Zwei Schicksalswege

Swedenborg und die SybilleSWEDENBORG AND THE SIBYL
Ich nehme meine Erzählung an der Stelle wieder auf, wo ich sie im ersten Kapitel fallen ließ.MY narrative may move on again from the point at which it paused in the first chapter.
Wie man sich erinnern wird, hatten Mary und ich den Vogt im Entenfange allein gelassen und hatten uns auf den Weg nach Dermodys Hause gemacht.Mary and I (as you may remember) had left the bailiff alone at the decoy, and had set forth on our way together to Dermody's cottage.
Als wir uns dem Gartengitter näherten, sah ich einen Diener unseres Hauses dort warten. Er brachte eine Botschaft von meiner Mutter - eine Botschaft für mich.As we approached the garden gate, I saw a servant from the house waiting there. He carried a message from my mother--a message for me.
»Mr. George, meine Herrin wünscht, dass Sie sobald als möglich nach Hause kommen, es ist ein Brief mit der Post gekommen. Der Herr beabsichtigt von London einen Postwagen zu nehmen und benachrichtigt uns, dass wir ihn im Laufe des Tages erwarten können.«"My mistress wishes you to go home, Master George, as soon as you can. A letter has come by the coach. My master means to take a post-chaise from London, and sends word that we may expect him in the course of the day."
Marys gespanntes Gesicht verdüsterte sich bei diesen Worten. »Musst Du wirklich gehn, George,« flüsterte sie, »ehe Du gesehen hast, was dich hier zu Hause erwartet?«Mary's attentive face saddened when she heard those words. "Must you really go away, George," she whispered, "before you see what I have got waiting for you at home?"
Mir fiel Marys verheißene »Überraschung« ein, deren Geheimnis erst enthüllt werden sollte, wenn wir im Hause wären. Wie konnte ich sie betrüben? Mein armes, kleines Herzblatt begann fast, bei dem bloßen Gedanken daran, schon zu weinen.I remembered Mary's promised "surprise," the secret of which was only to be revealed to me when we got to the cottage. How could I disappoint her? My poor little lady-love looked ready to cry at the bare prospect of it.
Ich entließ den Diener mit der vertröstenden Bestellung, dass ich meine Mutter grüßen ließe und in einer halben Stunde nach Hause zurückkehren würde.I dismissed the servant with a message of the temporizing sort. My love to my mother--and I would be back at the house in half an hour.
Wir gingen ins Haus.We entered the cottage.
Dame Dermody saß wie gewöhnlich am Fenster, auf ihrem Schoße lag geöffnet eines von Emanuel Swedenborgs mystischen Büchern. Bei unserem Eintreten erhob sie feierlich die Hand und gab uns ein Zeichen, dass wir uns in unsere gewohnte Ecke zurückziehen sollten, ohne mit ihr zu sprechen. Es galt als ein Akt des häuslichen Hochverrats, wenn man die Sybille bei ihren Büchern störte. Wir schlichen still auf unsere Plätze. Mary wartete, bis ihrer Großmutter graues Haupt sich neigte und ihrer Großmutter buschige Augenbrauen sich aufmerksam über ihrem Buche zusammenzogen. Da erst erhob sich das bescheidene Kind auf den Zehenspitzen, verschwand geräuschlos in der Richtung ihrer Schlafkammer und trug, zu mir zurückkehrend, etwas in der Hand, das sie vorsichtig in ihr bestes, baumwollenes Taschentuch gehüllt hatte.Dame Dermody was sitting in the light of the window, as usual, with one of the mystic books of Emanuel Swedenborg open on her lap. She solemnly lifted her hand on our appearance, signing to us to occupy our customary corner without speaking to her. It was an act of domestic high treason to interrupt the Sibyl at her books. We crept quietly into our places. Mary waited until she saw her grandmother's gray head bend down, and her grandmother's bushy eyebrows contract attentively, over her reading. Then, and then only, the discreet child rose on tiptoe, disappeared noiselessly in the direction of her bedchamber, and came back to me carrying something carefully wrapped up in her best cambric handkerchief.
»Ist das die Überraschung?« flüsterte ich."Is that the surprise?" I whispered.
Mary erwiderte ebenso: »Rate, was es ist!«Mary whispered back: "Guess what it is?"
»Etwas für mich?«"Something for me?"
