Zwei Schicksalswege

Der Vorhang fälltTHE CURTAIN FALLS
Den Tag über und während der nächsten Nacht wurde ich als Gefangener in einem Zimmer gehütet. - Ein Mann, auf dessen Zuverlässigkeit mein Vater bauen konnte, bewachte mich.FOR the rest of the day, and through the night, I was kept a close prisoner in my room, watched by a man on whose fidelity my father could depend.
Am nächsten Morgen machte ich einen Fluchtversuch, wurde aber entdeckt ehe ich das Haus verlassen hatte. Wieder in mein Zimmer verbannt, gelang es mir an Mary zu schreiben und meinen Brief den willigen Händen des Hausmädchens, die mich bediente, zu übermitteln. Vergebene Mühe! Die Wachsamkeit meines Hüters war nicht zu täuschen. Er beargwöhnte das Mädchen, verfolgte sie und nahm ihr den Brief ab. Mein Vater zerriss ihn eigenhändig.The next morning I made an effort to escape, and was discovered before I had got free of the house. Confined again to my room, I contrived to write to Mary, and to slip my note into the willing hand of the housemaid who attended on me. Useless! The vigilance of my guardian was not to be evaded. The woman was suspected and followed, and the letter was taken from her. My father tore it up with his own hands.
Im Laufe des Tages wurde meiner Mutter gestattet, mich zu besuchen. Die arme Seele war nicht fähig für mich einzutreten oder meine Rechte wahrzunehmen. Sie war ganz benommen durch die Mitteilung meines Vaters, dass bei seiner Rückkehr nach Amerika, seine Frau und sein Sohn ihn begleiten sollten.Later in the day, my mother was permitted to see me. She was quite unfit, poor soul, to intercede for me, or to serve my interests in any way. My father had completely overwhelmed her by announcing that his wife and his son were to accompany him, when he returned to America.
»Er steckt jeden Pfennig, den er besitzt in diese verhasste Spekulation,« sagte meine Mutter. »Er hat in London Geld aufgenommen; hat sein Haus auf sieben Jahre an einen reichen Kaufmann vermietet und hat das Silbergeschirr und die Juwelen verkauft, die ich von seiner Mutter geerbt hatte. Die Ländereien in Amerika verschlingen das alles. Wir haben keine Heimat, George, und es bleibt uns keine Wahl, als ihm zu folgen.«"Every farthing he has in the world," said my mother, "is to be thrown into that hateful speculation. He has raised money in London; he has let the house to some rich tradesman for seven years; he has sold the plate, and the jewels that came to me from his mother. The land in America swallows it all up. We have no home, George, and no choice but to go with him."
Eine Stunde später stand der Postwagen vor der Tür.An hour afterward the post-chaise was at the door.
Mein Vater brachte mich selbst in den Wagen. Ich riss mich mit einer Verzweiflung von ihm los, der selbst seine Entschlossenheit nicht Widerstand leisten konnte. Ich lief, ich flog den Pfad entlang, der zu Dermodys Hause führte. Die Tür stand offen; das Wohnzimmer war leer, ich ging in die Küche, ich stieg zu den oberen Zimmern hinauf. Überall Stille. Der Vogt hatte den Ort verlassen und seine Mutter und Tochter waren mit ihm gegangen. Kein Freund oder Nachbar war mit einer Botschaft für mich betraut; nirgends lag ein Brief für mich; kein Zeichen verriet mir auf welchem Wege sie von dannen gezogen waren. Dermody setzte seinen Stolz darin, keine Spur eines Daseins zurückzulassen, nachdem sein Herr ihn so tief beleidigt hatte; mein Vater hätte ja glauben können, dass er mir absichtlich, um mich zu Mary zu leiten, ein Zeichen gegeben. Ich hatte kein Andenken, das mir von meinem verlorenen Liebling sprach, außer der Flagge, die sie eigenhändig gestickt hatte. Die Einrichtung war im Hause geblieben. Ich setzte mich in der gewohnten Ecke neben Marys leerem Stuhle nieder, sah meine liebe, grüne Flagge an und brach in heiße Tränen aus.My father himself took me to the carriage. I broke away from him, with a desperation which not even his resolution could resist. I ran, I flew, along the path that led to Dermody's cottage. The door stood open; the parlor was empty. I went into the kitchen; I went into the upper rooms. Solitude everywhere. The bailiff had left the place; and his mother and his daughter had gone with him. No friend or neighbor lingered near with a message; no letter lay waiting for me; no hint was left to tell me in what direction they had taken their departure. After the insulting words which his master had spoken to him, Dermody's pride was concerned in leaving no trace of his whereabouts; my father might consider it as a trace purposely left with the object of reuniting Mary and me. I had no keepsake to speak to me of my lost darling but the flag which she had embroidered with her own hand. The furniture still remained in the cottage. I sat down in our customary corner, by Mary's empty chair, and looked again at the pretty green flag, and burst out crying.
