Siebenzigstes Kapitel | CHAPTER LXI - THE LAST DISCOVERY |
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»Ich werde mich freuen, ein Farmer zu werden«, fuhr Lord Harry fort, während Iris das Buch öffnete und Fannys Niederschrift zu lesen begann. »Ja, ich freue mich darauf, nach allen meinen Abenteuern mich an einem ruhigen Ort niederzulassen und den Boden zu bebauen. An Markttagen werden wir zusammen in die Stadt fahren« - er sprach, als ob Kentucky Warwickshire wäre - »neben einander in einem kleinen Wagen sitzend. Wir werden Getreideproben in kleinen Säckchen mit uns führen, und Du wirst Butter und Käse in Deinem Korb haben. Zur gewöhnlichen Zeit werden wir dann bescheiden zu Mittag speisen, und nach dem Essen werde ich bei einem Glase Grog und einer Pfeife mit Dir über das Wetter und die Ernte plaudern. Und während wir so in Verborgenheit glücklich zusammenleben, wird der Name Lord Harrys hier in Vergessenheit geraten. Das ist sonderbar, nicht wahr? Wir sollen weiter leben, nachdem wir längst tot, begraben und vergessen sind! Beim Jupiter, Iris, wenn wir erst einmal alte Leute sind, dann werden wir in die Heimat zurückkehren und uns zusammen die alten Orte, an denen wir gelebt haben, ansehen! Es ist doch etwas Angenehmes, wenn man auf etwas hinblicken kann, wenn man einen gewissen Lebenszweck hat. Ich fühle mich heute abend außerordentlich glücklich, Iris, glücklicher, als ich seit Monaten gewesen bin. Dieser langweilige Ort hat uns beide hypochondrisch gemacht. Ich murre nicht gern, aber diese Einsamkeit und Abgeschlossenheit hat mich doch furchtbar verstimmt, und Dir ist es genau ebenso gegangen. Du bist dadurch veranlasst worden, über allerhand unmögliche und unnötige Dinge nachzugrübeln. Jetzt blicke ich für meinen Teil wieder hoffnungsfreudiger in die Zukunft. Wir waren ja hier ganz angenehm von der Vergangenheit abgeschnitten, aber damit ist es jetzt vorbei; wir wollen überhaupt an die Vergangenheit gar nicht mehr denken. Was geschehen ist, kann niemals entdeckt werden. Nicht eine Seele weiß es außer dem Doktor, und zwischen ihn und uns haben wir einige tausend Pfund gestellt. - Ja, was ist Dir denn, Iris? Was fehlt Dir denn?« | "I SHALL like to turn farmer," Lord Harry went on talking while Iris opened and began to read Fanny's manuscript. "After all my adventures, to settle down in a quiet place and cultivate the soil. On market-day we will drive into town together"--he talked as if Kentucky were Warwickshire--"side by side in a spring cart. I shall have samples of grain in bags, and you will have a basket of butter and cream. It will be an ideal life. We shall dine at the ordinary, and, after dinner, over a pipe and a glass of grog, I shall discuss the weather and the crops. And while we live in this retreat of ours, over here the very name of Harry Norland will have been forgotten. Queer, that! We shall go on living long after we are dead and buried and forgotten. In the novels the man turns up after he is supposed to be cast away--wrecked--drowned--dead long ago. But he never turns up when he is forgotten--unless he is Rip Van Winkle. By Gad, Iris! when we are old people we will go home and see the old places together. It will be something to look forward to--something to live for--eh?" "I feel quite happy this evening, Iris; happier than I have been for months. The fact is, this infernal place has hipped us both confoundedly. I didn't like to grumble, but I've felt the monotony more than a bit. And so have you. It's made you brood over things. Now, for my part, I like to look at the bright side. Here we are comfortably cut off from the past. That's all done with. Nothing in the world can revive the memory of disagreeable things if we are only true to ourselves and agree to forget them. What has been done can never be discovered. Not a soul knows except the doctor, and between him and ourselves we are going to put a few thousand-- What's the matter, Iris? What the devil is the matter?" |