»Ja. Rate. Was ist es?«"Yes. Go on guessing. What is it?"
Ich riet drei Mal - und jedes Mal riet ich falsch. Mary entschloss sich mir durch einen Wink zu Hilfe zu kommen.I guessed three times, and each guess was wrong. Mary decided on helping me by a hint.
»Sage die Buchstaben her,« meinte sie, »und fahre fort bis ich Dich unterbreche.«"Say your letters," she suggested; "and go on till I stop you."
Ich begann: »A, B, E, D, E, F« - Hier unterbrach sie mich.I began: "A, B, C, D, E, F--" There she stopped me.
»Es ist der Name einer Sache,« sagte sie. »Er beginnt mit F.«"It's the name of a Thing," she said; "and it begins with F."
Ich riet »Farnkraut«, »Feder«, »Fünf« - da war meine Weisheit zu Ende.I guessed, "Fern," "Feather," "Fife." And here my resources failed me.
Mary seufzte und schüttelte den Kopf. »Du gibst Dir keine Mühe,« sagte sie. »Du bist drei ganze Jahre älter als ich. Nach aller der Mühe, die ich mir gegeben habe Dich zu erfreuen, bist Du nun am Ende zu groß, um dir aus meinem Geschenk etwas zu machen, wenn Du es siehst. Rate weiter.«Mary sighed, and shook her head. "You don't take pains," she said. "You are three whole years older than I am. After all the trouble I have taken to please you, you may be too big to care for my present when you see it. Guess again."
»Ich kann nicht raten.«"I can't guess."
»Du musst!«"You must!"
»Ich gebe es auf!«"I give it up."
Mary wollte nicht, dass ich aufhörte zu raten. Sie kam mir durch einen anderen Wink zu Hilfe.Mary refused to let me give it up. She helped me by another hint.
»Was wünschtest Du neulich in Deinem Boot zu haben?« fragte sie."What did you once say you wished you had in your boat?" she asked.
»Ist es schon lange her, als ich es wünschte?« fragte ich, verlegen um eine Antwort."Was it long ago?" I inquired, at a loss for an answer.
»Lange, lange ist es her! Es war noch vor dem Winter, als im Herbst die Blätter fielen und Du mich zu einer Wasserfahrt abholtest. Oh, George, Du hast es vergessen!«"Long, long ago! Before the winter. When the autumn leaves were falling, and you took me out one evening for a sail. Ah, George, you have forgotten!"
Ihre Worte waren nur zu wahr in Bezug auf mich, wie auf alle meine alten und jungen Mitbrüder. Es ist überall seine Liebe, die vergessen kann und ihre Liebe, die alles treu im Gedächtnis bewahrt. Wir waren nur zwei Kinder und doch war der Typus von Mann und Weib schon so bezeichnend in uns ausgeprägt! Mary verlor die Geduld. Trotz der furchtbaren Gegenwart ihrer Großmutter sprang sie auf und riss das Taschentuch von dem verborgenen Gegenstande.Too true, of me and of my brethren, old and young alike! It is always his love that forgets, and her love that remembers. We were only two children, and we were types of the man and the woman already. Mary lost patience with me. Forgetting the terrible presence of her grandmother, she jumped up, and snatched the concealed object out of her handkerchief.
»Hier!« rief sie aus, »weißt Du nun, was es ist?«"There!" she cried, briskly, "now do you know what it is?"
Endlich fiel es mir ein. Der Gegenstand, den ich mir monatelang für mein Boot gewünscht hatte, war eine neue Flagge. Und nun hatte Mary eigenhändig eine neue Flagge für mich gearbeitet! Auf grünseidenem Grunde war eine weiße Taube gestickt, die den herkömmlichen Ölzweig, aus Goldfäden gearbeitet, im Schnabel hielt. Die Arbeit war das unsichere, zaghafte Werk kindlicher Finger. Wie treulich hatte mein kleiner Liebling meinen Wunsch behalten - wie geduldig hatte sie ihre Nadel auf dem aufgezeichneten Muster hin- und hergleiten lassen, - wie fleißig hatte sie in den trüben Wintertagen gearbeitet; und das Alles für mich! Wie konnte ich orte finden ihr meinen Stolz, meine Dankbarkeit, mein Glück auszusprechen? Auch ich vergaß die Anwesenheit der über ihr Buch gebeugten Sybille - ich schloss die kleine, fleißige Arbeiterin in meine Arme und küsste sie, bis ich ganz außer Atem war und nicht mehr küssen konnte.I remembered at last. The thing I had wished for in my boat, all those months ago, was a new flag. And here was the flag, made for me in secret by Mary's own hand! The ground was green silk, with a dove embroidered on it in white, carrying in its beak the typical olive-branch, wrought in gold thread. The work was the tremulous, uncertain work of a child's fingers. But how faithfully my little darling had remembered my wish! how patiently she had plied the needle over the traced lines of the pattern! how industriously she had labored through the dreary winter days! and all for my sake! What words could tell my pride, my gratitude, my happiness? I too forgot the presence of the Sibyl bending over her book. I took the little workwoman in my arms, and kissed her till I was fairly out of breath and could kiss no longer.
