Zwei Schicksalswege

Shetlands GastfreundschaftSHETLAND HOSPITALITY.
»Führer, wo sind wir?«"GUIDE! Where are we?"
»Ich kann es nicht genau sagen.«"I can't say for certain."
»Haben Sie den Weg verloren?«"Have you lost your way?"
Als Antwort auf meine Frage sieht sich der Führer langsam ringsum, dann sieht er mich an und das genügt mir.The guide looks slowly all round him, and then looks at me. That is his answer to my question. And that is enough.
»Wir waren unserer drei die sich verirrt hatten, mein Reisegefährte, ich und der Führer. Wir ritten auf drei Shetland Ponys die so sehr klein waren, dass wir beiden Fremden uns zuerst scheuten sie zu besteigen. Es umgab uns ein feuchter, weißer Nebel, der so dicht war, dass wir einander ein halbes Dutzend Ellen weit, nicht sehen konnten und wir wissen nichts weiter, als dass wir uns auf dem Festlande der Shetlandsinseln befinden. Unter den Füßen unserer Ponys sehn wir nur eine Mischung von Moorland und Sumpf und daneben die kleine, feste Stelle auf der wir stehn, einige Schritt weiter liegt ein Streifen wässerigen Torfmoors, der tief genug ist, um uns in die Gefahr des Versinkens zu bringen, wenn wir hinein geraten. Das war Alles was wir ergründen konnten und die Hauptfrage ist nun: was sollen wir tun?The lost persons are three in number. My traveling companion, myself, and the guide. We are seated on three Shetland ponies--so small in stature, that we two strangers were at first literally ashamed to get on their backs. We are surrounded by dripping white mist so dense that we become invisible to one another at a distance of half a dozen yards. We know that we are somewhere on the mainland of the Shetland Isles. We see under the feet of our ponies a mixture of moorland and bog--here, the strip of firm ground that we are standing on, and there, a few feet off, the strip of watery peat-bog, which is deep enough to suffocate us if we step into it. Thus far, and no further, our knowledge extends. This question of the moment is, What are we to do next?
Der Führer hatte uns ehe wir fortritten vor dem Wetter gewarnt, daran erinnert er uns nun, während er sich die Pfeife anzündet. Mein Reisegefährte sieht mich gelassen, aber mit einem Ausdruck milden Vorwurfs an und den verdiene ich. Die unangenehme Lage in der wir uns augenblicklich befinden, habe ich durch meine Vorschnelligkeit veranlasst.The guide lights his pipe, and reminds me that he warned us against the weather before we started for our ride. My traveling companion looks at me resignedly, with an expression of mild reproach. I deserve it. My rashness is to blame for the disastrous position in which we now find ourselves.
In den Briefen an meine Mutter habe ich absichtlich immer nur Günstiges über meine Gesundheit und meinen Gemütszustand berichtet, aber ich gestand ihr nicht, dass ich unablässig des Tages gedenke, an dem ich von meiner schönsten Hoffnung schied und auf die einzige Liebe verzichtete, die mir das Leben teuer machen konnte. Durch die Aufregungen, die meine neue Lebensweise mit sich brachte, war eine beständige Ruhelosigkeit über mich gekommen, der natürlich der starre Gemütszustand gewichen war, in dem ich mich zu Hause befand. Ich muss mich jetzt immer beschäftigen, gleichviel womit, wenn ich nur meinen eigenen Gedanken damit entweiche. Untätigkeit ist mir unerträglich, die Einsamkeit entsetzlich. Während die andern Mitglieder der Gesellschaft, die Sir James auf seiner Besichtigungsreise zu den Leuchttürmen begleiten, geduldig im Hafen von Lermick auf eine günstige Änderung des Wetters warten, bestehe ich eigenwillig darauf, den behaglichen Aufenthalt auf dem Schiffe zu verlassen, um irgend wo auf der Insel eine vorzeitliche Ruine zu entdecken, von der ich nie hörte und die gar kein Interesse für mich hat. Bewegung ist Alles, was ich suche. Der Ritt soll die verhasste Zeit des Wartens ausfüllen, so mache ich mich allem verständigen Rate zum Trotz auf den Weg. Aus jugendlichem Übermut lässt das jüngste Mitglied unserer Reisegesellschaft sich von meinem Leichtsinn anstecken und begleitet mich und was haben wir nun erreicht? Wir sind vom Nebel verschleiert, im Morast verirrt ringsum hält uns der verräterische Torfmoor gefangen.In writing to my mother, I have been careful to report favorably of my health and spirits. But I have not confessed that I still remember the day when I parted with the one hope and renounced the one love which made life precious to me. My torpid condition of mind, at home, has simply given place to a perpetual restlessness, produced by the excitement of my new life. I must now always be doing something--no matter what, so long as it diverts me from my own thoughts. Inaction is unendurable; solitude has become horrible to me. While the other members of the party which has accompanied Sir James on his voyage of inspection among the lighthouses are content to wait in the harbor of Lerwick for a favorable change in the weather, I am obstinately bent on leaving the comfortable shelter of the vessel to explore some inland ruin of prehistoric times, of which I never heard, and for which I care nothing. The movement is all I want; the ride will fill the hateful void of time. I go, in defiance of sound advice offered to me on all sides. The youngest member of our party catches the infection of my recklessness (in virtue of his youth) and goes with me. And what has come of it? We are blinded by mist; we are lost on a moor; and the treacherous peat-bogs are round us in every direction!
