Nr. 4. Seine Ehrwürden, der Pfarrer Alfred Loring von Nettlegrove, bezeugt und sagt aus: | No. 4. - The Reverend Alfred Loring, Rector of Nettlegrove, testifies and says:- |
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I. | I. |
Anfangs Oktober des Jahres 1817 wurde mir mitgeteilt, das Fräulein Bertha Laroche in meinem Hause vorgesprochen und den Wunsch geäußert habe, mich in einer Privatangelegenheit zu sprechen. Ich war Fräulein Laroche zuerst bei der Ankunft mit ihrer Tante vorgestellt worden, als sie von ihrem Eigentum in Nettlegrove Hall Besitz ergreifen wollte. Die späteren Gelegenheiten, diese Bekanntschaft mit ihr zu erneuern und weiter zu pflegen, waren nicht so zahlreich gewesen, als ich dies gewünscht hätte, und ich bedauerte dies aufrichtig. Sie hatte einen sehr günstigen Eindruck auf mich gemacht. Außerordentlich unerfahren und leicht erregbar, mit einer seltsamen Mischung von Schüchternheit und Lebhaftigkeit in ihrem Benehmen und dann und wann plötzlichen Anwandlungen der Eitelkeit und des Mutwillens unterworfen, die sie zum Ergötzen anderer nicht verbergen konnte, waren doch unter diesen Äußerlichkeiten die Zeichen eines echten und edlen Gemütes, eines einfachen und lauteren Herzens wahrzunehmen. Ihre persönliche Erscheinung war, wie ich hinzufügen möchte, in hohem Grade anziehend. Es lag in jener etwas so Eigentümliches und zu gleicher Zeit etwas so Bezauberndes, dass ich meine Voreingenommenheit für sie nur zugestehen will. Um aber nicht missverstanden zu werden, will ich hinzufügen, dass ich alt genug bin, um ihr Großvater zu sein und dass ich überdies ein verheirateter Mann bin. | EARLY in the month of October, 1817, I was informed that Miss Bertha Laroche had called at my house, and wished to see me in private. I had first been presented to Miss Laroche on her arrival, with her aunt, to take possession of her property at Nettlegrove Hall. My opportunities of improving my acquaintance with her had not been so numerous as I could have desired, and I sincerely regretted it. She had produced a very favorable impression on me. Singularly inexperienced and impulsive - with an odd mixture of shyness and vivacity in her manner, and subject now and then to outbursts of vanity and petulance which she was divertingly incapable of concealing - I could detect, nevertheless, under the surface the signs which told of a true and generous nature, of a simple and pure heart. Her personal appearance, I should add, was attractive in a remarkable degree. There was something in it so peculiar, and at the same time so fascinating, that I am conscious it may have prejudiced me in her favor. For fear of this acknowledgment being misunderstood, I think it right to add that I am old enough to be her grandfather, and that I am also a married man. |
Ich befahl dem Diener, Fräulein Laroche in mein Studierzimmer zu führen. | I told the servant to show Miss Laroche into my study. |
Als sie eintrat, erschreckte mich ihr Aussehen; ihr Gesicht war wirklich von Schrecken erfüllt. Ich erbot mich, meine Frau kommen zu lassen, sie lehnte aber mein Anerbieten ab. Ich drang dann in sie, sich doch wenigstens so lange Zeit zu nehmen, bis sie sich beruhigt hätte. Es war ihrer erregten Natur nicht gegeben, dies zu tun. Sie sagte: »Geben Sie mir Ihre Hand und lassen Sie mich sprechen, so lange ich kann.« Ich reichte der Armen die Hand: ,,Sprechen Sie mit mir, meine Teure, als wenn ich Ihr Vater wäre.« | The moment she entered the room, her appearance alarmed me: she looked literally panic-stricken. I offered to send for my wife; she refused the proposal. I entreated her to take time at least to compose herself. It was not in her impulsive nature to do this. She said, »Give me your hand to encourage me, and let me speak while I can.« I gave her my hand, poor soul. I said, »Speak to me, my dear, as if I were your father.« |