»Mary!« rief ich im ersten Feuer meines Enthusiasmus aus, »heute kehrt mein Vater heim. Ich will heute Abend mit ihm sprechen und morgen heirate ich Dich.«"Mary!" I burst out, in the first heat of my enthusiasm, "my father is coming home to-day. I will speak to him to-night. And I will marry you to-morrow!"
»Knabe!« sagte die ehrfurchtgebietende Stimme am anderen Ende des Zimmers, »komm her!«"Boy!" said the awful voice at the other end of the room. "Come here."
Dame Dermodys mystisches Buch war geschlossen und Dame Dermodys zauberische schwarze Augen beobachteten uns in unserer Ecke. Ich näherte mich ihr und Mary folgte mir schüchtern Schritt für Schritt.Dame Dermody's mystic book was closed; Dame Dermody's weird black eyes were watching us in our corner. I approached her; and Mary followed me timidly, by a footstep at a time.
Die Sybille fasste mich in einer so milden, liebkosenden Weise bei der Hand, wie sie mir ganz neu an ihr war.«The Sibyl took me by the hand, with a caressing gentleness which was new in my experience of her.
»Ist Dir dieses Spielzeug teuer?« fragte sie, auf die Flagge deutend. »Verbirg es!« rief sie, ehe ich ihr antworten konnte, »verbirg es oder es wird dir genommen werden!«"Do you prize that toy?" she inquired, looking at the flag. "Hide it!" she cried, before I could answer. "Hide it--or it may be taken from you!"
»Warum soll ich es verbergen?« fragte ich. »Es soll eben am Maste meines Bootes wehen.«"Why should I hide it?" I asked. "I want to fly it at the mast of my boat."
»Nimmer wird das geschehen!« Bei diesen Worten nahm sie die Flagge aus meiner Hand und steckte sie ungeduldig in die Brusttasche meiner Jacke."You will never fly it at the mast of your boat!" With that answer she took the flag from me and thrust it impatiently into the breast-pocket of my jacket.
»Zerknittere sie nicht, Großmutter!« rief Mary bittend."Don't crumple it, grandmother!" said Mary, piteously.
Ich wiederholte meine Frage:I repeated my question:
»Warum soll sie nie an dem Maste meines Bootes wehen?«"Why shall I never fly it at the mast of my boat?"
Dame Dermody legte ihre Hand auf das geschlossene Buch von Swedenborg, das in ihrem Schoße lag.Dame Dermody laid her hand on the closed volume of Swedenborg lying in her lap.
»Seit diesem Morgen habe ich das Buch drei Mal aufgeschlagen,« sagte sie. »Dreimal verkünden mir die Worte des Propheten, dass Sorgen heranziehen. Kinder! Diese Sorgen werden über Euch kommen! Wenn ich dorthin blicke,« fuhr sie fort, indem sie auf eine Stelle im Zimmer wies, die ein Sonnenstrahl beschien, »so sehe ich meinen Gatten im himmlischen Licht. Er beugt kummervoll sein Haupt und weist mit seiner nimmerirrenden Hand auf Euch. George und Mary, Ihr seid einander geweiht; bleibt immer dieser Weihe, bleibt Eurer selbst würdig.« Sie schwieg. Ihre Stimme bebte. Ihre Augen ruhten mit jenem sanften, trüben Blick auf uns, der von einer nahen Trennungsstunde sprach. »Kniet nieder!« sagte sie im leisen Tone der Furcht und des Kummers. »Zum letzten Male segne ich Euch! Zum letzten Male bete ich für Euch in diesem Hause. Kniet nieder!«"Three times I have opened this book since the morning," she said. "Three times the words of the prophet warn me that there is trouble coming. Children, it is trouble that is coming to You. I look there," she went on, pointing to the place where a ray of sunlight poured slanting into the room, "and I see my husband in the heavenly light. He bows his head in grief, and he points his unerring hand at You. George and Mary, you are consecrated to each other! Be always worthy of your consecration; be always worthy of yourselves." She paused. Her voice faltered. She looked at us with softening eyes, as those look who know sadly that there is a parting at hand. "Kneel!" she said, in low tones of awe and grief. "It may be the last time I bless you--it may be the last time I pray over you, in this house. Kneel!"