Iris war nämlich plötzlich aufgestanden; sie hatte bisher unausgesetzt in dem Buch gelesen, während ihr Gatte weitergesprochen hatte. Jetzt ließ sie das Buch fallen und blickte ihren Gatten mit entsetzten Augen an. | For Iris, who had been steadily reading while her husband chattered on, suddenly dropped the book, and turned upon hum a white face and eyes struck with horror. |
»Was gibt es denn?« fragte Lord Harry noch einmal. | "What is it?" Lord Harry repeated. |
»Mein Gott, ist das wahr? - Ist das wirklich wahr?« | "Oh! Is this true?" |
»Was denn?« | "What?" |
»Ich kann es nicht sagen. Kann denn dies überhaupt wahr sein?« | "I cannot say it. Oh, my God! can this be true?" |
»Was denn? So sprich doch nur, Iris!« Er sprang von seinem Stuhl auf. »Ist es - ist es entdeckt?« | "What? Speak, Iris." He sprang to his feet. "Is it--is it discovered?" |
»Entdeckt? - Ja, alles - alles - alles - alles ist entdeckt!« | "Discovered? Yes, all--all--all--is discovered!" |
»Wo? Wie? Gib mir das Buch, Iris, schnell, gib es mir! Wer weiß es? Was weiß man?« | "Where? How? Give me the thing, Iris. Quick! Who knows? What is known?" |
Er riss ihr das Buch aus der Hand. Sie schrak zurück vor der Berührung seiner Hände. Sie stieß ihren Stuhl weg und stand aufrecht, als ob sie sich gegen einen unvermuteten Angriff verteidigen sollte, während sie die verstörten Blicke auf ihren Gatten heftete, wie man sie auf etwas Gefahrdrohendes zu heften pflegt. Er überflog hastig die Aufzeichnungen Fannys Seite für Seite, denn er wollte alles wissen, selbst wenn es das Schlimmste wäre. Dann warf er das Buch auf den Tisch. | He snatched the book from her hands. She shrank from his touch, and pushed back her chair, standing in an attitude of self-defence--watching him as one would watch a dangerous creature. He swiftly read page after page, eager to know the worst. Then he threw the book upon the table. |
»Nun?« fragte er, ohne die Augen zu erheben. | "Well?" he said, not lifting his eyes. |
»Der Mann ist ermordet worden, ist auf gemeine Weise ermordet worden«, flüsterte sie mit rauher Stimme. | "The man was murdered--murdered!" she whispered. |
Er gab keine Antwort. | He made no reply. |
»Und Du hast zugesehen, während er ermordet wurde, Du hast zugesehen und warst damit einverstanden? Du bist ein Mörder!« | "You looked on while he was murdered! You looked on consenting! You are a murderer!" |
»Ich habe keinen Teil daran gehabt. Ich wusste damals nicht und weiß auch jetzt noch nicht, ob er vergiftet worden ist.« | "I had no share or part in it. I did not know he was being poisoned." |
»Das ist eine Lüge! Du wusstest es ganz genau schon damals, als er in Dein Haus kam. O, der tote Mann, der ermordete Mann, der befand sich in der Villa, als ich bei Dir war. Deine Hände waren rot von Blut, als Du mich hinwegbrachtest, damit ich nicht weiter im Wege stünde und damit ich es nicht bemerken sollte!« | "You knew when I was with you. Oh! the dead man--the murdered man--was in the house at the very moment! Your hands were red with blood when you took me away--to get me out of the way--so that I should not know--" |
Sie hielt inne, - sie konnte nicht weiter reden. | She stopped, she could not go on. |
»Ich wusste es nicht, Iris, wenigstens nicht mit Bestimmtheit! Ich glaubte, dass er sterben würde damals, als er in mein Haus kam. Aber er starb nicht; er wurde sogar von Tag zu Tag gesünder. Als der Doktor ihm die Medizin gab, nachdem Dein Kammermädchen fort war, da schöpfte ich den ersten Verdacht. Und dann, als er starb, dann war mein Verdacht gerechtfertigt. Da forderte ich den Doktor auf, mir die Wahrheit zu gestehen. Er leugnete sie nicht. Glaube mir, Iris, ich habe weder davon gewusst, noch etwa gar damit übereingestimmt.« | "I did not know, Iris--not with certainty. I thought he was dying when he came into the house. He did not die; he began to recover. When the doctor gave him his medicine--after that woman went away--I suspected. When he died, my suspicions were stronger. I challenged him. He did not deny it. Believe me, Iris, I neither counselled it nor knew of it." |