Was sollen wir tun?What is to be done?
»Überlassen Sie sich ganz den Ponys,« sagt der Führer."Just leave it to the pownies," the guide says.
»Glauben Sie, dass die Ponys den Weg finden werden?«"Do you mean leave the ponies to find the way?"
»Das glaube ich,« sagt der Führer. »Lassen Sie den Zügel los und vertrauen Sie sich den Tieren an. Sie müssen nun für sich selbst handeln, ich reite auf meinem Pony davon.«"That's it," says the guide. "Drop the bridle, and leave it to the pownies. See for yourselves. I'm away on my powny."
Er legt seinen Zügel auf den Sattelknopf, pfeift und verschwindet im Nebel; die Hände in den Taschen, die Pfeife im Munde, reitet er so behaglich von dannen, als ob er zu Hause an seinem Kamin säße. Uns bleibt nichts übrig, als seinem Beispiel zu folgen oder hier allein in dem Moor zu bleiben. So wie sie von unserer ungeschickten Leitung befreit sind, schreiten die klugen kleinen Tiere, wie Hunde, die Nase nach unten dem Geruche folgend tapfer vorwärts. Wo der zwischenliegende Torfmoor breit ist, umgehen sie ihn, ist er schmal genug, um hinüber zu kommen, so überschreiten sie ihn mit einem Sprunge. Tapp! Tapp! marschieren die tapfern kleinen Geschöpfe vorwärts, ohne anzuhalten, ohne zu zögern. In diesem Falle war unser »überlegener Verstand« ganz nutzlos und verwunderte sich nur, wie der Ritt enden würde. Unser Führer, der vor uns war, beteuerte uns, dass die Ponys uns sicher zu einem der nächsten Dörfer oder Häuser bringen würden. »Lassen Sie nur den Zügel los,« warnt er uns immer wieder, »komme, was da wolle, lassen Sie nur den Zügel los.«He drops his bridle on the pommel of his saddle, whistles to his pony, and disappears in the mist; riding with his hands in his pockets, and his pipe in his mouth, as composedly as if he were sitting by his own fireside at home. We have no choice but to follow his example, or to be left alone on the moor. The intelligent little animals, relieved from our stupid supervision, trot off with their noses to the ground, like hounds on the scent. Where the intersecting tract of bog is wide, they skirt round it. Where it is narrow enough to be leaped over, they cross it by a jump. Trot! trot!--away the hardy little creatures go; never stopping, never hesitating. Our "superior intelligence," perfectly useless in the emergency, wonders how it will end. Our guide, in front of us, answers that it will end in the ponies finding their way certainly to the nearest village or the nearest house. "Let the bridles be," is his one warning to us. "Come what may of it, let the bridles be!"
Für den Führer ist es leicht den Zügel los zu lassen, da er seines Ponys Leistungen genau kennt und gewohnt ist, unter schwierigen Umständen in dieser hilflosen Lage auszuhalten.It is easy for the guide to let his bridle be--he is accustomed to place himself in that helpless position under stress of circumstances, and he knows exactly what his pony can do.