Wir knieten noch beieinander zu ihren Füßen. Ich fühlte Marys erregten Herzschlag, als sie sich enger und enger an mich schmiegte. Ich fühlte die Schläge meines eigenen Herzens sich unter dem Einflusse einer Furcht verdoppeln, die mir unerklärlich war.We knelt close together at her feet. I could feel Mary's heart throbbing, as she pressed nearer and nearer to my side. I could feel my own heart quickening its beat, with a fear that was a mystery to me.
»Gott segne und behüte George und Mary jetzt und immerdar. Gott fördre in Zukunft ihre Vereinigung, die seine Weisheit ja beschlossen hat. Amen. So sei es. Amen.«"God bless and keep George and Mary, here and hereafter! God prosper, in future days, the union which God's wisdom has willed! Amen. So be it. Amen."
Als sie die letzten Worte ausgesprochen hatte, wurde die Haustür aufgerissen. Mein Vater, - von dem Vogt gefolgt - trat ins Zimmer. Dame Dermody erhob sich langsam und musterte ihn mit strengen Blicken.As the last words fell from her lips the cottage door was thrust open. My father--followed by the bailiff--entered the room. Dame Dermody got slowly on her feet, and looked at him with a stern scrutiny.
»Das Verhängnis bricht herein,« sagte sie zu sich selbst, »es blickt mit den Augen - es spricht mit der Stimme dieses Mannes.«"It has come," she said to herself. "It looks with the eyes--it will speak with the voice--of that man."
Sich zu dem Vogte wendend, brach mein Vater das Schweigen.My father broke the silence that followed, addressing himself to the bailiff.
»Ich finde meinen Sohn in Eurem Zimmer, Dermody«, sagte er, »wie Ihr seht, statt dass er in meinem Hause ist.« Geduldig aus die Gelegenheit zum Sprechen wartend, stand ich und hatte meine Arme um die kleine Mary geschlungen, als er sich zu mir wendete. »George,« sagte er, mit dem herben Lachen, welches ihm eigentümlich war, wenn er seinen Zorn verbergen wollte, »du machst Dich zum Narren. Lass das Kind und komme zu mir.«"You see, Dermody," he said, "here is my son in your cottage--when he ought to be in my house." He turned, and looked at me as I stood with my arm round little Mary, patiently waiting for my opportunity to speak. "George," he said, with the hard smile which was peculiar to him, when he was angry and was trying to hide it, "you are making a fool of yourself there. Leave that child, and come to me."
Jetzt oder niemals musste ich mich erklären. Dem Anscheine nach war ich noch ein Knabe. Meinem eigenen Gefühl nach bedurfte es eines Augenblicks, um mich zum Manne zu entwickeln.Now, or never, was my time to declare myself. Judging by appearances, I was still a boy. Judging by my own sensations, I had developed into a man at a moment's notice.
