Siebzehntes KapitelChapter VI - The game: Mountjoy wins
Mr. Henleys Telegramm traf am nächsten Morgen im Gasthof ein.MR. HENLEY's telegram arrived at the inn the next morning.
Er war bereit, seine Tochter wieder aufzunehmen, aber nicht bedingungslos. Die Antwort war charakteristisch für den Mann: »Ja - versuchsweise.« Mountjoy wurde davon nicht weiter berührt; er wunderte sich nicht einmal darüber. Er wusste, dass die erfolgreichen Spekulationen, durch welche Mr. Henley sein Vermögen bedeutend vergrößert hatte, ihm eine Menge von Feinden erweckt hatten, die es sich angelegen sein ließen, allerlei ehrenrührige Geschichten über ihn zu verbreiten, die niemals vollständig widerlegt wurden. Das allmähliche stille Zurückziehen der Freunde, auf deren Treue er gebaut, hatte das Herz des Mannes verhärtet und ihn verbittert. Leute, die sich im Unglück befanden und die den reichen, in Zurückgezogenheit lebenden Kaufmann um Hilfe angingen, fanden in den ausgezeichnetsten Empfehlungen ihres Charakters und ihrer Fähigkeiten, die sie etwa aufzuweisen hatten, die denkbar schlechtesten Fürsprecher, die sie wählen konnten. Gegen solche aber, die kaum so viel besaßen, um sich notdürftig kleiden zu können, war Mr. Henley die Mildtätigkeit selbst. Wenn er gefragt wurde, wie er denn dieses sein Verhalten rechtfertigen könnte, sagte er: »Ich habe Sympathie mit diesen armen Verlassenen, denn ich bin selbst ein solcher.«He was willing to receive his daughter, but not unreservedly. The message was characteristic of the man: "Yes--on trial." Mountjoy was not shocked, was not even surprised. He knew that the successful speculations, by means of which Mr. Henley had accumulated his wealth, had raised against him enemies, who had spread scandalous reports which had never been completely refuted. The silent secession of friends, in whose fidelity he trusted, had hardened the man's heart and embittered his nature. Strangers in distress, who appealed to the rich retired merchant for help, found in their excellent references to character the worst form of persuasion that they could have adopted. Paupers without a rag of reputation left to cover them, were the objects of charity whom Mr. Henley relieved. When he was asked to justify his conduct, he said: "I have a sympathy with bad characters---I am one of them myself."
Zur Zeit des Mittagessens erschien der Doktor im Gasthause; er befand sich jedoch in keiner liebenswürdigen Laune.With the arrival of the dinner hour the doctor appeared, in no very amiable humour, at the inn.
»Wieder einen Tag voll schwerer Arbeit hinter mir; ich würde unterlegen sein, wenn ich nicht die Aussicht auf die Belohnung, die mich hier erwartet, gehabt hätte. London oder die Nachbarschaft von London, das wäre der rechte Platz für einen Mann, wie ich bin. Merken Sie sich aber, ich bin ein Mann, der stets die Wahrheit sagt; wenn mir daher Ihr französisches Getränk nicht schmeckt, werde ich dieses unumwunden bekennen.«"Another hard day's work," he said; "I should sink under it, if I hadn't a prospect of getting rid of my practice here. London--or the neighbourhood of London--there's the right place for a man like Me. Well? Where's the wonderful wine? Mind! I'm Tom-Tell-Truth; if I don't like your French tipple, I shall say so."
Das Gasthaus besaß keine richtigen Weingläser; man musste daher diesen feinen Wein aus Wassergläsern trinken, als ob es eine ganz gewöhnliche Sorte gewesen wäre.The inn possessed no claret glasses; they drank the grand wine in tumblers as if it had been vin ordinaire.
Mr. Vimpany bewies, dass er vollständig vertraut mit der Art und Weise war, wie man Weine zu versuchen hat. Er füllte das Wasserglas, welches das fehlende Weinglas vertreten musste, hielt es gegen das Licht und betrachtete den Wein aufmerksam; dann bewegte er das Glas unter seiner Nase hin und her und roch mehreremal daran; dann hielt er inne und überlegte. Er kostete den Wein so vorsichtig, als ob er fürchtete, dass er vergiftet wäre; dann schnalzte er mit den Lippen und leerte endlich das Glas auf einen Zug. Schließlich bewies er noch einige Rücksicht für seinen Gastgeber, indem er seine Ansicht über den Wein mit folgenden Worten kundgab:Mr. Vimpany showed that he was acquainted with the formalities proper to the ceremony of tasting. He filled his makeshift glass, he held it up to the light, and looked at the wine severely; he moved the tumbler to and fro under his nose, and smelt at it again and again; he paused and reflected; he tasted the claret as cautiously as if he feared it might be poisoned; he smacked his lips, and emptied his glass at a draught; lastly, he showed some consideration for his host's anxiety, and pronounced sentence on the wine.