Soweit ich die unzusammenhängende Darstellung, die mir gegeben wurde, verstehen konnte, war sie, während sie Maplesworth besuchte, gleichzeitig von zwei Herren umworben worden, welche beide sie zu heiraten wünschten. Da sie in ihrer Wahl schwankte und überdies in solchen Dingen ganz unerfahren war, so war sie unglücklicherweise die Ursache der Feindschaft zwischen den Nebenbuhlern geworden, und war auf den Rat ihrer Tante nach Nettlegrove zurückgekehrt, das beste Mittel, sich aus ihrer peinlichen Lage zu befreien. Aber auch dieses Mittel vermochte nicht, die schmerzlichen Erinnerungen an das Vorgefallene zu verwischen, und sie hatte daher mit ihrer Tante ein weiteres Mittel versucht, indem sie eine zweimonatliche Reise auf das Festland unternahmen. Von dieser Reise war sie in einer ruhigeren Gemütsverfassung zurückgekehrt. Zu ihrer größten Überraschung hatte sie aber von dem Tage an, wo sie Maplesworth verließ, bis zu dem Tage, an dem sie sich bei mir einfand, von keinem ihrer beiden Freier wieder etwas gehört. | So far as I could understand the incoherent statement which she addressed to me, she had been the object of admiration (while visiting Maplesworth) of two gentlemen, who both desired to marry her. Hesitating between them and perfectly inexperienced in such matters, she had been the unfortunate cause of enmity between the rivals, and had returned to Nettlegrove, at her aunt's suggestion, as the best means of extricating herself from a very embarrassing position. The removal failing to alleviate her distressing recollections of what had happened, she and her aunt had tried a further change by making a tour of two months on the Continent. She had returned in a more quiet frame of mind. To her great surprise, she had heard nothing of either of her two suitors, from the day when she left Maplesworth to the day when she presented herself at my rectory. |
In der Frühe dieses Morgens spazierte sie nach dem Frühstück in dem Parke von Nettlegrove, als sie Tritte hinter sich hörte. Sie wandte sich um und sah sich einem ihrer Verehrer aus Maplesworth gegenüber. Man hat mir gesagt, dass kein Grund vorliege, dessen Namen jetzt noch zu verschweigen. Es war Hauptmann Stanwick. | Early that morning she was walking, after breakfast, in the park at Nettlegrove when she heard footsteps behind her. She turned, and found herself face to face with one of her suitors at Maplesworth. I am informed that there is no necessity now for my suppressing the name. The gentleman was Captain Stanwick. |
Er hatte sich so schrecklich verändert, dass sie ihn kaum wiedererkannte. | He was so fearfully changed for the worse that she hardly knew him again. |
Nachdem er einen Blick auf sie geworfen hatte, hielt er die Hand über seine blutunterlaufenen Augen, als wenn ihnen das Sonnenlicht wehe tue. Ohne sie vorher durch ein Wort auf die Mitteilung vorzubereiten, gestand er, Herrn Varleigh in einem Duelle getötet zu haben. Gewissensbisse hätten, so bekannte er, seinen Verstand verwirrt und erst vor einigen Tagen sei er aus dem Irrenhause entlassen worden. »Sie sind die Ursache davon,« rief er wild. »Aus Liebe zu Ihnen habe ich es getan. Ich habe nur noch eine Hoffnung im Leben — meine Hoffnung auf Sie. Wenn Sie mich von sich weisen, so ist mein Entschluss gefasst. Ich will mein Leben für das hingeben, das ich geraubt habe; ich will durch meine eigene Hand sterben. Sehen Sie mich an, und Sie werden finden, dass ich im Ernste rede. Mein ferneres Leben hängt von Ihrer Entscheidung ab. Überlegen Sie sich dies heute, und kommen Sie morgen wieder zu mir hierher. Aber nicht zu dieser Stunde, das schreckliche Tageslicht empfinde ich wie Feuer in meinen Augen, und wie Feuer durchdringt es mein Gehirn. Warten Sie bis zum Sonnenuntergange — Sie werden mich hier finden.