»Papa,« sagte ich, »ich freue mich, dass Du heimgekehrt bist. Dies ist Mary Dermody, die ich liebe und die mich wieder liebt. Ich möchte sie heiraten sobald als Du und meine Mutter es gestatten.« Mein Vater brach in lautes Gelächter aus, doch bevor ich weiter sprechen konnte, wechselte seine Stimmung. Er hatte beobachtet, dass Dermody sich anschickte, die Sache auch scherzhaft aufzufassen. Im nächsten Augenblick schien er wild vor Wut zu werden. »Man hat mich von diesem höllischen Narrenspiel in Kenntnis gesetzt,« sagte er, »aber ich habe bis jetzt nicht daran glauben wollen. Wer hat des Knaben schwachen Kopf verdreht? Wer hat ihn ermutigt, dieses Mädchen zu umarmen? Wenn Ihr es waret, Dermody, so war das die schlechteste Tagearbeit, die Ihr in Eurem Leben getan habt.« Er wandte sich wieder zu mir, ehe der Vogt sich verteidigen konnte. »Hörst Du was ich sage? Ich befehle Dir Dermodys Tochter zu verlassen und mit mir nach Hause zu kommen.«"Papa," I said, "I am glad to see you home again. This is Mary Dermody. I am in love with her, and she is in love with me. I wish to marry her as soon as it is convenient to my mother and you." My father burst out laughing. Before I could speak again, his humor changed. He had observed that Dermody, too, presumed to be amused. He seemed to become mad with anger, all in a moment. "I have been told of this infernal tomfoolery," he said, "but I didn't believe it till now. Who has turned the boy's weak head? Who has encouraged him to stand there hugging that girl? If it's you, Dermody, it shall be the worst day's work you ever did in your life." He turned to me again, before the bailiff could defend himself. "Do you hear what I say? I tell you to leave Dermody's girl, and come home with me."
»Jawohl, Papa,« sagte ich, »aber wenn ich bei Dir gewesen bin, gestattest Du doch, dass ich zu Mary zurückkehre.«"Yes, papa," I answered. "But I must go back to Mary, if you please, after I have been with you."
Trotz seines Ärgers wurde mein Vater ganz stutzig über meine Verwegenheit.Angry as he was, my father was positively staggered by my audacity.
»Deine Unverschämtheit übersteigt Alles, junger Narr,« brach er los. »Ich sage Dir, dass Dein Fuß nie wieder diese Schwelle betreten wird! Man hat Dich gelehrt mir den Gehorsam zu verweigern. Man hat Dir hier Dinge in den Kopf gesetzt, die kein Knabe Deines Alters wissen darf, die kein anständiger Mensch Dir beigebracht haben würde - weiter will ich nichts sagen.«"You young idiot, your insolence exceeds belief!" he burst out. "I tell you this: you will never darken these doors again! You have been taught to disobey me here. You have had things put into your head, here, which no boy of your age ought to know--I'll say more, which no decent people would have let you know."
»Verzeihung, Herr,« unterbrach ihn Dermody sehr ehrerbietig, aber gleichzeitig sehr bestimmt, »es gibt viele Dinge, welche ein Herr das Vorrecht hat, seinem Diener in der Erregung zu sagen, aber Sie haben dieses Vorrecht überschritten. Sie haben mich in Gegenwart meiner Mutter und vor den Ohren meines Kindes beschimpft.«"I beg your pardon, sir," Dermody interposed, very respectfully and very firmly at the same time. "There are many things which a master in a hot temper is privileged to say to the man who serves him. But you have gone beyond your privilege. You have shamed me, sir, in the presence of my mother, in the hearing of my child--"
Hier fiel ihm mein Vater ins Wort.My father checked him there.
»Erspart Euch das Ende,« sagte er. »Wir sind nicht länger Herr und Diener. Als mein Sohn Euer Haus zu besuchen anfing und mit Eurer Tochter zu tändeln begann, war es Eure Pflicht ihm Eure Tür zu verschließen. Ihr habt Eure Pflicht versäumt, ich kann Euch nicht länger trauen. Ich kündige Euch hiermit für den nächsten Monat Euren Dienst, Dermody.«"You may spare the rest of it," he said. "We are master and servant no longer. When my son came hanging about your cottage, and playing at sweethearts with your girl there, your duty was to close the door on him. You have failed in your duty. I trust you no longer. Take a month's notice, Dermody. You leave my service."
Nun stand der Vogt mit meinem Vater auf neutralem Boden. Er war nicht länger der bequeme, sanfte, bescheidene Mann, als den ich ihn kannte.The bailiff steadily met my father on his ground. He was no longer the easy, sweet-tempered, modest man who was the man of my remembrance.
»Ich erlaube mir Ihre Kündigung für den nächsten Monat abzulehnen, mein Herr,« erwiderte er. »Sie sollen keine Gelegenheit haben mir das eben Gesagte zu wiederholen. Ich werde Ihnen heute Abend meine Rechnungen zuschicken und werde morgen Ihren Dienst verlassen.«"I beg to decline taking your month's notice, sir," he answered. "You shall have no opportunity of repeating what you have just said to me. I will send in my accounts to-night. And I will leave your service to-morrow."