»Nicht so gut, wie Sie denken, Sir, aber ein angenehmer, leichter Rotwein, rein und gesund. Hoffentlich haben Sie nicht allzu viel dafür bezahlt.«"Not so good as you think it, sir. But nice light claret; clean and wholesome. I hope you haven't given too much for it?"
Bis hieher hatte Hugh ein unsicheres Spiel gespielt. Aber jetzt kam endlich seine Belohnung. Nach dem, was der Doktor soeben zu ihm gesagt hatte, wusste er, dass er die gewinnende Karte sicher in seiner Hand hielt.Thus far, Hugh had played a losing game patiently. His reward had come at last. After what the doctor had just said to him, he saw the winning card safe in his own hand.
Das schlechte Essen war bald vorüber, natürlich ohne Suppe; der Fisch in dem bekannten Zustand der Erkaltung, wie er gewöhnlich in einem heruntergekommenen Gasthof einer Landstadt aufgetragen zu werden pflegt. Das Beefsteak wetteiferte in der Zähigkeit mit Gummi, der Anblick der Kartoffeln schien zu sagen: »Fremder, iss uns nicht!« Die Mehlspeise würde selbst ein Kind abgeschreckt haben, und der berühmte englische Käse, welcher, schmählich genug, aus den Vereinigten Staaten nach England kommt, beleidigte die Zunge, wenn man ihn in den Mund steckte. Aber der Wein, der ausgezeichnete Wein, würde jeden andern, nur Mr. Vimpany nicht, für die Menge des Essens entschädigt haben. Ein Wasserglas nach dem andern, gefüllt mit diesem edlen Stoff, goss er durch seine durstige Kehle ganz ohne jedes Verständnis hinab, behauptete dabei doch immer noch, dass es ein ganz angenehmer, leichter Wein sei, und konnte immer noch nicht das schlechte Essen vergessen.The bad dinner was soon over. No soup, of course; fish, in the state of preservation usually presented by a decayed country town; steak that rivalled the toughness of india-rubber; potatoes whose aspect said, "stranger, don't eat us"; pudding that would have produced a sense of discouragement, even in the mind of a child; and the famous English cheese which comes to us, oddly enough, from the United States, and stings us vindictively when we put it into our mouths. But the wine, the glorious wine, would have made amends to anybody but Mr. Vimpany for the woeful deficiencies of the food. Tumbler-full after tumbler-full of that noble vintage poured down his thirsty and ignorant throat; and still he persisted in declaring that it was nice light stuff, and still he unforgivingly bore in mind the badness of the dinner.
»Die Kost ist hier,« sagte dieser weise Mann, »womöglich noch schlechter als die Kost, die ich auf der See bekam, damals, als ich an Bord eines Passagierdampfers als Arzt angestellt war. Soll ich Ihnen erzählen, wie ich meine Stellung verlor? O, sagen Sie es nur offen, wenn Sie glauben, dass meine kleine Geschichte nicht wert ist, angehört zu werden.«"The feeding here," said this candid man, "is worse if possible than the feeding at sea, when I served as doctor on board a passenger-steamer. Shall I tell you how I lost my place? Oh, say so plainly, if you don't think my little anecdote worth listening to!"
»Aber, mein bester Doktor, ich bin ja, wie Sie sehen, ganz gespannt darauf, sie zu vernehmen.«"My dear sir, I am waiting to hear it."