« | After his first glance at her, he held his hand over his bloodshot eyes as if the sunlight hurt them. Without a word to prepare her for the disclosure, he confessed that he had killed Mr. Varleigh in a duel. His remorse (he declared) had unsettled his reason: only a few days had passed since he had been released from confinement in an asylum. »You are the cause of it,« he said wildly. »It is for love of you. I have but one hope left to live for - my hope in you. If you cast me off, my mind is made up. I will give my life for the life that I have taken; I will die by my own hand. Look at me, and you will see that I am in earnest. My future as a living man depends on your decision. Think of it to-day, and meet me here to-morrow. Not at this time; the horrid daylight feels like fire in my eyes, and goes like fire to my brain. Wait till sunset - you will find me here.« |
Er verließ sie ebenso plötzlich, wie er erschienen war. Als sie sich soweit wieder erholt hatte, dass sie eines Gedankens fähig war, entschloss sie sich, ihrer Tante nichts von dem zu sagen, was sich zugetragen hatte. Sie nahm vielmehr ihren Weg nach dem Pfarrhause, um bei mir Rat zu suchen. | He left her as suddenly as he had appeared. When she had sufficiently recovered herself to be able to think, she decided on saying nothing of what had happened to her aunt. She took her way to the rectory to seek my advice. |
Es ist unnötig, meine Erzählung mit der Angabe von Fragen zu belasten, die ich unter diesen Umständen an sie zu richten für meine Pflicht hielt. | It is needless to encumber my narrative by any statement of the questions which I felt it my duty to put to her under these circumstances. |
Auf meine Fragen erfuhr ich, dass Hauptmann Stanwick zuerst einen günstigen Eindruck auf sie gemacht habe, dass sie aber später an den weniger glänzenden Eigenschaften Herrn Varleighs größeres Gefallen gefunden habe, zumal da ihr die heftige Sprache und das ungestüme Benehmen zuwider war, das Stanwick zeigte, als er vermuten konnte, dass ihm sein Mitbewerber vorgezogen werde. | My inquiries informed me that Captain Stanwick had in the first instance produced a favorable impression on her. The less showy qualities of Mr. Varleigh had afterward grown on her liking; aided greatly by the repelling effect on her mind of the Captain's violent language and conduct when he had reason to suspect that his rival was being preferred to him. |
Als sie die schreckliche Nachricht von Varleighs Tod erfuhr, »erkannte sie« — ich wiederhole ihre eignen Worte — »ihr Herz« an dem Schlage, den sie fühlte. Hauptmann Stanwick gegenüber hatte sie dagegen unwillkürlich nur ein Gefühl des größten Abscheus. Mein Verhalten schien mir in dieser schwierigen und schmerzlichen Angelegenheit deutlich vorgezeichnet zu sein. | When she knew the horrible news of Mr. Varleigh's death, she »knew her own heart« (to repeat her exact words to me) by the shock that she felt. Toward Captain Stanwick the only feeling of which she was now conscious was, naturally, a feeling of the strongest aversion. My own course in this difficult and painful matter appeared to me to be clear. |
»Ihre Pflicht als Christin ist es, diesen Unglücklichen nochmals aufzusuchen,« sagte ich, »und meine Pflicht als Ihr Freund und Seelsorger ist es, Ihnen in dieser Prüfungsstunde zur Seite zu stehen. Ich will morgen mit Ihnen an den Ort der Zusammenkunft gehen.« | »It is your duty as a Christian to see this miserable man again,« I said. »And it is my duty as your friend and pastor, to sustain you under the trial. I will go with you to-morrow to the place of meeting.« |
II. | II. |
Am nächsten Abend trafen wir Hauptmann Stanwick im Parke auf uns warten. | THE next evening we found Captain Stanwick waiting for us in the park. |