»Das ist auch wieder nicht wahr! Du hast Dich nur dabei beruhigt. Du hast stillschweigend beigestimmt. Denn Du hättest sonst dem - dem andern Mörder sagen sollen, Du würdest der Polizei anzeigen, woran der Mann gestorben. Das tatest Du aber nicht, Du zogst im Gegenteil Vorteil aus seinem Tode. Denn der Tod dieses armen Unglücklichen setzte Dich instand, Deinen Betrug mit meiner Hilfe auszuführen. Ja, mit meiner Hilfe! Du hast mich zur Genossin eines Mörders gemacht.« | "You acquiesced in it. You consented. You should have warned the--the other murderer that you would denounce him if the man died. You took advantage of it. His death enabled you to carry out your fraud with me as your accomplice. With ME! I am an accomplice in a murder!" |
»Nein, meine Iris, Du hast nichts davon gewusst! Kein Mensch kann Dich jemals anklagen, dass -« | "No, no, Iris; you knew nothing of it. No one can ever accuse you--" |
»Das verstehst Du nicht. Ich bin es, die selbst eine Anklage gegen sich erhebt.« | "You do not understand. It is part of the accusation which I make against myself." |
»Was das Mädchen schreibt«, fuhr ihr Gatte fort, »ist leider wahr. Ich halte es für vollständig nutzlos, irgendein Wort davon abzuleugnen, denn sie war ja hinter dem Vorhang verborgen. Sie hörte und sah alles. Mein Gott im Himmel, wenn Vimpany sie gefunden hätte! Was würde er dann getan haben? Er hatte doch recht! Niemand ist gefährlicher als eine Frau. Ja, sie hat Dir genau erzählt, was geschehen ist. Sie hegte überdies schon länger Argwohn. Wir hätten so klug sein sollen, sie schon längst fortzuschicken und unsere Pläne zu ändern. Das kommt aber daher, wenn man zu schlau sein will. Der Doktor glaubte, dass gar nichts anderes nötig sei als der Tod dieses Mannes. Ich glaubte, das heißt, wir beide glaubten, dass er eines natürlichen Todes sterben werde. Das tat er aber nicht, und ohne seinen Tod waren wir ratlos. Wir brauchten einen toten Mann, Iris; ich verspreche Dir, ich will nichts vor Dir verheimlichen, was sich ereignet hat. Ich will alles gestehen. Ja, Du hast recht, Du hast recht, ich wusste, dass er sterben werde. Damals, als es ihm besser ging, da glaubte ich an Vorbedeutung, weil ich wusste, dass es ihm nicht beschieden sein sollte, gesund aus der Villa wegzugehen. Denn auf welche Weise sollten wir uns einen Leichnam verschaffen? Es ist kaum möglich, einen Leichnam zu stehlen oder sonst einen aufzutreiben, und wir mussten doch einen haben als Beweis des Todes von Lord Harry Norland. Ich bekenne«, - seine Stimme klang rauh und wild - »ich bekenne, dass ich wusste, dass er sterben musste. Ich las sein Todesurteil in dem Gesicht des Doktors, und wir hatten kein Geld mehr für einen neuen Versuch, wenn Oxbye wieder gesund werden und fortgehen würde. Sobald es so weit war, bemächtigte sich meiner ein tödlicher Schrecken. Ich würde alles darum gegeben haben, alles, wenn der Mann sich von seinem Bett erhoben hätte und weggegangen wäre. Aber es war zu spät. Ich sah, wie der Doktor ihm seine letzte Medizin zubereitete, und als der Kranke das Glas an seine Lippen setzte, da sah ich in den Augen Vimpanys, dass es der Todestrank des Dänen war. Jetzt habe ich Dir alles bekannt.« | "As for what this woman writes," her husband went on, "it is true. I suppose it is useless to deny a single word of it. She was hidden behind the curtain, then! She heard and saw all! If Vimpany had found her! He was right. No one so dangerous as a woman. Yes; she has told you exactly what happened. She suspected all along. We should have sent her away and changed our plans. This comes of being too clever. Nothing would do for the doctor but the man's death. I hoped--we both hoped--that he would die a natural death. He did not. Without a dead man we were powerless. We had to get a dead man, Iris, I will