. Er war durch das zehrende, rheumatische Fieber welches ihn dem Tode nahe brachte, körperlich ganz heruntergekommen. Aber er ist noch jung und der Arzt zweifelt (menschlich gesprochen) nicht an seiner schnellen und gänzlichen Wiederherstellung. Meine Schwester hat die entgegengesetzte Ansicht. Sie bemerkte in seiner Gegenwart, dass niemand je ein rheumatisches Fieber vollständig überwunden habe. O Judith, Judith, es ist gut für die Menschheit, dass du eine ledige Person bist! Wenn vielleicht irgend ein Mann verzweifelt genug gewesen wäre, solch eine Frau durch die Ehe an sich zu fesseln, was für eine schwarzblickende Nachkommenschaft würde von dir hergekommen sein!

Wenn ich mein Tagebuch in den zwei letzten Monaten oder etwas mehr überblicke, finde ich eine eintönige Aufzeichnung der Leiden des armen Burschen, welche, wie ich mit Freuden hinzufüge, durch die hingebenden Dienste meiner Tochter am Krankenbette des Mannes erleichtert und gelindert wurden.

Mit einiger Hilfe von ihrer Tante (am bereitwilligsten gewährt, als die Todesgefahr am größten war) und mit den notwendigen Diensten, welche von zwei bejahrten Frauen aus Cauldkirk abwechselnd verrichtet wurden, hätte ihn Felicia nicht sorgsamer verpflegt haben können, wenn er ihr eigener Bruder gewesen wäre.

Zur Hälfte gebührte das Verdienst, ihn durchgerissen zu haben, wie der Arzt selbst bekannte, der besonnenen jungen Wärterin, die während der schlimmsten Zeit der Krankheit immer hilfsbereit war und während der folgenden langwierigen Genesung nie ihre Heiterkeit verlor.

Ich muss auch zu Gunsten Marmadukes erwähnen, dass er in der Tat, wie sich's gebührte, dankbar war.

Wenn ich ihn in das Besuchszimmer führte und er Felicia, lächelnd und für ihn die Kissen klopfend, am Lehnstuhl wartend sah, nahm er sie bei der Hand und brach in Tränen aus. Teilweise Schwäche, kein Zweifel - aber im Grunde aufrichtige Dankbarkeit, dessen bin ich ebenso gewiss.

29. November. Indessen gibt es Grenzen selbst für die aufrichtige Dankbarkeit. Dieser Wahrheit gegenüber scheint Herr Marmaduke nicht vorsichtig genug zu sein. Als ich heute bald nach Mittag in die Wohnstube trat, fand ich unseren genesenden Gast und seine Pflegerin allein. Sein Kopf ruhte auf ihrer Schulter; sein Arm war um ihre Taille geschlungen und (die Wahrheit über alles) Felicia küsste ihn.

Ein Mann mag von einer freien Geistesrichtung sein und kann sich doch entschieden der Freiheit entgegenstellen, wenn sie die Form von unerlaubtem Umarmen und Küssen annimmt, wenn die Person seine eigene Tochter und der Ort sein eigenes Haus ist.

Ich winkte dem Mädchen, uns zu verlassen und ging auf Herrn Marmaduke zu; aber als die Meinung über seine Aufführung mir gerade in Worten über die Lippen kam, versetzte er mich in Erstaunen, indem er um die Hand Felicias bat.

»Sie brauchen keinen Zweifel zu hegen, ob ich imstande bin, Ihrer Tochter eine behagliche und achtbare Stellung zu bieten«, sagte er, »ich habe ein festes Einkommen von achthundert Pfund das Jahr.«

Sein Entzücken über Felicia, seine Beteuerungen, dass sie die erste Frau sei, die er je wirklich geliebt habe, seine gottlose Erklärung, dass er zu sterben vorziehe, wenn ich es ablehnte, ihn ihr Gatte werden zu lassen - alle diese Schnörkel, wie ich sie nennen möchte, gingen mir zu einem Ohr hinein und zum anderen heraus.

Aber achthundert Pfund Sterling fürs Jahr, die gleichsam in einer goldenen Lawine in das Gemüt eines schottischen Geistlichen hineinfuhren, der seit dreißig Jahren je vierundsiebzig Pfund vor sich zu sehen gewöhnt war, achthundert Pfund jährlich in der Tasche eines jungen Mannes, das, sage ich, überwältigte mich vollständig.

Ich konnte gerade nur antworten: »Warten Sie bis morgen!« und eilte hinaus, um meine Selbstachtung wieder zu erlangen, wenn dies irgendwie möglich sein sollte. Ich nahm meinen Weg durch das Tal. Die Sonne schien wundervoll. Als ich meinen Schatten an der Seite des Hügels erblickte, sah ich das goldene Kalb als einen wesentlichen Teil meines Selbst, das die Inschrift in Flammenbuchstaben trug: »Hier ist ihrer noch eines.«

30. November. Ich habe für den gestrigen Abfall Ersatz geleistet; ich habe gehandelt, wie es meiner väterlichen Würde und meinem heiligen Berufe geziemt. Die Versuchung, anders zu handeln, hat nicht gefehlt. Schwester Judiths Rat war: »Versichere dich, dass er zunächst das Geld bekommt und nagele ihn ums Himmels willen fest.«

Herrn Marmadukes Vorschlag war folgender: »Machen Sie irgendwelche beliebige Bedingungen, sofern Sie mir nur Ihre Tochter geben!« Und endlich Felicias Bekenntnis:

»Vater, mein Herz hängt an ihm, es gehört ihm. O, sei nicht zum ersten Mal in deinem Leben unfreundlich gegen mich!«

Aber ich blieb fest. Ich weigerte mich, irgendetwas weiter über den Gegenstand von einem von ihnen in den nächsten sechs Monaten zu hören. »Ein so wichtiges Vorhaben, als es das Wagnis einer Heirat ist«, sagte ich, »soll nicht in einem plötzlichen Anlaufe ausgeführt werden. Sobald Herr Marmaduke reisen kann, ersuche ich ihn, uns zu verlassen und nicht vor sechs Monaten zurückzukehren. Wenn er nach dieser Zeit noch derselben Meinung ist, auch meine Tochter noch ebenso denkt, lass ihn nach Caulskirk zurückkehren und vorausgesetzt, dass ich in jeder anderen Hinsicht befriedigt werde - mag er bei mir um dich werben.«

Es gab Tränen, es gab Beteuerungen; ich blieb unerschütterlich. Eine Woche später verließ uns Marmaduke, um in kleinen Tagereisen sich nach dem Süden zu begeben. Ich bin kein harter Mann. Ich belohnte die Liebenden für ihren Gehorsam dadurch, dass ich Schwester Judith aus dem Wege hielt und sie ihre Abschiedsworte einschließlich Zubehör unter vier Augen sagen ließ.


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