Er zog sich zurück, als er meiner ansichtig wurde. Ich erklärte ihm ruhig und bestimmt, welchen Standpunkt ich in der Sache einnehme. Mit finsteren Blicken ergab er sich darein, meine Anwesenheit zu dulden. Allmählich gewann ich sein Vertrauen. Der erste Eindruck, den ich von ihm erhielt, blieb unerschüttert — der Verstand des Mannes war verwirrt. Ich vermutete, dass seine Angabe von der Freilassung aus dem Irrenhause unwahr sei, und dass er in Wirklichkeit aus dem Asyl entwichen war. Es war unmöglich, aus ihm herauszubringen, in welcher Anstalt er gewesen war. Er war zu schlau, um dies zu sagen — zu schlau, um irgendetwas über seine Verwandten anzugeben, als ich zunächst versuchte, das Gespräch auf diese zu lenken. Auf der anderen Seite sprach er mit einer empörenden Leichtfertigkeit von dem Verbrechen, das er begangen hatte, und von seinem bestimmten Entschlusse, sich das Leben zu nehmen, wenn Fräulein Laroche es ablehne, seine Frau zu werden. »Ich habe sonst nichts, was mich an das Leben fesselt; ich stehe allein in der Welt,« sagte er. »Selbst mein Diener hat mich verlassen. Er weiß, wie ich Lionel Varleigh getötet habe.« Stanwick machte eine Pause und sprach dann die weiteren Worte flüsternd zu mir: »Ich tötete ihn durch einen Kniff – er war der bessere Fechter von uns beiden.« | He drew back on seeing me. I explained to him, temperately and firmly, what my position was. With sullen looks he resigned himself to endure my presence. By degrees I won his confidence. My first impression of him remains unshaken - the man's reason was unsettled. I suspected that the assertion of his release was a falsehood, and that he had really escaped from the asylum. It was impossible to lure him into telling me where the place was. He was too cunning to do this - too cunning to say anything about his relations, when I tried to turn the talk that way next. On the other hand, he spoke with a revolting readiness of the crime that he had committed, and of his settled resolution to destroy himself if Miss Laroche refused to be his wife. »I have nothing else to live for; I am alone in the world,« he said. »Even my servant has deserted me. He knows how I killed Lionel Varleigh.« He paused and spoke his next words in a whisper to me. »I killed him by a trick - he was the best swordsman of the two.« |
Dieses Geständnis war so entsetzlich, dass ich es nur der Täuschung eines Wahnsinnigen zuschreiben konnte. Als ich mit weiteren Fragen in ihn drang, fand ich, dass auf denselben Gedanken auch die Verwandten des Unglücklichen und die Ärzte gekommen sein mussten, die ein Gutachten ausgestellt hatten, dass er unter ärztliche Obhut zu nehmen sei. Wie ich nachher hörte, war diese Ansicht besonders auf die Tatsache gestützt worden, dass Varleighs Leichnam auf dem bezeichneten Schauplatze des Zweikampfes nicht gefunden worden war. Was den Diener anbetrifft, so hatte er seinen Herrn in London verlassen und war nicht wieder zurückgekehrt. Nach meiner unmaßgeblichen Meinung war die vorliegende Frage nicht die, ob ein sich selbst anklagender Mörder dem Gericht überliefert werden sollte, da ja ein Leichnam zum Zeugnis gegen ihn nicht vorhanden war, sondern die, ob ein Wahnsinniger wieder in die Obhut derjenigen Leute zurückzubringen sei, die ihn in Verwahrung zu halten hatten. | This confession was so horrible that I could only attribute it to an insane delusion. On pressing my inquiries, I found that the same idea must have occurred to the poor wretch's relations, and to the doctors who signed the certificates for placing him under medical care. This conclusion (as I afterward heard) was greatly strengthened by the fact that Mr. Varleigh's body had not been found on the reported scene of the duel. As to the servant, he had deserted his master in London, and had never reappeared. So far as my poor judgment went, the question before me was not of delivering a self-accused murderer to justice (with no corpse to testify against him), but of restoring an insane man to the care of the persons who had been appointed to restrain him. |