Eine leichte Berührung schreckte mich auf. Mein Vater hatte so weit nachgegeben, dass er meiner Mutter die Verantwortlichkeit übertrug, mich zu dem Reisewagen zurückzuführen.A light touch roused me. My father had so far yielded as to leave to my mother the responsibility of bringing me back to the traveling carriage.
»Hier können wir Mary nicht mehr finden, George,« sagte sie sanft. »Vielleicht hören wir in London von ihr. Komm mit mir.«"We shall not find Mary here, George," she said, gently. "And we may hear of her in London. Come with me."
Ich stand auf und reichte ihr schweigend die Hand.I rose and silently gave her my hand.
Als wir die reine, weiße Schwelle überschritten, fiel mein Auge auf einen kleinen Gegenstand, der dort lag. Ich hob ihn auf und sah einige mit Bleistift geschriebene Zeilen, bei näherer Beobachtung erkannte ich Marys Hand. In ungeübten, kindlichen Schriftzügen hatte sie mir ein letztes Lebewohl zurückgelassen:Something low down on the clean white door-post caught my eye as we passed it. I stooped, and discovered some writing in pencil. I looked closer--it was writing in Mary's hand! The unformed childish characters traced these last words of farewell:
»Lebe wohl, Teurer. Vergiss nie Deine Mary.«"Good-by, dear. Don't forget Mary."
Ich kniete nieder und küsste die Schrift. Sie tröstete mich - sie war mir wie ein letzter Händedruck von Mary. Still folgte ich nun meiner Mutter in den Wagen.I knelt down and kissed the writing. It comforted me--it was like a farewell touch from Mary's hand. I followed my mother quietly to the carriage.
Am Abend spät kamen wir in London an.Late that night we were in London.
Meine Mutter tat Alles, was ihr ihre eigene traurige Lage gestattete, um mich liebevoll zu trösten. Sie schrieb selbst an die Anwälte ihrer Familie, übersandte ihnen eine genaue Beschreibung von Dermody und seiner Mutter und Tochter und ersuchte sie in allen Reisebureaux in London nach ihnen zu forschen. Auch an zwei Verwandte von Dermody, die in der City wohnten, verwies sie sie, vielleicht wussten diese etwas über sein Verbleiben, nachdem er meines Vaters Dienst verlassen hatte. Damit hatte sie das Mögliche für mich getan, denn zu Zeitungsannoncen besaßen wir leider nicht Geld genug.My good mother did all that the most compassionate kindness could do (in her position) to comfort me. She privately wrote to the solicitors employed by her family, inclosing a description of Dermody and his mother and daughter and directing inquiries to be made at the various coach-offices in London. She also referred the lawyers to two of Dermody's relatives, who lived in the city, and who might know something of his movements after he left my father's service. When she had done this, she had done all that lay in her power. We neither of us possessed money enough to advertise in the newspapers.
Eine Woche später segelten wir nach den Vereinigten Staaten ab. Bis dahin fragte ich zwei Mal bei den Anwälten nach, ob sie etwas erfahren, hörte aber leider beide Male, dass die Nachforschungen zu keinem Resultat geführt hatten.A week afterward we sailed for the United States. Twice in that interval I communicated with the lawyers; and twice I was informed that the inquiries had led to nothing.
Hiermit endet der erste Abschnitt meiner Liebesgeschichte.With this the first epoch in my love story comes to an end.
Zehn Jahre lang sah ich nichts von meiner kleinen Mary, - ich erfuhr selbst nicht einmal ob sie noch lebte, um zum Weibe heranzureifen. Die grüne Flagge mit der gestickten Taube bewahrte ich sorgsam - übrigens hatten die Wogen der Vergessenheit sich über den goldenen Tagen an der »Grünwasser-Fläche« geschlossen.For ten long years afterward I never again met with my little Mary; I never even heard whether she had lived to grow to womanhood or not. I still kept the green flag, with the dove worked on it. For the rest, the waters of oblivion had closed over the old golden days at Greenwater Broad.


Vorheriges Kapitel
Nächstes Kapitel
 Inhaltsverzeichnis für diese Geschichte