hide nothing more from you, whatever happens. I confess everything. I knew that he was going to die. When he began to get well I was filled with forebodings, because I knew that he would never be allowed to go away. How else could we find a dead body? You can't steal a body; you can't make one up. You must have one for proof of death. I say"--his voice was harsh and hoarse--"I say that I knew he must die. I saw his death in the doctor's face. And there was no more money left for a new experiment if Oxeye should get well and go away. When it came to the point I was seized with mortal terror. I would have given up everything--everything--to see the man get up from his bed and go away. But it was too late. I saw the doctor prepare the final dose, and when he had it to his lips I saw by his eyes that it was the drink of death. I have told you all," he concluded. |
»Ja, Du hast mir alles bekannt«, wiederholte sie, »alles, Gott im Himmel, alles!« | "You have told me all," she repeated. "All! Good Heavens! All!" |
»Ich habe Dir nichts verheimlicht, ich weiß nichts mehr hinzuzufügen!« | "I have hidden nothing from you. Now there is nothing more to tell." |
Sie stand still - wie erstarrt. Sie hatte ihre Hände gefaltet, und ihre Augen ruhten auf dem Gesicht ihres Gatten. Ihr Gesicht war bleich und traurig. | She stood perfectly still--her hands clasped, her eyes set, her face white and stern. |
»Was jetzt tun?« fragte sie. »Was jetzt tun?« | |
»Iris, ich beschwöre Dich, lass keine Änderung in unseren Plänen eintreten!« | |
»Nein! Ich weiß genau, was ich jetzt zu tun habe. Mein Plan liegt bestimmt vor mir!« | "What I have to do now," she said, "lies plain before me." |
»Iris, ich beschwöre Dich nochmals, lass keine Änderung in unseren Plänen eintreten. Lass uns weit weggehen, wie wir uns vorgenommen haben. Lass uns die Vergangenheit vergessen. Komm mit mir!« | "Iris! I implore you, make no change in our plans. Let us go away as we proposed. Let the past be forgotten. Come with me--" |
»Ich soll mit Dir zusammen fortgehen? Mit Dir - wirklich mit Dir? O mein Gott!« | "Go with you? With you? With you? Oh!" |
Sie bebte zurück vor Entsetzen. | she shuddered. |
»Iris, ich habe Dir alles gesagt. Wir wollen zusammen fortgehen, gerade als ob Du nichts gehört hättest. Wir können ja nicht tiefer voneinander getrennt sein, als wir es die letzten drei Monate waren. Wenn Du willst, so lass es uns auch noch weiter bleiben, bis Du wieder imstande bist, irgendetwas für mich zu fühlen, bis Du wieder imstande bist, Mitleid mit mir zu haben und mir zu vergeben.« | "Iris! I have told you all. Let us go on as if you had heard nothing. We cannot be more separated than we have been for the last three months. Let us remain as we are until the time when you will be able to feel for me--to pity my weakness--and to forgive me." |
»Das verstehst Du nicht. Ich soll Dir vergeben? Davon kann jetzt nicht mehr die Rede sein. Wer bin ich denn, dass meine Vergebung nur den geringsten Wert für Dich haben könnte, für Dich oder einen andern?« | "You do not understand. Forgive you? It is no longer a question of forgiveness. Who am I that my forgiveness should be of the least value to you--or to any?" |
»Um was handelt es sich denn sonst?« | "What is the question, then?" |
»Ich weiß es nicht. Ein schreckliches Verbrechen ist begangen worden, ein schreckliches, fürchterliches Verbrechen, wie man es nur in Zeitungen und Büchern liest und sich dabei wundert, dass es überhaupt Menschen geben kann, die imstande find, ein solches Verbrechen zu begehen. Und nun ist mein Gatte ein solcher Mensch - und ich, ich bin eine von den entsetzlichen Frauen, die es fertig gebracht haben, die Genossin eines solchen Mannes zu werden!« | "I don't know. A horrible crime has been committed--a horrible, ghastly, dreadful crime--such a thing as one reads of in the papers and wonders, reading it, what manner of wild beasts must be those who do such things. Perhaps one wonders, besides, what manner of women must be those who associate with those wild beasts. My husband is one of those wild beasts!--my husband!--my husband!--and--I--I am one of the women who are the fit companions of these wild creatures." |