Ich versuchte, die Größe seines Wahnsinns in einem Augenblicke zu prüfen, da er es unterließ, Fräulein Laroche mit seinen Anträgen zu belästigen. | I tried to test the strength of his delusion in an interval when he was not urging his shocking entreaties on Miss Laroche. |
»Wie können Sie wissen, dass Sie Herrn Varleigh getötet haben?« fragte ich. | »How do you know that you killed Mr. Varleigh?« I said. |
Er blickte mich mit wildem Entsetzen in den Augen an. Plötzlich hob er die rechte Hand empor und schüttelte sie in der Luft, indem er einen kläglichen Ton ausstieß, der unverkennbar ein Schmerzensschrei war. »Würde ich seinen Geist sehen,« sagte er, »wenn ich ihn nicht getötet hätte? Ich merke es an dem Schmerze, der die Hand quält, die ihn erstach. Immer in der rechten Hand! Immer denselben Schmerz in dem Augenblicke, wenn ich ihn sehe!« Er hielt inne und knirschte in der Qual des wirklichen Wahnsinns mit den Zähnen. »Sehen Sie!« rief er. »Dort zwischen den beiden Bäumen hinter Ihnen! Dort ist er — mit seinem schwarzen Haar und seinem glattrasierten Gesicht und seinem starren Blick! Dort steht er vor mir, wie er im Walde vor mir stand, seine Augen auf die meinigen gerichtet, indem sein Degen den meinigen berührte.« Er wandte sich zu Fräulein Laroche »Sehen Sie ihn auch?« fragte er hastig. »Sagen Sie mir die Wahrheit. Mein ganzes Leben hängt davon ab, dass Sie mir die Wahrheit sagen.« Sie beherrschte sich mit erstaunlichem Mute. »Ich sehe ihn nicht,« antwortete sie. | He looked at me with a wild terror in his eyes. Suddenly he lifted his right hand, and shook it in the air, with a moaning cry, which was unmistakably a cry of pain. »Should I see his ghost,« he asked, »if I had not killed him? I know it, by the pain that wrings me in the hand that stabbed him. Always in my right hand! always the same pain at the moment when I see him!« He stopped and ground his teeth in the agony and reality of his delusion. »Look!« he cried. »Look between the two trees behind you. There he is - with his dark hair, and his shaven face, and his steady look! There he is, standing before me as he stood in the wood, with his eyes on my eyes, and his sword feeling mine!« He turned to Miss Laroche. »Do you see him too?« he asked eagerly. »Tell me the truth. My whole life depends on your telling me the truth.« She controlled herself with a wonderful courage. »I don't see him,« she answered. |
Er nahm sein Taschentuch heraus und fuhr damit über das Gesicht, indem er erleichtert aufatmete. »Dies ist meine letzte Hoffnung!« sagte er. »Wenn sie mir treu sein wird, wenn sie mir immer nahe sein wird, morgens, mittags, abends, so werde ich von seinem Anblick befreit sein. Sehen Sie! Er verschwindet schon. Er ist fort!« rief er mit einem Freudenschrei. Er fiel auf die Knie und blickte Fräulein Laroche wie ein Wilder an, der zu seinem Götzenbild betet. »Wollen Sie mich jetzt von sich weisen?« fragte er demütig. »Lionel liebte Sie in seinem Leben, und sein Geist ist ein barmherziger Geist. Er will Sie nicht erschrecken; er hat mich um Ihretwillen verlassen; er wird mich um Ihretwillen freigeben. Haben Sie Erbarmen mit mir, nehmen Sie mich auf, damit ich mit Ihnen lebe – und ich werde ihn nie wiedersehen.« | He took out his handkerchief, and passed it over his face with a gasp of relief. »There is my last chance!« he said. »If she will be true to me - if she will be always near me, morning, noon, and night, I shall be released from the sight of him. See! he is fading away already! Gone!« h e cried, with a scream of exultation. He fell on his knees, and looked at Miss Laroche like a savage adoring his idol. »Will you cast me off now?« he asked, humbly. »Lionel was fond of you in his lifetime. His spirit is a merciful spirit. He shrinks from frightening you, he has left me for your sake; he will release me for your sake. Pity me, take me to live with you - and I shall never see him again!« |