Uns ist diese Lage aber neu und erscheint uns äußerst gefährlich. Mehr als einmal musste ich mich selbst mit Gewalt davon zurückhalten, dass ich nicht an gefährlichen Stellen des Weges die Leitung des Ponys wieder übernahm. Die Zeit vergeht und kein Zeichen einer menschlichen Wohnung wird durch den Nebel sichtbar. Ich fange an erregt und ungeduldig zu werden, da mir nachgerade die Zuverlässigkeit des Führers zweifelhaft wird. Während ich mich in dieser unbehaglichen Gemütsverfassung befinde, nähert sich mein Pony einer düstern, schwarzen, gewundenen Linie, wo der Torfmoor wenigstens zum hundertsten Male übersprungen werden muss. Wahrscheinlich durch den Nebel getäuscht, erscheint meinem Auge die Breite des Moors so bedeutend, dass kein Pony der Welt darüber wegspringen konnte und hierüber verliere ich die Geistesgegenwart. Im Augenblick des Sprunges ergreife ich eiligst den Zügel des Ponys und halte ihn törichterweise zurück; er stutzt, wirft den Kopf hoch und stürzt nieder, als wäre er erschossen. Als wir zusammen zu Boden fallen, verwickelt sich meine rechte Hand unter mir und ich fühle, dass ich mir das Gelenk verrenkt habe.To us, however, the situation is a new one; and it looks dangerous in the extreme. More than once I check myself, not without an effort, in the act of resuming the command of my pony on passing the more dangerous points in the journey. The time goes on; and no sign of an inhabited dwelling looms through the mist. I begin to get fidgety and irritable; I find myself secretly doubting the trustworthiness of the guide. While I am in this unsettled frame of mind, my pony approaches a dim, black, winding line, where the bog must be crossed for the hundredth time at least. The breadth of it (deceptively enlarged in appearance by the mist) looks to my eyes beyond the reach of a leap by any pony that ever was foaled. I lose my presence of mind. At the critical moment before the jump is taken, I am foolish enough to seize the bridle, and suddenly check the pony. He starts, throws up his head, and falls instantly as if he had been shot. My right hand, as we drop on the ground together, gets twisted under me, and I feel that I have sprained my wrist.
Ich hätte mich glücklich schätzen können, wenn ich nur mit dieser geringen Verletzung davon gekommen wäre, aber das war keineswegs der Fall. Ehe es mir gelingt mich unter dem Pony hervor zu arbeiten, tritt dieser mich, bei seinen Anstrengungen aufzustehen und trifft unglücklicherweise mit seinem Hufe grade die Stelle, an der der vergiftete Speer damals während meiner Dienstzeit in Indien, eingedrungen war. Die alte Wunde wird wieder aufgerissen und ich liege blutend auf dem öden Moorland der Shetlandsinseln. Dieses Mal behalte ich die Besinnung, weil meine Kraft nicht wie damals erschöpft worden ist, wo ich mit einer ertrinkenden Frau im Arm der Strömung eines sanftfließenden Flusses entgegen arbeiten musste und so bin ich im Stande alle Anordnungen zu machen, damit meine Wunde, so gut als es eben die Umstände erlauben, verbunden wird. Meinen Pony konnte ich natürlich nicht wieder besteigen, sondern musste liegen bleiben, wo ich war und meinen Reisegefährten zur Pflege bei mir behalten, während der Führer dem Instinkte seines Ponys vertrauend, den nächsten Ort aufsuchte, wo für mich ein Obdach zu finden war.If I escape with no worse injury than this, I may consider myself well off. But no such good fortune is reserved for me. In his struggles to rise, before I have completely extricated myself from him, the pony kicks me; and, as my ill-luck will have it, his hoof strikes just where the poisoned spear struck me in the past days of my service in India. The old wound opens again--and there I lie bleeding on the barren Shetland moor! This time my strength has not been exhausted in attempting to breast the current of a swift-flowing river with a drowning woman to support. I preserve my senses; and I am able to give the necessary directions for bandaging the wound with the best materials which we have at our disposal. To mount my pony again is simply out of the question. I must remain where I am, with my traveling companion to look after me; and the guide must trust his pony to discover the nearest place of shelter to which I can be removed.