»So sind wir doch in einer Sache einverstanden,« sagte mein Vater, »je eher Ihr geht, je besser.«"We agree for once," retorted my father. "The sooner you go, the better."
Er schritt durch das Zimmer und legte seine Hand auf meine Schulter.He stepped across the room and put his hand on my shoulder.
»Höre mich an,« sagte er, indem er eine letzte Anstrengung zur Selbstbeherrschung machte. »Ich mag vor einem entlassenen Diener nicht mit Dir streiten. Dieser Unsinn muss ein Ende haben. Verlass diese Leute, damit sie aufpacken und gehn können - und komm mit mir nach Hause.«"Listen to me," he said, making a last effort to control himself. "I don't want to quarrel with you before a discarded servant. There must be an end to this nonsense. Leave these people to pack up and go, and come back to the house with me."
Seine schwere Hand, die auf meine Schulter drückte, schien den Geist des Widerspruchs in mir zu erdrücken. Ich gab in so weit nach, als ich ihn durch Bitten zu erweichen versuchte.His heavy hand, pressing on my shoulder, seemed to press the spirit of resistance out of me. I so far gave way as to try to melt him by entreaties.
»Ach Papa! Papa!« rief ich aus, »trenne mich nicht von Mary! Sieh wie hübsch und gut sie ist! Sie hat mir eine Flagge für mein Boot gestickt. Lass mich zuweilen her gehen und sie sehen, ich kann nicht ohne sie leben.«"Oh, papa! papa!" I cried. "Don't part me from Mary! See how pretty and good she is! She has made me a flag for my boat. Let me come here and see her sometimes. I can't live without her"
Weiter konnte ich nichts sagen. Meine arme, kleine Mary brach in Tränen aus, aber ihre Tränen rührten meinen Vater eben so wenig, als meine Bitten.I could say no more. My poor little Mary burst out crying. Her tears and my entreaties were alike wasted on my father.
»Wähle,« sagte er, »ob Du gutwillig mit mir kommen willst oder ob ich Gewalt brauchen soll. Ich werde Dich und Dermodys Tochter trennen.«"Take your choice," he said, "between coming away of your own accord, or obliging me to take you away by force. I mean to part you and Dermody's girl."
»Weder Sie noch irgend ein Mensch kann sie trennen,« warf eine Stimme aus dem Hintergrunde dazwischen, »geben Sie diesen Gedanken auf, Herr, ehe es zu spät ist.«"Neither you nor any man can part them," interposed a voice, speaking behind us. "Rid your mind of that notion, master, before it is too late."
Mein Vater sah sich schnell um und bemerkte Dame Dermody, die hell vom Fenster beleuchtet vor ihm stand. Sie hatte sich beim Beginn des Streites in die Ecke am Kamin zurückgezogen. Dort hatte sie ihre Zeit abgewartet und verließ nun ihren stillen Winkel bei meines Vaters letzter Drohung, um zu sprechen.My father looked round quickly, and discovered Dame Dermody facing him in the full light of the window. She had stepped back, at the outset of the dispute, into the corner behind the fireplace. There she had remained, biding her time to speak, until my father's last threat brought her out of her place of retirement.
Sie blickten sich einen Augenblick lang an. Mein Vater schien es unter seiner Würde zu halten, ihr zu antworten und fuhr also in dem fort, was er mir zu sagen hatte:They looked at each other for a moment. My father seemed to think it beneath his dignity to answer her. He went on with what he had to say to me.
»Ich werde langsam bis drei zählen, bevor ich die letzte Zahl ausspreche, entschließe Dich zu tun, was ich von Dir fordere, oder füge Dich der Schande, mit Gewalt fortgeschleppt zu werden.«"I shall count three slowly," he resumed. "Before I get to the last number, make up your mind to do what I tell you, or submit to the disgrace of being taken away by force."
»Bringt ihn, wohin Ihr wollt,« sagte Dame Dermody, »er wird immer auf dem Wege bleiben, der zur Verheiratung mit meiner Enkelin führt.«"Take him where you may," said Dame Dermody, "he will still be on his way to his marriage with my grandchild."