Es war schrecklich, ihn reden zu hören. Ich sah, dass das arme Mädchen dies nicht länger ertragen konnte. »Verlassen Sie uns,« flüsterte ich ihr zu; »ich werde Sie zu Hause wieder treffen.« Er hörte dies und trat sofort zwischen uns. »Sie soll mir ein Versprechen geben, sonst lasse ich sie nicht weggehen.« Fräulein Laroche fühlte wie ich die gebieterische Notwendigkeit, etwas zu sagen, was ihn besänftigen konnte. Auf ein Zeichen von mir gab sie das Versprechen, wieder zu kommen. | It was dreadful to hear him. I saw that the poor girl could endure no more. »Leave us,« I whispered to her; »I will join you at the house.« He heard me, and instantly placed himself between us. »Let her promise, or she shan't go.« She felt, as I felt, the imperative necessity of saying anything that might soothe him. At a sign from me she gave him her promise to return. |
Er war befriedigt und bestand darauf, ihr die Hand zu küssen; dann ließ er sie gehen. Es war mir damit gelungen, ihn zu bewegen, dass er mir vertraute. Er schlug mir unaufgefordert vor, ihn nach dem Wirtshause im Dorfe zu begleiten, wo er sich aufgehalten hatte. Der Wirt, der seinem unglücklichen Gast selbstverständlich nicht traute, hatte ihn diesen Morgen aufgefordert, sich irgendein anderes Unterkommen zu suchen. Ich übernahm es, durch meinen Einfluss auf den Mann ihn zu bestimmen, von seinem Vorhaben abzustehen, und ich setzte auch die notwendigen Anordnungen durch, dass nach dem armen Mann gehörig gesehen werde. Nach meiner Rückkehr nach Hause schrieb ich sodann an einen Amtsbruder in meiner Nähe und an den Direktor der Provinzial-Irrenanstalt, die ich beide ersuchte, mit mir über die beste Art zu beraten, um Hauptmann Stanwick auf gesetzlich zulässige Weise so lange in Verwahrung zu halten, bis wir uns mit seinen Verwandten in Verbindung gesetzt hätten. | He was satisfied - he insisted on kissing her hand, and then he let her go. I had by this time succeeded in inducing him to trust me. He proposed, of his own accord, that I should accompany him to the inn in the village at which he had been staying. The landlord (naturally enough distrusting his wretched guest) had warned him that morning to find some other place of shelter. I engaged to use my influence with the man to make him change his purpose, and I succeeded in effecting the necessary arrangements for having the poor wretch properly looked after. On my return to my own house, I wrote to a brother magistrate living near me, and to the superintendent of our county asylum, requesting them to consult with me on the best means of lawfully restraining Captain Stanwick until we could communicate with his relations. |
Konnte ich mehr als dies tun? Das Ereignis des nächsten Morgens beantwortete diese Frage — beantwortete sie sogleich und für immer. | Could I have done more than this? The event of the next morning answered that question - answered it at once and forever. |
III. | III. |
Als ich mich zu Nettlegrove Hall gegen Abend einfand, um Fräulein Laroche meine Fürsorge zuzuwenden, stieß ich auf den Widerspruch ihrer Tante. | PRESENTING myself at Nettlegrove Hall toward sunset, to take charge of Miss Laroche, I was met by an obstacle in the shape of a protest from her aunt. |