»Sehr wohl - Sie sind doch nicht beleidigt? - nun, das ist recht! Also der Kapitän des Schiffes beklagte sich über mich bei den Eigentümern; ich wollte nicht jeden Morgen herumgehen und an den Türen der Frauenkabinen klopfen und mich erkundigen, wie sich die Damen nach einer Nacht, während der sie seekrank gewesen waren, befänden. Wer in aller Welt weiß denn nicht, wie ihnen zu Mute ist, auch ohne dass er vorher an ihren Türen angeklopft hat? Sie sollen den Doktor einfach holen lassen, wenn sie ihn brauchen. So fasste ich damals mein Amt auf, und das kostete mich meine Stelle. Geben Sie mir den Wein her. Da wir einmal von Damen sprechen, wie denken Sie über meine Frau? Haben Sie jemals so ausgezeichnete Manieren gesehen? Mein lieber Freund, ich habe eine aufrichtige Zuneigung zu Ihnen gefasst; reichen Sie mir Ihre Hand. Ich werde Ihnen noch eine andere kleine Geschichte erzählen. Woher glauben Sie wohl, dass meine Frau diese noblen Manieren und ihre graziösen Bewegungen hat? - Ha, ha, von der Bühne! Das nobelste Fach in diesem Beruf, Sir, eine tragische Schauspielerin. Wenn Sie Mrs. Vimpany als Lady Macbeth gesehen hätten, es würde Sie kalt überlaufen haben. Sehen Sie mich an, heften Sie Ihre Augen fest auf einen Mann, der erhaben ist über alle die heuchlerischen Vorurteile gegen das Theater. Habe ich es nicht deutlich bewiesen dadurch, dass ich eine Schauspielerin heiratete? Aber wir sprechen hier nicht davon! Die rohe Gesellschaft in diesem elenden Nest würde gar nicht mehr zu mir kommen, wenn sie wüssten, dass ich eine Schauspielerin geheiratet hätte. Holla, die Flasche ist schon wieder leer! Ha, da steht ja eine andere, volle! Ich lobe mir den Mann, der immer eine volle Flasche bereit hat, um sie seinem Freund anbieten zu können. Geben Sie mir Ihre Hand, Mountjoy, versichern Sie mir auf Ihr heiliges Ehrenwort, dass Sie ein Geheimnis für sich behalten können: das Geheimnis meiner Frau, Sir! Halt, lassen Sie mich Sie zuerst noch einmal ansehen. Mir war es, als sähe ich Sie lachen; wenn ein Mann über mich lacht, gerade wo ich eben im Begriff stehe, ihm mein ganzes Herz auszuschütten, so könnte ich ihn wahrhaftig gleich an seinem eigenen Tisch niederschlagen! - Wie, Sie haben nicht gelacht? Dann entschuldigen Sie und reichen Sie mir noch einmal Ihre Hand; ich trinke auf Ihr Wohl in Ihrem eigenen Wein. Wo war ich denn stehen geblieben, von was wollte ich eigentlich sprechen?«"Very good. No offence, I hope? That's right! Well, sir, the captain of the ship complained of me to the owners; I wouldn't go round, every morning, and knock at the ladies' cabin-doors, and ask how they felt after a sea-sick night. Who doesn't know what they feel, without knocking at their doors? Let them send for the doctor when they want him. That was how I understood my duty; and there was the line of conduct that lost me my place. Pass the wine. Talking of ladies, what do you think of my wife? Did you ever see such distinguished manners before? My dear fellow, I have taken a fancy to you. Shake hands. I'll tell you another little anecdote. Where do you think my wife picked up her fashionable airs and graces? Ho! ho! On the stage! The highest branch of the profession, sir--a tragic actress. If you had seen her in Lady Macbeth, Mrs. Vimpany would have made your flesh creep. Look at me, and feast your eyes on a man who is above hypocritical objections to the theatre. Haven't I proved it by marrying an actress? But we don't mention it here. The savages in this beastly place wouldn't employ me, if they knew I had married a stage-player. Hullo! The bottle's empty again. Ha! here's another bottle, full. I love a man who has always got a full bottle to offer his friend. Shake hands. I say, Mountjoy, tell me on your sacred word of honour, can you keep a secret? My wife's secret, sir! Stop! let me look at you again. I thought I saw you smile. If a man smiles at me, when I am opening my whole heart to him, by the living jingo, I would knock that man down at his own table! What? you didn't smile? I apologise. Your hand again; I drink your health in your own good wine. Where was I? What was I talking about?"
Mountjoy war eifrigst bemüht, seinen für ihn so außerordentlich interessanten Gast bei guter Laune zu erhalten.Mountjoy carefully humoured his interesting guest.