»Und wo werde ich bleiben, wenn's beliebt?« fragte mein Vater, der nun doch versucht war mit ihr zu sprechen."And where shall I be, if you please?" asked my father, stung into speaking to her this time.
Die Antwort erfolgte sofort in den wunderbaren Worten: -The answer followed instantly in these startling words:
»Sie werden dann auf dem Wege zu Ihrem Untergange und zu Ihrem Tode sein.«"You will be on your way to your ruin and your death."
Mein Vater kehrte der Prophetin mit einem verächtlichen Lächeln den Rücken.My father turned his back on the prophetess with a smile of contempt.
»Eins!« begann er zu zählen."One!" he said, beginning to count.
Ich biss die Zähne zusammen und schlang beide Arme um Mary, als er sprach. Er sollte jetzt erfahren, dass ich etwas von seinem Charakter geerbt hatte.I set my teeth, and clasped both arms round Mary as he spoke. I had inherited some of his temper, and he was now to know it.
»Zwei!« fuhr mein Vater nach einer kleinen Weile fort."Two!" proceeded my father, after waiting a little.
Mary flüsterte mir mit bebenden Lippen ins Ohr: »Lass mich hinaus gehen, George! Ich kann es nicht ertragen, sieh, wie er grollt, ich weiß er wird Dir weh tun!«Mary put her trembling lips to my ear, and whispered: "Let me go, George! I can't bear to see it. Oh, look how he frowns! I know he'll hurt you."
Mein Vater erhob seinen Zeigefinger, um mich noch einmal zu warnen, ehe er Drei zählte.My father lifted his forefinger as a preliminary warning before he counted Three.
»Haltet ein!« schrie Dame Dermodv."Stop!" cried Dame Dermody.
Mein Vater sah sich mit höhnischem Erstaunen nach ihr um.My father looked round at her again with sardonic astonishment.
»Verzeihen Sie, Madame, - haben Sie mir irgendetwas Wichtiges zu sagen?« fragte er."I beg your pardon, ma'am--have you anything particular to say to me?" he asked.
»Mann!« erwiderte die Sybille, »Ihr sprecht leichtfertig. Habe ich auch leichtfertig zu Euch gesprochen? Lasst Euch warnen, beugt Euren gottlosen Willen vor dessen Willen, der mächtiger ist als Ihr. Die Geister dieser Kinder sind verwandt, sie sind für Zeit und Ewigkeit verbunden. Trennt sie durch Land und Meer, - sie bleiben doch vereint; sie werden durch Visionen miteinander verkehren; sie werden in Träumen beieinander sein. Bindet sie mit irdischen Banden; vermählt Euren Sohn einem anderen Weibe, gebt meiner Enkelin einen anderen Mann - umsonst! Ich sage Euch, es ist umsonst! Ihr könnt sie zum Elend verdammen, - Ihr könnt sie zur Sünde treiben, - der Tag, wo sie sich auf Erden wiederfinden werden, ist dennoch im Himmel voraus bestimmt. Er muss kommen! Und wird kommen! Unterwerft Euch dem Schicksal nun es Zeit ist. Ihr seid ein Verurteilter! Ich sehe auf Eurem Gesicht die Schatten des Unheils, ich sehe das Siegel des Todes darauf. Geht und lasst diese füreinander bestimmten Wesen ihren dunklen Weg durch das Leben gemeinsam gehen, in der Kraft ihrer Unschuld» im Lichte ihrer Liebe. Geht - und Gott möge Euch vergeben.«"Man!" returned the Sibyl, "you speak lightly. Have I spoken lightly to You? I warn you to bow your wicked will before a Will that is mightier than yours. The spirits of these children are kindred spirits. For time and for eternity they are united one to the other. Put land and sea between them--they will still be together; they will communicate in visions, they will be revealed to each other in dreams. Bind them by worldly ties; wed your son, in the time to come, to another woman, and my grand-daughter to another man. In vain! I tell you, in vain! You may doom them to misery, you may drive them to sin--the day of their union on earth is still a day predestined in heaven. It will come! it will come! Submit, while the time for submission is yours. You are a doomed man. I see the shadow of disaster, I see the seal of death, on your face. Go; and leave these consecrated ones to walk the dark ways of the world together, in the strength of their innocence, in the light of their love. Go--and God forgive you!"