»Du darfst sagen, Iris, was Du willst, ganz, was Du willst.« | "You can say what you please, Iris; what you please." |
»Ich hab' es gewusst, aber erst, seitdem ich hieher gekommen bin, habe ich es verstanden, dass ich mein Leben einer blinden Liebe geopfert habe. Ja, Harry, ich habe Dich blindlings geliebt, und das war mein Fluch. Ich bin Dir gefolgt, obgleich mich alle Welt davor gewarnt hat, und was ist jetzt meine Belohnung dafür? Wir müssen im Verborgenen leben, denn wenn wir entdeckt würden, dann würden wir sofort wegen verbrecherischer Handlungen verhaftet werden. Ja, wir können von Glück sagen, dass das noch nicht geschehen ist, und dass wir noch nicht unser Leben am Galgen beendet haben. Das ist meine Belohnung!« | "I have known--only since I came here have I really known and understood--that I have wrecked my life in a blind passion. I have loved you, Harry; it has been my curse. I followed you against the warnings of everybody: I have been rewarded--by this. We are in hiding. If we are found we shall be sent to a convict prison for conspiracy. We shall be lucky if we are not tried for murder and hanged by the neck until we are dead. This is my reward!" |
»Ich habe niemals Dir gegenüber, Iris, den Heuchler gespielt; ich habe niemals behauptet, Tugenden zu besitzen, die ich nicht besitze. In so weit -« | "I have never played the hypocrite with you, Iris. I have never pretended to virtues which I do not possess. So far--" |
»Still! Sprich kein Wort mehr! Ich habe Dir noch eins zu sagen, dann werde ich nie mehr zu Dir reden. Still, lass mich meine Gedanken sammeln. Ich kann jetzt nicht die Worte finden, ich kann nicht... warte, warte, um Gottes willen! O, ich Unglückliche!« | "Hush! Do not speak to me. I have something more to say, and then I shall never speak to you any more. Hush! Let me collect my thoughts. I cannot find the words. I cannot. . . Wait--wait! Oh! " |
Sie setzte sich nieder und brach in ein heftiges Weinen aus, aber nur für kurze Zeit; dann sprang sie energisch auf und trocknete ihre Tränen. | She sat down and burst into sobbings and moanings. But only for a minute. Then she sprang to her feet again and dashed back the tears. |
»Für das Jammern und Wehklagen ist es noch später Zeit genug, wenn alles vorüber ist«, sagte sie. »Höre mir jetzt aufmerksam zu, Harry. Es sind die letzten Worte, die ich zu Dir spreche. Du wirst niemals wieder etwas von mir hören. Du musst Dir jetzt Dein Leben selbst einrichten, ganz, wie Du es willst. Ob Du es vernichtest, oder ob Du es erhältst, das ist ganz Deine Sache; ich habe in Zukunft keinen Teil mehr daran. Ich werde nach England zurückkehren und zwar allein. Ich werde Deinen Namen niederlegen und wieder meinen Mädchennamen annehmen oder irgend einen andern. Ich werde irgendwo leben, wo Du mich nicht auffinden kannst. Du wirst ja vielleicht kaum Dich um mich bekümmern.« | "Time for crying," she said, "when all is done. Harry, listen carefully; these are my last words. You will never hear from me any more. You must manage your own life in your own way, to save it or to spoil it; I will never more bear any part in it. I am going back to England--alone. I shall give up your name, and I shall take my maiden name again--or some other. I shall live somewhere quietly where you will not discover me. But perhaps you will not look for me?" |
»Nein, das werde ich auch nicht«, entgegnete er: »so viel bin ich Dir schuldig, ich werde niemals wieder nach Dir fragen.« | "I will not," he said. "I owe you so much. I will not look for you." |