Auf meinen Wunsch unterrichtet sich unser Führer, bevor er uns verlässt, so genau wie möglich, mit Hilfe meines Taschenkompasses von dem Orte, wo wir uns befinden und verschwindet dann im Nebel, den Zügel lose hängen lassend und der Pony mit der Nase am Boden, wie zuvor. Unter meines jungen Freundes Obhut bleibe ich zurück, auf einen Mantel gebettet und meinen Sattel als Kopfkissen. Was sie irgend in der Nähe an Gras auffinden konnten, verzehrten unsere Ponys inzwischen ganz gemütlich, blieben dabei aber immer möglichst in unserer Gesellschaft, als wären sie ein Paar Hunde. In dieser Lage erwarten wir nun die kommenden Ereignisse, während der tropfende Nebel immer dichter um uns er wird.Before he abandons us on the moor, the man (at my suggestion) takes our "bearings," as correctly as he can by the help of my pocket-compass. This done, he disappears in the mist, with the bridle hanging loose, and the pony's nose to the ground, as before. I am left, under my young friend's care, with a cloak to lie on, and a saddle for a pillow. Our ponies composedly help themselves to such grass as they can find on the moor; keeping always near us as companionably as if they were a couple of dogs. In this position we wait events, while the dripping mist hangs thicker than ever all round us.
In der majestätischen Ruhe des Moores folgen die Minuten einander langsam und träge, das empfinden wir beide ohne uns zu gestehn, dass wir wohl noch viele Stunden warten mussten, ehe der Führer uns wieder auffindet. Das durchdringende Nass erfasst mich immer mehr mit seiner eisigen Gewalt und in meines Gefährten Reiseflasche ist kaum noch ein Teelöffel voll Sherry enthalten. Wir sehen einander an, weil wir bei diesem Wetter keine bessere Aussicht finden konnten und wir versuchen unser Schicksal mit Würde zu ertragen. So schleichen die trägen Minuten immer weiter, bis unsere Uhren uns überzeugen, dass deren vierzig vergangen sind seit der Führer unseren Blicken auf seinem Pony entschwand.The slow minutes follow each other wearily in the majestic silence of the moor. We neither of us acknowledge it in words, but we both feel that hours may pass before the guide discovers us again. The penetrating damp slowly strengthens its clammy hold on me. My companion's pocket-flask of sherry has about a teaspoonful of wine left in the bottom of it. We look at one another--having nothing else to look at in the present state of the weather--and we try to make the best of it. So the slow minutes follow each other, until our watches tell us that forty minutes have elapsed since the guide and his pony vanished from our view.
Mein Freund schlug vor, dass wir die Wirkung unserer Stimmen versuchen wollten, um irgend einem lebenden Wesen, das ein wunderbarer Zufall hierher geführt hatte, unsere Lage kund zu tun. Da mir die Kraft zu irgend welchen Leistungen mit meiner Stimme fehlte, überlasse ich ihm den Versuch und er schreit denn auch in der höchstmöglicher Tonlage in die Weite hinaus. Alles bleibt nach dem ersten Rufe still, er ruft wieder und dieses Mal dringt ein schwaches »Glück auf« beantwortend durch den weißen Nebel zu uns. So ist uns denn irgend ein menschliches Wesen, sei er ein Fremder oder der Führer, nah und es wird endlich Hilfe kommen.My friend suggests that we may as well try what our voices can do toward proclaiming our situation to any living creature who may, by the barest possibility, be within hearing of us. I leave him to try the experiment, having no strength to spare for vocal efforts of any sort. My companion shouts at the highest pitch of his voice. Silence follows his first attempt. He tries again; and, this time, an answering hail reaches us faintly through the white fog. A fellow-creature of some sort, guide or stranger, is near us--help is coming at last!
Es entsteht eine Pause, dann vernehmen wir die Stimmen von zwei Männern, deren dunkle Erscheinungen wir auch allmälig durch den Nebel entdecken. Bald darauf ist uns der Führer so nah, dass wir ihn erkennen können und ihm folgt, in gemischter Tracht ein starker Bursche, der den zwiefachen Eindruck eines Reitknechts und Gärtners macht. Der Führer äußert einige Worte der Teilnahme, der gemischte Mann hüllt sich in undurchdringliches Schweigen - der Anblick eines verwundeten Fremden, macht weder den Eindruck des Erstaunens noch der Teilnahme auf den Reitknecht-Gärtner.An interval passes; and voices reach our ears--the voices of two men. Then the shadowy appearance of the two becomes visible in the mist. Then the guide advances near enough to be identified. He is followed by a sturdy fellow in a composite dress, which presents him under the double aspect of a groom and a gardener. The guide speaks a few words of rough sympathy. The composite man stands by impenetrably silent; the sight of a disabled stranger fails entirely either to surprise or to interest the gardener-groom.