»Sie wollten mir die Ehre erweisen,« sagte er, »mich in Ihr Vertrauen zu ziehen.« Mr. Vimpany starrte in seinem Rausch ganz verwirrt vor sich hin. Mountjoy versuchte noch einmal mit deutlicheren Worten, ihn an das zu erinnern, was er hatte sagen wollen: »Sie standen im Begriff, mir ein Geheimnis anzuvertrauen.« Diesmal verstand ihn der Doktor und fand seine Gedanken wieder. Er sah sich listig nach der Tür um und fragte seinen Wirt: »Hier gibt es doch keine Horcher und keine geheimen Türen? Wir wollen lieber leise flüstern, leise, denn was ich Ihnen zu sagen habe, ist wichtig und ernst. Ja, was war es denn nun gleich wieder, was ich erzählen wollte? Was für ein Geheimnis war es denn, alter Junge?« Mountjoy antwortete hierauf etwas zu rasch: »Ich glaube, es stand in Beziehung zu Mrs. Vimpany.« Der Gatte von Mrs. Vimpany warf sich in seinen Stuhl zurück, dann zog er ein sehr unsauberes Taschentuch aus seiner Tasche und fing an zu weinen. Nach einer Weile sagte der betrunkene Mann in kläglich wimmerndem Ton: »Da sitzt ein falscher Freund! Er ladet mich ein, mit ihm zu speisen, und benützt meine hilflose Lage, wo ich nicht mehr Herr meiner Sinne bin, um meine Frau zu beleidigen - die liebenswerteste der Frauen! Die süßeste der Frauen! Die unschuldigste der Frauen! O mein Weib, mein liebes Weib!« Dann war er plötzlich sein Taschentuch in die entgegengesetzte Ecke des Zimmers und brach in ein schallendes Gelächter aus."You were about to honour me," he said, "by taking me into your confidence." Mr. Vimpany stared in tipsy bewilderment. Mountjoy tried again in plainer language: "You were going to tell me a secret." This time, the doctor grasped the idea. He looked round cunningly to the door. "Any eavesdroppers?" he asked. "Hush! Whisper--this is serious--whisper! What was it I was going to tell you? What was the secret, old boy?" Mountjoy answered a little too readily: "I think it related to Mrs. Vimpany." Mrs. Vimpany's husband threw himself back in his chair, snatched a dirty handkerchief out of his pocket, and began to cry.
»Oho, Mountjoy, was für ein furchtbarer Narr müssen Sie sein, dass Sie glauben, ich hätte das alles im Ernst gesagt! Ich bin noch vollständig bei Sinnen; denken Sie denn, ich kümmere mich viel um meine Frau? Sie war einstmals schön, aber jetzt ist sie nur ein Bündel von alten Lumpen. Aber sie hat auch jetzt noch ihre Vorzüge; ja, ja, ich möchte wohl etwas wissen. Haben Sie vielleicht einen Lord in dem Kreise Ihrer Bekannten?«"Here's a false friend!" the creature whimpered. "Asks me to dinner, and takes advantage of my dependent situation to insult my wife. The loveliest of women, the sweetest of women, the innocentest of women. Oh, my wife! my wife!" He suddenly threw his handkerchief to the other end of the room, and burst out laughing. "Ho! ho! Mountjoy, what an infernal fool you must be to take me seriously. I can act, too. Do you think I care about my wife? She was a fine woman once: she's a bundle of old rags now. But she has her merits. Hush! I want to know something. Have you got a lord among your circle of acquaintance?"
Die Erfahrung machte Mountjoy vorsichtiger, vielleicht etwas zu vorsichtig; er sagte nur:Experience made Mountjoy more careful; perhaps a little too careful. He only said:
»Ja.«"Yes."
Der Doktor fühlte sich in seiner Würde gekränkt.The doctor's dignity asserted itself.
»Das ist eine sehr kurze Antwort für einen Mann in meiner Stellung, Sir!« bemerkte er scharf. »Wenn Sie wollen, dass ich Ihnen glauben soll, so müssen Sie mir schon den Namen Ihres Freundes nennen.«"That's a short answer, sir, to a man in my position. If you want me to believe you, mention your friend's name."
So war denn endlich der langersehnte Augenblick gekommen.Here was a chance at last!
»Sein Name ist,« begann Mountjoy, »Lord Harry.« Mr. Vimpany verlor für einen Augenblick seine Fassung; er schlug mit seiner derben Faust so kräftig auf den Tisch, dass die Gläser wackelten."His name;" Mountjoy began, "is Lord Harry--" Mr. Vimpany lost his dignity in an instant. He struck his heavy fist on the table, with a blow that made the tumblers jump.