Diese gute Dame hatte von der Anwesenheit des Hauptmanns Stanwick im Parke gehört und sie missbilligte es sehr, dass ihre Nichte ihn zu einem weiteren Verkehr ermutigt hatte. Sie hielt auch dafür, dass ich meine Pflicht versäumt hätte, indem ich den Hauptmann noch frei umhergehen lasse. Ich sagte ihr, dass ich, um zu handeln, nur auf den Rat kompetenter Leute warte, die am nächsten Tage eintreffen würden, um mit mir zu beraten; und ich tat mein Bestes, sie von der Zweckmäßigkeit der Schritte zu überzeugen, die ich inzwischen getan hatte. Fräulein Laroche ihrerseits war fest entschlossen, dem Versprechen treu zu bleiben, welches sie gegeben hatte. Wir brachten ihre Tante endlich dazu, unter gewissen Bedingungen nachzugeben. | This good lady had been informed of the appearance of Captain Stanwick in the park, and she strongly disapproved of encouraging any further communication with him on the part of her niece. She also considered that I had failed in my duty in still leaving the Captain at liberty. I told her that I was only waiting to act on the advice of competent persons, who would arrive the next day to consult with me; and I did my best to persuade her of the wisdom of the course that I had taken in the meantime. Miss Laroche, on her side, was resolved to be true to the promise that she had given. Between us, we induced her aunt to yield on certain conditions. |
»Ich kenne den Teil des Parkes, in dem die Zusammenkunft stattfinden soll,« sagte die alte Dame; »es ist der bevorzugte Spazierweg meiner Nichte. Wenn sie nicht in einer halben Stunde zu mir zurückgebracht worden ist, werde ich die Bedienten ausschicken, um sie in Schutz zu nehmen.« | »I know the part of the park in which the meeting is to take place,« the old lady said; »it is my niece's favorite walk. If she is not brought back to me in half an hour's time, I shall send the men-servants to protect her.« |
Die Dämmerung trat ein, als wir den verabredeten Ort erreichten. Wir fanden dort bereits Hauptmann Stanwick; er war ungeduldig und misstrauisch, und es war nicht leicht, ihn über unsere Verzögerung zu beruhigen. Sein Wahnsinn schien jetzt mehr denn je hervorzutreten. Er hatte den Geist Varleighs während der vergangenen Nacht gesehen, oder doch geträumt, ihn zu sehen. Zum ersten Mal, sagte er, habe die Erscheinung des toten Mannes zu ihm gesprochen. In feierlichen Worten habe er ihn dazu verurteilt, sein Verbrechen zu sühnen, indem er sein Leben für das Leben hingebe, das er geraubt habe. Er habe ihn gewarnt, nicht auf einer Verheiratung mit Bertha Laroche zu bestehen. »Sie soll Ihre Strafe teilen, wenn sie Ihr Leben teilt. Und Sie werden es an diesem Zeichen erkennen — sie soll mich sehen, wie Sie mich sehen.« | The twilight was falling when we reached the appointed place. We found Captain Stanwick angry and suspicious; it was not easy to pacify him on the subject of our delay. His insanity seemed to me to be now more marked than ever. He had seen, or dreamed of seeing, the ghost during the past night. For the first time (he said) the apparition of the dead man had spoken to him. In solemn words it had condemned him to expiate his crime by giving his life for the life that he had taken. It had warned him not to insist on marriage with Bertha Laroche: »She shall share your punishment if she shares your life. And you shall know it by this sign - She shall see me as you see me.« |
Ich versuchte, ihn zu beruhigen. Er schüttelte den Kopf in starrer Verzweiflung. »Nein,« antwortete er; »falls sie ihn sieht, wenn ich ihn sehe, so hört die einzige Hoffnung auf Erlösung auf, die mich an das Leben fesselt. Wir müssen uns dann Lebewohl sagen, ein Lebewohl für immer!« | I tried to compose him. He shook his head in immovable despair. »No,« he answered; »if she sees him when I see him, there ends the one hope of release that holds me to life. It will be good-by between us, and good-by forever!« |
