Die Brille des Teufels

II Meine eigenen Erinnerungen

Wer waren die zwei Damen?

Sie waren beide jung und unverheiratet. Als eine Privatangelegenheit erlaube ich mir, sie nur bei ihren Vornamen zu erwähnen. Zilla, siebzehn Jahre alt. Cecilia, zweiundzwanzig Jahre alt.

Ich war genauso alt wie Cecilia. Sie war die Gesellschafterin und Vorleserin meiner Mutter; hübsch, wohlgeboren und arm. Ich hatte ihr einen Antrag gemacht und sie hatte ihn angenommen. Es gab keine Geldschwierigkeiten, die unserer Heirat im Weg standen, trotz der leeren Börse meines Lieblings. Ich war ein Einzelkind und ich hatte bis auf den Anteil meiner Mutter das gesamte große Vermögen geerbt, das mein Vater nach seinem Tod hinterlassen hatte. Gesellschaftlich hatte Cecilia einen höheren Rang als ich; wir waren deshalb nicht unpassend füreinander aus der weltlichen Sicht. Dennoch gab es ein Hindernis für unsere Vereinigung und eine Person, die daran interessiert war, das meiste aus diesem Hindernis zu machen. Das Hindernis war Zilla. Die interessierte Person war meine Mutter. Zilla war ihre Nichte – die Tochter ihres älteren Bruders. Die Eltern des Mädchens waren in Indien gestorben und sie war in die Schule in England geschickt worden, unter der Fürsorge ihres Onkels und Vormunds. Ich hatte sie nie gesehen und kaum etwas von ihr gehört, bis sie die Frage stellte, ob sie die Weihnachtsferien (in dem Jahr, als Septimus Notman starb) in unserem Haus verbringen konnte.

»Ihr Onkel hat keine Einwände«, sagte meine Mutter, »und ich werde mehr als glücklich sein, sie zu sehen. Ein äußerst interessantes Geschöpf, wie ich gehört habe. So liebenswert und so gut, dass sie sie in der Schule Engel nannten. Ich sage nichts über ihr nettes kleines Vermögen oder den hohen militärischen Rang, den ihr Vater bekleidete. Du kümmerst dich nicht um solche Dinge. Aber oh, Alfred, es würde mich so glücklich machen, wenn du dich in Zilla verlieben würdest und sie heiratest!«

Drei Tage zuvor hatte ich Cecilia meinen Antrag gemacht und er wurde angenommen – vorbehaltlich der Zustimmung meiner Mutter. Ich hielt dies für eine gute Möglichkeit, meinen Fall klar darzulegen und ich sprach mich aus. Nie zuvor hatte ich meine Mutter so schockiert und enttäuscht gesehen – wütend über Cecilia, enttäuscht über mich. »Eine Frau ohne einen Farthing Mitgift; eine Frau, die genauso alt war wie ich; eine Frau, die Vorteil aus ihrer Stellung im Haus gezogen hatte, um mich misszuleiten und mich zu täuschen!« und so weiter.

Cecilia wäre sicherlich weggeschickt worden, hätte ich nicht erklärt, dass ich es in diesem Fall als meine Pflicht ansah, sie auf der Stelle zu heiraten. Meine Mutter kannte mein Temperament und unterließ es, Cecilia irgendeinen Vorwurf zu machen. Cecilia ihrerseits zeigte, was man einen angemessenen Stolz nennt; sie lehnte es ab, meine Frau zu werden, bis meine Mutter sie als Schwiegertochter akzeptierte. Sie sah sich als Märtyrerin; und ich sah mich als einen furchtbar behandelten Mann. Im Vertrauen gesagt fürchte ich, dass wir das Leben unserer guten Mutter unerträglich machten – sie war gezwungen, die erste zu sein, die nachgab. Es war selbstverständlich, dass wir im Frühling heiraten sollten. Es verstand sich ebenso von selbst, dass Zilla bitter enttäuscht war, ihren Ferienbesuch bei uns absagen zu müssen. »Sie hat sich so darauf gefreut, dich zu sehen, armes Kind«, sagte meine Mutter zu mir. »Aber ich wagte wirklich nicht, sie unter den gegenwärtigen Umständen zu fragen. Sie ist so frisch, so unschuldig, Cecilia so unendlich in persönlichen Vorzügen überlegen, dass ich nicht weiß, was passieren könnte, wenn du sie nun sehen würdest. Du bist eine ehrliche Seele, Alfred; aber du und Zilla sollten lieber Fremde bleiben – du könntest deine rasche Heirat bereuen.« Es ist unnötig, zu sagen, dass ich mich nach diesen Worten danach sehnte, Zilla zu sehen; während ich zur selben Zeit niemals für einen Augenblick von der Treue zu Cecilia abkam.

So war meine Lage an dem denkwürdigen Tag, als Septimus Notman starb und mich als Besitzer der Brille des Teufels zurückließ.


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