»Was für ein merkwürdiges Zusammentreffen!« rief er aus. »Merkwürdig - nein, das nicht das richtige Wort - von der Vorsehung bestimmt, das ist das richtige. Ja, ja, wie ist doch meistens so ein Zusammentreffen von der Vorsehung bestimmt! Ich meine natürlich für einen Mann von Verstand. Niemand darf mir widersprechen! Wenn ich sage: ein Mann von Verstand, so sag' ich das im Ernst; und ein junger Mann, wie Sie sind, der ist zum Widerspruch gern geneigt. Mountjoy - guter Mountjoy - lieber Mountjoy - der Lord meiner Frau ist Ihr Lord - ist Lord Harry. Nein, nein, nichts von ,ihr'! Unsinn - ich will keinen Wein mehr haben - doch! - ich will noch welchen haben. Es könnte Ihr Gefühl beleidigen, wenn ich nicht mehr mit Ihnen tränke. Geben Sie mir die Flasche her. O, was ist das für ein schöner Ring, den Sie da an Ihrem Finger tragen! Sie glauben wahrscheinlich, dass er wertvoll ist; das ist nicht wahr, das ist ganz wertloses Zeug, das ist Schund im Vergleich zu der Diamantnadel meiner Frau! Dies ist ein kostbares Juwel, wenn Sie nichts dagegen haben. Wenn wir sie verkaufen wollten, würden wir ein ganzes Vermögen dafür bekommen. Ein Geschenk mein lieber Herr! - Ich fürchte, ich bin viel zu offenherzig gegen Sie. Da ich aber als geborener Ehrenmann zu Ihnen spreche, so bitte ich Sie, meiner vollständigen Hochachtung versichert zu sein. Habe ich nicht vorher gesagt, die Diamantnadel wäre ein Geschenk? - Das ist nicht wahr - sie ist nichts Derartiges, wir haben gegen keinen Menschen Verpflichtungen. Mein Weib, mein bewunderungswürdiges Weib hat sie verdient. Mit der Post kam sie in einem eingeschriebenen Paket und dabei ein Brief von Lord Harry, ich sage Ihnen ein Brief, der eines echten Mannes würdig war. Er ist meiner Frau sehr verpflichtet - ich teile Ihnen ungefähr den Sinn des Briefes mit - für alles das, was meine Frau für ihn getan hat; bares Geld ist bei dem guten Lord immer rar; er sendet daher ein Familienschmuckstück mit seiner Verehrung. O, ich bin nicht eifersüchtig; er kann getrost Mrs. Vimpany in ihren alten Tagen verehren, wenn er Lust dazu hat. Sagten Sie das, Herr? Sagten Sie, dass Lord Harry oder irgend ein anderer Mann Mrs. Vimpany verehren dürfe? - Ich habe große Lust, Ihnen diese Flasche an den Kopf zu werfen. Nein, ich werde es nicht tun; es ist ein gefährlicher, guter Wein. Wie liebenswürdig von Ihnen, mir einen solch guten Wein vorzusetzen!  Wer sind Sie denn eigentlich? - Ich liebe es nicht, mit einem Fremden zu speisen. Kennen Sie irgend einen meiner Freunde? Kennen Sie einen Mann Namens Mountjoy? Kennen Sie zwei Männer mit dem Namen Mountjoy? - Nein, das ist nicht möglich, denn einer von ihnen ist tot - von jenen schurkischen Mordgesellen umgebracht. Wie nennen Sie diese Leute? Nun, wie?«"Coincidence!" he cried. "How wonderful--no; that's not the word--providential is the word--how providential are coincidences! I mean, of course, to a rightly constituted mind. Let nobody contradict me! When I say a rightly constituted mind I speak seriously; and a young man like you will be all the better for it. Mountjoy! dear Mountjoy! jolly Mountjoy! my wife's lord is your lord--Lord Harry. No; none of your nonsense--I won't have any more wine. Yes, I will; it might hurt your feelings if I didn't drink with you. Pass the bottle. Ha! That's a nice ring you've got on your finger. Perhaps you think it valuable? It's nothing, sir; it's dross, it's dirt, compared to my wife's diamond pin! There's a jewel, if you like! It will be worth a fortune to us when we sell it. A gift, dear sir! I'm afraid I've been too familiar with you. Speaking as a born gentleman, I beg to present my respects, and I call you 'dear sir.' Did I tell you the diamond pin was a gift? It's nothing of the sort; we are under no obligation; my wife, my admirable wife, has earned that diamond pin. By registered post; and what I call a manly letter from Lord Harry. He is deeply obliged (I give you the sense of it) by what my wife has done for him; ready money is scarce with my lord; he sends a family jewel, with his love. Oh, I'm not jealous. He's welcome to love Mrs. Vimpany, in her old age, if he likes. Did you say that, sir? Did you say that Lord Harry, or any man, was welcome to love Mrs. Vimpany? I have a great mind to throw this bottle at your head. No, I won't; it's wasting good wine! How kind of you to give me good wine. Who are you? I don't like dining with a stranger. Do you know any friend of mine? Do you know a man named Mountjoy? Do you know two men named Mountjoy? No: you don't. One of them is dead: killed by those murdering scoundrels what do you call them? Eh, what?"