Die beiden Männer beschließen nach einer geheimen Beratung, zwischen sich auf ihren gekreuzten Händen einen Sitz für mich herzustellen. Ich fasse sie um die Schulter und so tragen sie mich fort. Mein Freund wandert mit Sattel und Mantel hinterher. Im unverkürzten Genuss ihrer Freiheit laufen und springen die Ponys um uns her. Ganz wie es ihre augenblickliche Laune erheischt, sind sie bald vor, bald hinter uns. Ich bin zum Glück für meine Träger, nur eine leichte Bürde. Nach zweimaligem Ausruhen machen sie endlich einen Halt und setzen mich an der trockensten Stelle, die sie finden können, nieder. Ich bin eifrig bemüht irgendwo ein Wohnhaus durch den Nebel zu entdecken, aber ich sehe nichts als eine kleine, herabhängende Birke und ein dunkles Wasser darunter. Wo sind wir?After a little private consultation, the two men decide to cross their hands, and thus make a seat for me between them. My arms rest on their shoulders; and so they carry me off. My friend trudges behind them, with the saddle and the cloak. The ponies caper and kick, in unrestrained enjoyment of their freedom; and sometimes follow, sometimes precede us, as the humor of the moment inclines them. I am, fortunately for my bearers, a light weight. After twice resting, they stop altogether, and set me down on the driest place they can find. I look eagerly through the mist for some signs of a dwelling-house--and I see nothing but a little shelving beach, and a sheet of dark water beyond. Where are we?
Der Reitknecht-Gärtner verschwindet und erscheint dann auf dem Wasser wieder, wo er ein Boot heranrudert, auf dessen Boden ich mit meinem Sattelkopfkissen niedergelegt werde und so schwimmen wir davon, die Ponys der einsamen Freiheit des Moorlandes überlassend. Der Führer meint, dass sie genug Futter finden werden und, wenn die Nacht kommt, werden sie schon den Weg zu einer Herberge im nahen Dorfe auffinden. Als ich einen letzten Blick auf die kühnen, kleinen Geschöpfe warf, standen sie saufend nebeneinander am Wasser, spielten miteinander und bissen sich und waren ausgelassener denn je!The gardener-groom vanishes, and appears again on the water, looming large in a boat. I am laid down in the bottom of the boat, with my saddle-pillow; and we shove off, leaving the ponies to the desolate freedom of the moor. They will pick up plenty to eat (the guide says); and when night comes on they will find their own way to shelter in a village hard by. The last I see of the hardy little creatures they are taking a drink of water, side by side, and biting each other sportively in higher spirits than ever!
Auf dem dunklen Wasser, das nicht ein Fluss war, wie ich glaubte, sondern ein See, treiben wir langsam dahin, bis wir die Ufer einer kleinen Insel erreichen. Es war ein einsames, flaches Stück öden Landes. Ich werde auf einem unebenen, aus flachen Steinen hergestellten Fußsteg vorwärts gebracht, bis wir endlich feste Erde und eine menschliche Wohnung erblicken. Es ist ein langes, einstöckiges Haus, das, so viel ich sehen kann, drei Seiten eines Vierecks einnimmt, die Tür ist gastfrei geöffnet, der Flur darin ist öde, kalt und düster. Die Männer öffnen eine innere Tür, und wir befinden uns in einem langen, durch ein Torffeuer behaglich erwärmten Gange. An einer Wand bemerke ich geschlossene, eichene Zimmertüren, an der andern erblicken meine Augen, Reihe an Reihe, wohlgefüllte Bücherschränke. Am Ende des ersten Ganges angelangt, biegen wir im rechten Winkel in einen zweiten, von wo aus endlich eine Tür geöffnet wird und ich befinde mich in einem großen, vollständig und geschmackvoll möblierten Zimmer mit zwei Betten, vor einem hellen Kaminfeuer. Die Einkehr in dieses warme, freundliche Obdach erfüllte mich, nach der schaurigen, feuchten Einsamkeit des Moores, mit so schwelgerischem Entzücken, dass ich mich in den ersten Augenblicken vollkommen befriedigt fühle, als ich mich im Vollgenusse meiner behaglichen, neuen Lage auf meinem Bett ausstrecken kann. Ich vergesse ganz zu fragen in wessen Haus wir eigentlich eingedrungen sind und wundre mich nicht einmal darüber, dass weder Herr, noch Frau des Hauses, noch irgend ein Familienmitglied sich zeigt, um uns bei unserer Ankunft, unter ihrem gastfreien Dach, willkommen zu heißen.Slowly we float over the dark water--not a river, as I had at first supposed, but a lake--until we reach the shores of a little island; a flat, lonely, barren patch of ground. I am carried along a rough pathway made of great flat stones, until we reach the firmer earth, and discover a human dwelling-place at last. It is a long, low house of one story high; forming (as well as I can see) three sides of a square. The door stands hospitably open. The hall within is bare and cold and dreary. The men open an inner door, and we enter a long corridor, comfortably warmed by a