Während wir sprachen, waren wir weiter zu einem Teile des Parkes gegangen, durch den ein Bach mit klarem Wasser floss. Am jenseitigen Ufer führte das unbepflanzte Gelände in ein waldiges Tal hinab. Am diesseitigen Ufer des Baches erhob sich eine dichte Anpflanzung von Tannen, die von einem gewundenen Pfade durchschnitten wurde. Hauptmann Stanwick blieb stehen, als wir diese Stelle erreichten. Seine Augen hefteten sich in der zunehmenden Finsternis auf den schmalen Zwischenraum, den der Pfad zwischen den Bäumen bildete. Plötzlich erhob er die rechte Hand mit demselben Schmerzensschrei, den wir früher gehört hatten, mit der linken fasste er Fräulein Laroche am Arme. »Dort!« sagte er. »Sehen Sie dorthin, wohin ich blicke! Sehen Sie ihn dort?« | We had walked on, while we were speaking, to a part of the park through which there flowed a rivulet of clear water. On the further bank, the open ground led down into a wooded valley. On our side of the stream rose a thick plantation of fir-trees intersected by a winding path. Captain Stanwick stopped as we reached the place. His eyes rested, in the darkening twilight, on the narrow space pierced by the path among the trees. On a sudden he lifted his right hand, with the same cry of pain which we had heard before; with his left hand he took Miss Laroche by the arm. »There!« he said. »Look where I look! Do you see him there?« |
Als diese Worte über seine Lippen kamen, wurde eine nicht deutlich zu erkennende Gestalt sichtbar, welche den Pfad entlang auf uns zukam. | As the words passed his lips, a dimly-visible figure appeared, advancing toward us along the path. |
War es die Gestalt eines lebenden Menschen, oder war es nur ein Gebilde meiner eignen erregten Phantasie? Ehe ich diese Frage tun konnte, schritt der Mann näher auf uns zu. Der letzte Strahl des scheidenden Lichtes fiel durch eine Öffnung in den Bäumen auf sein Gesicht. In demselben Augenblicke fuhr Fräulein Laroche mit einem Schrei des Entsetzens vor Hauptmann Stanwick zurück. Sie würde zur Erde gefallen sein, wenn ich nicht nahe genug gewesen wäre, sie aufrecht zu halten. Hauptmann Stanwick war augenblicklich wieder an ihrer Seite. »Sprechen Sie!« rief er. »Sehen Sie ihn auch?« | Was it the figure of a living man? or was it the creation of my own excited fancy? Before I could ask myself the question, the man advanced a step nearer to us. A last gleam of the dying light fell on his face through an opening in the trees. At the same instant Miss Laroche started back from Captain Stanwick with a scream of terror. She would have fallen if I had not been near enough to support her. The Captain was instantly at her side again. »Speak!« he cried. »Do you see it, too?« |
Sie war gerade noch imstande, »Ja« zu sagen, als sie in meinen Armen in Ohnmacht fiel. | She was just able to say »Yes« before she fainted in my arms. |
Er beugte sich über sie und berührte mit seinen Lippen ihre kalte Wange. | He stooped over her, and touched her cold cheek with his lips. |
»Leben Sie wohl!« sagte er in einem Tone, der seltsamerweise plötzlich in die ausgesuchteste Zärtlichkeit überging. »Leben Sie wohl für immer!« | »Goodby!« he said, in tones suddenly and strangely changed to the most exquisite tenderness. »Good-by, forever!« |
Er sprang über den Bach, überschritt den freien Raum und war in dem waldigen Tale jenseits bald unseren Blicken entschwunden. | He leaped the rivulet; he crossed the open ground; he was lost to sight in the valley beyond. |
Sowie er verschwand, kam auch die Erscheinung jenes anderen Mannes näher, ging schweigend an uns vorüber, sprang in einem Satze über den Bach und verschwand, wie die Gestalt des Hauptmanns vor ihm verschwunden war. | As he disappeared, the visionary man among the fir-trees advanced; passed in silence; crossed the rivulet at a bound; and vanished as the figure of the Captain had vanished before him. |
Ich war allein mit dem ohnmächtigen Mädchen geblieben. Nicht ein Laut, weder fern noch nah, unterbrach die Stille der herankommenden Nacht. | I was left alone with the swooning woman. Not a sound, far or near, broke the stillness of the coming night. |
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