Der Doktor fing an zu lallen; sein Kopf sank schwer auf den Tisch; er war plötzlich eingeschlafen. Er wachte aber bald wieder auf und fing ebenso plötzlich an, weiter zu reden.The doctor's voice began to falter, his head dropped; he slumbered suddenly and woke suddenly, and began talking again suddenly.
»Würden Sie gern die Bekanntschaft Lord Harrys machen? - Ich werde Ihnen zuerst eine Beschreibung seines Charakters geben, bevor ich Sie ihm vorstelle. Unter uns gesagt, der gute Lord ist ein ausgemachter Schurke. Wissen Sie wohl, zu was er meine Frau, meine anbetungswürdige Frau, benützt? - Sie werden mit mir übereinstimmen, er sollte selbst nach seinem jungen Weibe sehen. Wir haben sie glücklich und heil in unser Haus gebracht. Ein hübsches Kind, aber nicht mein Geschmack! Mein Urteil als Arzt lautet: Sie hat kein Herz. Lord Harry soll nur kommen; er wird sie hier finden. Warum, zum Teufel, kommt er denn nun nicht? Was hält ihn denn in Irland fest? Ich scheine es vergessen zu haben. Wissen Sie es vielleicht? - Ich glaube, ich habe mein Gedächtnis verloren. Was ist ein gutes Heilmittel dagegen? - Es gibt nur einen Doktor auf der Welt, der Ihnen das allein richtige nennen wird - den Wein. Wenn dieser Rotwein überhaupt etwas wert ist, so ist eine volle Flasche eine Guinee wert. Ich frage Sie im Vertrauen: Haben Sie jemals von einem solchen Esel gehört, wie der Lord meiner Frau ist? Sein Name ist mir vorher entschlüpft. Na, das schadet nichts. Er hält sich in Irland auf, um zu jagen. Zu jagen - was denn? - Füchse? O nein, nichts so Nobles; er ist auf der Jagd nach Mördern. Er hat sich mit einem von ihnen überworfen. Er will einen von ihnen umbringen. Ein Wort ganz leise in Ihr Ohr: Sie werden ihn totschlagen. Wetten Sie vielleicht? - Fünf gegen eins, er ist ein toter Mann noch vor dem Ende dieser Woche. Wann ist denn das Ende der Woche? - Dienstag, Mittwoch - nein, Sonnabend - nein, das ist der Anfang der Woche - nein, das ist nicht der Anfang - die Woche fängt nicht am Sonnabend an - am Sonntag natürlich - wir sind keine Christen, wir sind Juden - nein, wir sind Juden, keine Christen, das heißt -«"Would you like to be made acquainted with Lord Harry? I'll give you a sketch of his character before I introduce him. Between ourselves, he's a desperate wretch. Do you know why he employed my wife, my admirable wife? You will agree with me; he ought to have looked after his young woman himself. We've got his young woman safe in our house. A nice girl. Not my style; my medical knowledge certifies she's cold-blooded. Lord Harry has only to come over here and find her. Why the devil doesn't he come? What is it keeps him in Ireland? Do you know? I seem to have forgotten. My own belief is I've got softening of the brain. What's good for softening of the brain? There isn't a doctor living who won't tell you the right remedy--wine. Pass the wine. If this claret is worth a farthing, it's worth a guinea a bottle. I ask you in confidence; did you ever hear of such a fool as my wife's lord? His name escapes me. No matter; he stops in Ireland--hunting. Hunting what? The fox? Nothing so noble; hunting assassins. He's got some grudge against one of them. Means to kill one of them. A word in your ear; they'll kill him. Do you ever bet? Five to one, he's a dead man before the end of the week. When is the end of the week? Tuesday, Wednesday--no, Saturday--that's the beginning of the week--no, it isn't--the beginning of the week isn't the Sabbath--Sunday, of course--we are not Christians, we are Jews--I mean we are Jews, we are not Christians--I mean--"
Hier wurde der Wein endlich vollständig Herr über seine Zunge. Der Doktor murmelte und lallte nur noch einige unverständliche Worte vor sich hin, dann sank er in seinen Stuhl zurück und fiel endlich, nachdem noch einige Male aufgestöhnt hatte, in einen süßen Schlummer.The claret got the better of his tongue, at last. He mumbled and muttered; he sank back in his chair; he chuckled; he hiccupped; he fell asleep.