peat fire. On one wall I notice the closed oaken doors of rooms; on the other, rows on rows of well-filled book-shelves meet my eye. Advancing to the end of the first passage, we turn at right angles into a second. Here a door is opened at last: I find myself in a spacious room, completely and tastefully furnished, having two beds in it, and a large fire burning in the grate. The change to this warm and cheerful place of shelter from the chilly and misty solitude of the moor is so luxuriously delightful that I am quite content, for the first few minutes, to stretch myself on a bed, in lazy enjoyment of my new position; without caring to inquire into whose house we have intruded; without even wondering at the strange absence of master, mistress, or member of the family to welcome our arrival under their hospitable roof.
Nach einer Weile legt sich mein erstes Bedürfnis nach Ruhe, die schlummernde Neugier erwacht und ich schaue um mich.After a while, the first sense of relief passes away. My dormant curiosity revives. I begin to look about me.
Der Reitknecht-Gärtner ist verschwunden, mein Reisegefährte befindet sich am andern Ende des Zimmers in Begriff den Führer auszufragen, ich rufe ihn zu mir ans Bett. Was hat er für Entdeckungen gemacht? In wessen Hause befinden wir uns und warum kam niemand aus der Familie, um uns zu begrüßen?The gardener-groom has disappeared. I discover my traveling companion at the further end of the room, evidently occupied in questioning the guide. A word from me brings him to my bedside. What discoveries has he made? whose is the house in which we are sheltered; and how is it that no member of the family appears to welcome us?
Mein Freund erzählt, was er weiß und der Führer hört seinem eigenen Bericht so aufmerksam zu, als ob er ihn zum ersten Male hörte.My friend relates his discoveries. The guide listens as attentively to the second-hand narrative as if it were quite new to him.
Das Haus, das unser Zufluchtsort geworden ist, gehört einem Gentleman aus altem nordischem Geschlecht, namens Dunross, der seit zwanzig Jahren mit seinem einzigen Kinde, einer Tochter, auf dieser unfruchtbaren Insel in vollkommener Zurückgezogenheit, ohne jede andere Gesellschaft, lebt. Er wird für einen der gelehrtesten Menschen gehalten und ist weit und breit von den Bewohnern der Insel unter einem Namen bekannt, der, wenn man ihren Dialekt übersetzt, »den Meister der Bücher« bedeutet. Nur einmal weiß man, dass Vater und Tochter ihre Inseleinsamkeit verließen und zwar vor langen Zeiten, als eine furchtbare Seuche die benachbarten Dörfer heimsuchte. Vater und Tochter pflegten ihre armen und geprüften Nachbarn Tag und Nacht mit einem Mute, den keine Gefahr erschütterte, mit einer Sorgfalt, die keine Ermüdung erschöpfte. Der Vater war glücklich der Ansteckung entgangen, aber, als die Heftigkeit der Seuche schon nachließ, wurde die Tochter noch davon befallen. Ihr Leben wurde zwar erhalten, aber sie erlangte niemals ihre volle Gesundheit wieder. Sie krankt nun an einem geheimnisvollen Nervenleiden, das niemand begreift und das sie seit langen Jahren, fern von aller menschlichen Beobachtung, hier auf dieser Insel gefangen hält. Vater und Tochter werden unter der armen Bevölkerung dieser Gegend als halbe Götter verehrt, in den Gebeten, die die Eltern ihre Kinder lehren, werden ihre Namen nach denen der Heiligen genannt.The house that shelters us belongs to a gentleman of ancient Northern lineage, whose name is Dunross. He has lived in unbroken retirement on the barren island for twenty years past, with no other companion than a daughter, who is his only child. He is generally believed to be one of the most learned men living. The inhabitants of Shetland know him far and wide, under a name in their dialect which means, being interpreted, "The Master of Books." The one occasion on which he and his daughter have been known to leave their island retreat was at a past time when a terrible epidemic disease broke out among the villages in the neighborhood. Father and daughter labored day and night among their poor and afflicted neighbors, with a courage which no danger could shake, with a tender care which no fatigue could exhaust. The father had escaped infection, and the violence of the epidemic was beginning to wear itself out, when the daughter caught the disease. Her life had been preserved, but she never completely recovered her health. She is now an incurable sufferer from some mysterious nervous disorder which nobody understands, and which has kept her a prisoner on the island, self-withdrawn from all human observation, for years past. Among the poor inhabitants of the district, the father and daughter are worshiped as semi-divine beings. Their names come after the Sacred Name in the prayers which the parents teach to their children.