Gegen seinen eigenen Willen war mein Vater erstaunt über die unwiderstehliche Macht der Überzeugung, die aus diesen Worten sprach. Die Mutter des Vogtes hatte auf ihn den Eindruck gemacht, wie eine tragische Schauspielerin auf der Bühne ihn ihm gemacht haben würde. Die höhnische Antwort war auf seinen Lippen erstorben - aber sein eiserner Wille war nicht erschüttert. Sein Gesicht war so streng wie zuvor, als er sich wieder zu mir wendete.In spite of himself, my father was struck by the irresistible strength of conviction which inspired those words. The bailiff's mother had impressed him as a tragic actress might have impressed him on the stage. She had checked the mocking answer on his lips, but she had not shaken his iron will. His face was as hard as ever when he turned my way once more.
»Entschließe Dich, George!« sagte er - und zählte: »Drei!« - "The last chance, George," he said, and counted the last number: "Three!"
Ich stand stumm und regungslos.I neither moved nor answered him.
»So willst Du denn nicht anders?« sagte er und packte meine Hand."You will have it?" he said, as he fastened his hold on my arm.
Ich hielt Mary fest und flüsterte ihr zu: »Ich lasse dich nicht!« Sie schien mich nicht zu hören und zitterte von Kopf bis Fuß in meinen Armen. Ein schwacher Aufschrei entrang sich ihren Lippen. Dermody trat zu mir und ehe mein Vater mich von ihr losreißen konnte, sagte er mir ins Ohr: »Ihr könnt sie mir anvertrauen, Mr. George!« Damit entwand er sein Kind meiner Umarmung. Als sie in Dermodys Armen lag, streckte sie ihre kleine, zarte Hand verlangend nach mir aus. »Lebewohl, Geliebtester!« flüsterte sie. Als ich zur Tür geschleppt wurde, sah ich ihren Kopf an ihres Vaters Brust sinken. In meiner machtlosen Wut und Verzweiflung bot ich alle meine Kraft auf, mich den grausamen Händen zu entwinden, die mich umklammerten. Ich rief ihr zu: »Ich liebe Dich, Mary! Ich werde zu Dir zurückkehren und nie ein andres Weib heiraten, als Dich! Schritt für Schritt wurde ich vorwärts gestoßen. Das Letzte, was ich sah, war noch, wie meines Lieblings Kopf an ihres Vaters Brust lehnte. Neben ihr stand ihre Großmutter und - meinem Vater drohend, rief sie ihm, in der fieberhaften Aufregung, in die sie durch die vollzogene Trennung versetzt war, ihre furchtbare Prophezeiung noch einmal nach! »Geht! - Ihr geht ins Verderben! In den sicheren Tod!« Während ihre Worte noch in meinen Ohren widerhallten, wurde die Haustür geöffnet und geschlossen. Es war Alles vorbei. Die bescheidene Welt meiner Kinderliebe und meiner Kinderfreuden sank wie ein Traumbild vor mir zusammen. Die Wildnis draußen, die meines Vaters Welt war, öffnete sich mir - liebeleer, - freudenleer. Gott verzeihe mir - wie ich meinen Vater in jenem Augenblick hasste! -I fastened my hold on Mary; I whispered to her, "I won't leave you!" She seemed not to hear me. She trembled from head to foot in my arms. A faint cry of terror fluttered from her lips. Dermody instantly stepped forward. Before my father could wrench me away from her, he had said in my ear, "You can give her to me, Master George," and had released his child from my embrace. She stretched her little frail hands out yearningly to me, as she lay in Dermody's arms. "Good-by, dear," she said, faintly. I saw her head sink on her father's bosom as I was dragged to the door. In my helpless rage and misery, I struggled against the cruel hands that had got me with all the strength I had left. I cried out to her, "I love you, Mary! I will come back to you, Mary! I will never marry any one but you!" Step by step, I was forced further and further away. The last I saw of her, my darling's head was still resting on Dermody's breast. Her grandmother stood near, and shook her withered hands at my father, and shrieked her terrible prophecy, in the hysteric frenzy that possessed her when she saw the separation accomplished. "Go!--you go to your ruin! you go to your death!" While her voice still rang in my ears, the cottage door was opened and closed again. It was all over. The modest world of my boyish love and my boyish joy disappeared like the vision of a dream. The empty outer wilderness, which was my father's world, opened before me void of love and void of joy. God forgive me--how I hated him at that moment!


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