Alles und mehr als alles, was Mountjoy gefürchtet, hatte sich jetzt als wahr erwiesen. In nüchternem Zustand war der Doktor jedenfalls einer von den Menschen, die stets zum Lügen bereit sind. Aber in berauschtem Zustand plauderte er unbewusst die Wahrheit aus. Der Grund, welchen er für Lord Harrys fortgesetzte Abwesenheit in Irland angegeben hatte, konnte nicht so ohne weiteres zurückgewiesen werden. Es lag in der sorglosen Natur des wilden Lords, sein Leben der Gefahr preiszugeben in der Hoffnung, er werde im Stande sein, Arthur Mountjoy an den Schurken zu rächen, die ihn ermordet hatten.All and more than all that Mountjoy feared, he had now discovered. In a state of sobriety, the doctor was probably one of those men who are always ready to lie. In a state of intoxication the utterances of his drunken delirium might unconsciously betray the truth. The reason which he had given for Lord Harry's continued absence in Ireland, could not be wisely rejected as unworthy of belief. It was in the reckless nature of the wild lord to put his own life in peril, in the hope of revenging Arthur Mountjoy on the wretch who had killed him.
Da Hugh diese schlimmen Nachrichten für wahr hielt, lag wohl in diesem Fall ein zwingender Grund vor, Iris zu betrüben, indem er ihr die Gründe mitteilte, welche Lord Harry in seinem Vaterland zurückhielten? - Gewiss nicht!Taking this bad news for granted, was there any need to distress Iris by communicating the motive which detained Lord Harry in his own country? Surely not!
Und andererseits: brachte es irgend welchen unmittelbaren Vorteil, wenn er ihr den wahren Charakter der Mrs. Vimpany als einer bezahlten Spionin enthüllte? In ihrem gegenwärtigen Gemütszustand würde Iris aller Wahrscheinlichkeit nach sich geweigert haben, das zu glauben.And, again, was there any immediate advantage to be gained by revealing the true character of Mrs. Vimpany, as a spy, and, worse still, a spy who was paid? In her present state of feeling, Iris would, in all probability, refuse to believe it.
Als wir zu diesem Entschluss gekommen war, sah Hugh noch einmal nach dem Doktor, der in seinem Lehnstuhl lag und fürchterlich schnarchte und stöhnte. Er hatte seine Zeit und Geduld nicht unnütz verschwendet, sondern einem Plan gewidmet, der sich jetzt zu einem erfolgreichen Ende nahte. Nach dem, was er soeben, dank dem Rotwein, gehört hatte, durfte er nicht länger Bedenken tragen, die schleunige Entfernung von Iris aus dem Hause des Mr. Vimpany ins Werk zu setzen, und dazu wollte er noch als Überredungsmittel das Telegramm ihres Vaters benützen, auf dessen Wirksamkeit er möglicherweise vertrauen konnte. Mountjoy verließ das Gasthaus ohne weiteren Aufenthalt und eilte zu Iris in der Hoffnung, er werde sie dazu vermögen, noch in dieser Nacht mit ihm nach London zurückzukehren.Arriving at these conclusions, Hugh looked at the doctor snoring and choking in an easy-chair. He had not wasted the time and patience devoted to the stratagem which had now successfully reached its end. After what he had just heard--thanks to the claret--he could not hesitate to accomplish the speedy removal of Iris from Mr. Vimpany's house; using her father's telegram as the only means of persuasion on which it was possible to rely. Mountjoy left the inn without ceremony, and hurried away to Iris in the hope of inducing her to return to London with him that night.


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