Nach der Erzählung des Führers ist das der Haushalt, in dessen Abgeschlossenheit wir eingedrungen sind. Ohne Zweifel erregt die Geschichte ein gewisses, eigentümliches Interesse, aber sie hat einen Fehler - sie erklärt in keiner Weise uns gegenüber die Abwesenheit von Mr. Dunross. Kann es ihm unbekannt sein, dass wir uns in seinem Hause aufhalten? Wir wenden uns an den Führer und legen ihm neue Fragen vor.Such is the household (so far as the guide's story goes) on whose privacy we have intruded ourselves! The narrative has a certain interest of its own, no doubt, but it has one defect--it fails entirely to explain the continued absence of Mr. Dunross. Is it possible that he is not aware of our presence in the house? We apply the guide, and make a few further inquiries of him.
»Hat Mr. Dunross eingewilligt uns hier aufzunehmen?« frage ich. Der Führer starrt mich an. Hätte ich Griechisch oder Hebräisch mit ihm gesprochen, so hätte ich ihn nicht wirksamer in Erstaunen versetzen können. Mein Freund versucht es also in einfacheren Worten."Are we here," I ask, "by permission of Mr. Dunross?" The guide stares. If I had spoken to him in Greek or Hebrew, I could hardly have puzzled him more effectually. My friend tries him with a simpler form of words.
»Fragten Sie, als Sie dieses Haus hier fanden, um Erlaubnis uns hierher zu führen?«"Did you ask leave to bring us here when you found your way to the house?"
Der Führer starrt uns noch mehr an, als vorhin und es erscheint uns fast, als fühlte er sich durch unsere Frage tief verletzt.The guide stares harder than ever, with every appearance of feeling perfectly scandalized by the question.
»Glauben Sie,« fragte er streng, »dass ich töricht genug sein werde, um solcher Kleinigkeit willen, wie dass Sie und Ihr Freund hier Obdach finden, den Herrn bei seinen Büchern zu stören?«"Do you think," he asks, sternly, "'that I am fool enough to disturb the Master over his books for such a little matter as bringing you and your friend into this house?"
»Haben Sie uns wirklich hierher geführt ohne um Erlaubnis zu fragen?« rufe ich bestürzt aus."Do you mean that you have brought us here without first asking leave?" I exclaim in amazement.
Das Gesicht des Führers erhellt sich: endlich ist es ihm gelungen uns Dummköpfen die Sache klar zu machen! »Ja, gewiss habe ich das getan!« sagt er mit sichtlicher Befriedigung.The guide's face brightens; he has beaten the true state of the case into our stupid heads at last! "That's just what I mean!" he says, with an air of infinite relief.
Ehe wir uns noch von dieser außerordentlichen Entdeckung erholt haben, öffnet sich die Tür und ein kleiner, magerer, alter Herr in einem langen, schwarzen Schlafrock, tritt ein. Der Führer tritt vor und schließt ehrerbietig die Tür hinter ihm. Offenbar standen wir dem Meister der Bücher gegenüber.The door opens before we have recovered the shock inflicted on us by this extraordinary discovery. A little, lean, old gentleman, shrouded in a long black dressing-gown, quietly enters the room. The guide steps forward, and respectfully closes the door for him. We are evidently in the presence of The Master of Books!


Vorheriges Kapitel
Nächstes Kapitel
 Inhaltsverzeichnis für diese Geschichte