Namenlos



III.
(Chronik über Dezember Erste Hälfte.)

Der Musicalienhändler nöthigt mir unwillkürlich meine Achtung ab. Von den menschlichen Wesen, die mir im Laufe meines Lebens aufgestoßen sind, ist er einer der Wenigen, die sich nicht prellen lassen. Er hat sich unsere hilflose Lage ganz meisterhaft zu nutze gemacht und uns für Aufführungen zu Derby und Nottingham mit gewinnsüchtiger Rücksichtslosigkeit gegen alle Interessen außer seinem eigenen solche Bedingungen auferlegt, daß ich, so eifrig und gern ich auch Alles schwarz auf weiß zu Papier zu bringen pflege, es in der That nicht über mich gewinnen kann, den schnöden Gewinn desselben aufzuzeichnen. Es ist unnöthig zu sagen, daß ich mein Bestes gethan habe, indem ich mit meiner schönen Verwandten den ärmlichen Ueberschuß, der uns blieb, theilte. Das Blättchen wird sich schon ein Mal für uns wenden. Mittlerweile bedaure ich aufrichtig, den Musicalienhändler des Orts nicht früher gekannt zu haben. ——

Was meine Person anbetrifft, so habe ich keine Ursache, über Miss Vanstone Klage zu führen. Wir haben die Einrichtung getroffen, daß sie ihren Freunden regelmäßig ihre Adresse poste restante angibt, sobald wir den Ort wechseln. Außerdem, daß sie auf diese Weise mit ihrer Schwester in Briefwechsel steht, schreibt sie auch an einen gewissen Mr. Clare, der in Somersetshire lebt. Derselbe hat alle zwischen ihr und seinem Sohne gewechselten Briefe zu besorgen. Sorgfältiges Nachspüren hat mich belehrt, daß dieses letztgenannte Individuum jetzt in China ist. Da ich von allem Anfang vermuthet hatte, daß ein Herr im Hintergrunde stehen möchte, so freut es mich höchlich zu wissen, daß sich Selbiger in die weite Nebelferne Asiens verzogen hat. Möge er recht lange dort verweilen!

Die kleine Sorge, einen Namen ausfindig zu machen, unter welchem unsere talentvolle Magdalene auftreten soll, ist auf meine Schultern gelegt worden. Sie ist in Bezug aus diesen Gegenstand vollkommen gleichgültig.

—— Geben Sie mir irgend einen Namen, welchen Sie wollen, sagte sie, ich habe auf einen so viel Recht, wie auf den andern. Machen Sie selbst einen.

Ich habe mich schon bereit erklärt, ihren Wünschen zu genügen. Die Hilfsmittel meiner kaufmännischen Bibliothek enthalten eine Liste von passenden Namen, die man annehmen kann. In fünf Minuten können wir uns einen aussuchen, wenn der bewundernswürdige Geschäftsmensch, der uns jetzt in seinen Händen hat, fertig ist, um seine Ankündigungen loszulassen. In diesem Puncte ist mein Herz leicht genug: alle meine Sorgen betreffen einzig und allein die schöne Debütantin. Ich hege nicht den geringsten Zweifel, daß sie Wunder thun wird, wenn sie nur an dem ersten Abend bei sich selber ist. Wenn aber die Briefpost von dem Tage schlimm ausfällt, daß sie nämlich durch einen Brief ihrer Schwester aufgeregt wird, dann zittere ich wegen der Folgen.


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