»Was das Geld betrifft, das ich für Dich unter falschen Voraussetzungen bekommen habe, so gehören die fünftausend Pfund, die ich auf mein eigenes Konto eingezahlt habe, selbstverständlich der Versicherungsgesellschaft. Ich werde sie der Gesellschaft sofort zurückerstatten.« | "As regards the money which I have obtained for you under false pretences, out of the fifteen thousand pounds for which you were insured, five thousand have been paid to my private account. I shall restore to the Company all that money." |
»Gott im Himmel, Iris, dann wirst Du ja als eine Verbrecherin behandelt.« | "Good Heavens! Iris, you will be prosecuted on a criminal charge." |
»Werde ich das wirklich? Das tut nichts, wenn ich nur den Betrogenen alles das, was ich ihnen geraubt habe, wiedererstatten kann. Ja, ich werde es bei Heller und Pfennig zurückzuzahlen suchen.« | "Shall I? That will matter little, provided I make reparation. Alas! who shall make reparation--who shall atone--for the blood-spilling? For all things else in this world we may make what we call atonement; but not for the spilling of blood." |
»Ist das wirklich Deine Absicht? Willst Du das wirklich tun, nachdem Du Dir alles genau überlegt hast?« | "You mean this? You will deliberately do this?" |
»Wort für Wort so, wie ich Dir sage, wird es geschehen. Ich werde nichts tun und nichts sagen, was Dich irgendwie verraten könnte, aber das Geld, das ich der Versicherungsgesellschaft wiedererstatten kann, das werde ich ihr wiedererstatten, so wahr mir Gott helfe!« | "I mean every word. I will do nothing and say nothing that will betray you. But the money that I can restore, I will restore--SO HELP ME, GOD!" |
Mit überströmenden Augen erhob sie ihre Hand zum Schwur. | With streaming eyes she raised her hand and pointed upwards. |
Ihr Gatte beugte sein Haupt. | Her husband bowed his head. |
»Hast Du alles gesagt, was Du sagen wolltest?« fragte er leise. | "You have said all you wished to say?" he asked humbly. |
»Ich habe alles gesagt.« | "I have said all." |
»Dann lass mich nur noch einmal, nur noch ein einzigesmal in Dein liebes Gesicht sehen. Ja, Iris, ich habe Dich geliebt, Iris, ich habe Dich immer geliebt. Es wäre besser, bei weitem besser gewesen, wenn Du damals an dem Tag, wo Du meine Frau wurdest, tot zu meinen Füßen niedergesunken wärest, dann, dann würde Dir viel Unglück erspart geblieben sein. Du hast recht, Iris; was Du jetzt zu tun hast, das liegt klar vor Dir, und ich, ich muss auch an das denken, was mir jetzt noch übrig bleibt. Lebe wohl, die Lippen eines Mörders sind nicht wert, auch nur den Saum Deines Kleides zu berühren. Lebe wohl auf ewig!« | "Let me look in your face once more---so--full--with the light upon it. Yes; I have loved you, Iris--I have always loved you. Better, far better, for you had you fallen dead at my feet on the day when you became my wife. Then I should have been spared--I should have been spared a great deal. You are right, Iris. Your duty lies plainly before you. As for me, I must think of mine. Farewell! The lips of a murderer are not fit to touch even the hem of your garments. Farewell!" |
Er verließ sie; sie hörte, wie er die Haustür öffnete und wieder schloss. Sie wusste, dass sie ihren Gatten niemals wiedersehen würde. | He left her. She heard the hall door open and shut. She would see her husband no more. |
Sie ging in ihr Zimmer und packte ihren Koffer mit den wenigen notwendigen Sachen, die sie mitnehmen wollte. Dann klingelte sie nach dem Hausmädchen und sagte ihr, dass sie sofort nach England abreisen werde; deshalb müsse sie Brüssel noch heute abend erreichen. Das Mädchen brachte einen Gepäckträger, der ihren Koffer auf die Bahn trug. | She went to her own room and packed a single box with necessary things. Then she called the housemaid and informed her that she had been summoned to return suddenly to England; she must reach Brussels at least that evening. The woman brought a porter who carried her box to the station; |
Iris verließ Louvain, - verließ ihren Gatten für immer. | and Iris left Louvain--and her husband--for ever. |
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