In der Dämmerstunde

Die Erzählung der französischen Gouvernante von Schwester Rose



Erster Teil

Erstes Kapitel

»Guten Abend, Wilhelm, was gibt es Neues?«

»Ich weiß weiter nichts, als dass Fräulein Rosa sich morgen verheiraten wird!«

»Ich bin in der Lage, diese Neuigkeit gerade so genau zu wissen, wie Sie, mein alter Freund, da ich der Diener des Bräutigams bin, der Morgen eine der beiden Hauptrollen in der Heiratscomödie übernehmen wird. Das war also nichts Neues! Da, schnupfen Sie einmal! Ich fragte nach öffentlichen Neuigkeiten, nicht aber nach denen der beiden Familien, deren Wohl wir zu fördern haben.«

»Ich verstehe Sie nicht, Justin, was Sie mit der Phrase »Wohl zu fördern« meinen? Ich bin nicht der Diener Ihrer Herrschaft, sondern diene allein Herrn Trudaine, der hier mit seiner Schwester, der Braut, lebt. Ihre alte Dame hat zwar die Heirat zwischen ihrem Sohne und meiner jungen Herrin zusammengebracht, aber deshalb interessiere ich mich doch nicht für sie. — Mit den öffentlichen Neuigkeiten befasse ich mich gar nicht, denn ich bin noch ein Bedienter aus der alten Schule, der sich an der Haushaltungs-Politik genügen lässt! Sagt Ihnen das nicht zu, Justin, so bedauere ich es, und wünsche »gute Nacht!«

»Verzeihen Sie, aber ich habe nicht den geringsten Respekt vor der alten Schule, in diesem Sinne, ich interessiere mich für das jetzt so bewegte öffentliche Leben. Sie, mein lieber Wilhelm, werden sich sicher auch bald ändern und zu unserer Fahne schwören! Doch, gute Nacht!«

Dieses Gespräch fand an einem warmen Sommerabende des Jahres 1789 statt. Die beiden Diener die es führten, standen vor der Hintertür eines kleinen Hauses, welches drei Meilen westlich von Rouen, an den Ufern der Seine, stand.

Der eine war ein alter, magerer, mürrisch aussehender Mann; der andere, ein wohlgenährter junger Mann, der in einer reichen Livree steckte. Die Tage der alten Epoche nahten sich schnell ihrem Ende, wie aus der Jahreszahl ersichtlich ist, aber Frau Danville liebte es, ihren Diener noch so gekleidet zu sehen, wie zur Zeit Louis XV.

Nachdem der alte Mann fortgegangen war, betrachtete Justin das kleine Häuschen, vor dem er stand, genauer. Nach den Fenstern zu urteilen, mochte es höchstens sechs bis acht Zimmer enthalten. Anstatt Stellungen und Nebengebäude zu finden, erblickte Justin nur ein Gewächshaus und an diesem war ein langer Raum von Holz gebaut. Eines der Fenster dieses saalartigen Raumes war offen, und Justin sah neugierig hinein und betrachtete mit etwas verächtlichen Blicken die verschiedenen Flaschen, Büchsen, farbige Flüssigkeiten und alle die Gerätschaften, welche in ein Laboratorium gehören; denn ein solches war es.

»Ich kann nicht begreifen, wie sich der Bruder »unser er Braut« hier unter diesen Tiegeln, Töpfen, Flaschen und Säften gefallen kann!« sagte Justin kopfschüttelnd. »Pfui!« setzte er hinzu, »ich rieche den Inhalt dieses Zimmers bis hier draußen heraus. Ich wünschte, »wir« wären nicht mit einem Apotheker verwandt geworden!«

Mit diesen Worten kehrte Justin dem Laboratorium verächtlich den Rücken und schlenderte zu dem Garten hinaus und einen Weg, der zu einer Anhöhe führte, weiter.

Oben angelangt, breitete sich die Seine mit ihren lieblichen grünen Inseln, die Ufer mit Bäumen und Häuschen besetzt, und kleine Boote, die auf der Seine schaukelten, vor seinen Blicken aus. Westlich von ihm waren alle Gegenstände mit dem Lichte der untergehenden Sonne bemalt, östlich lagerten sich lange Schatten, und er konnte die Türme und Häuser der Stadt Rouen von weitem sehen. Allein der schöne Sommerabend mit aller seiner Pracht, übte keinen Eindruck auf Justin aus; denn er stand da und hatte seine Hände in die Hosentaschen gesteckt und gähnte fort und fort. Endlich gewahrte er, dicht an dem Ufer der Seine, eine Bank, auf welcher eine ältere, eine jüngere Dame und ein Herr saßen, die den Sonnenuntergang zu betrachten schienen; nahe der Bank standen noch zwei andere Herren. Alle blickten dem scheidenden Tagesgestirn nach. Sie konnten Justin nicht bemerken, denn dieser stand weit hinter ihnen.

»Da sind sie wirklich noch Alle zusammen!« sagte der Diener unzufrieden. »Madame Danville sitzt noch an derselben Stelle, mein Herr, der Bräutigam, pflichtschuldig an ihrer Seite. Fräulein Rosa, die Braut, verschämt neben ihm, Herr Trudaine, der Apotheker, und Herr Lomaque, der wunderliche Verwalter, stehen daneben. Da sitzen sie nun und verbringen ihre Zeit mit Nichtstun!« Dann blickte er nach rechts und links, als wollte er Etwas erspähen, was die Aufmerksamkeit der Herrschaften wohl fesseln mochte, und setzte dann hinzu: »Hier gibt es doch wirklich rein Nichts zu sehen!«

Justin gähnte noch wiederholt und ging dann unbefriedigt nach dem Garten zurück, wo er auch bald seine Schlafstätte aufsuchte.

Hätte sich der Diener den fünf Personen genähert, oder hätte er sich die Mühe gegeben, sie mehr zu beobachten, so würde er bald bemerkt haben, dass sie nicht so unbefangen da saßen und standen, wie er anzunehmen geneigt war. Es schien sich ein drückendes Etwas über sie gelagert zu haben, welches sich in ihren Worten und Mienen ausdrückte.

Madame Danville, eine hübsche, reich gekleidete, alte Dame mit glänzenden Augen, sah nur so lange zufrieden aus, wie ihre Augen auf ihrem Sohne ruhten, wenn sie sich jedoch zur Braut wandte, so sah ihr Gesicht weniger freundlich aus, sprach sie aber zu dem Bruder der Braut, so wurde sie entschieden düster. Ihr Sohn schien ganz in Glück aufzugehen wenn er mit seiner Braut sprach; allein deren Bruder schien auf ihn denselben Eindruck zu machen, den seine Mutter empfand. Herr Lomaque, der Gutsverwalter, schien in seiner Ergebenheit für die Familie Danville, den Bruder der Braut fast gar nicht zu beachten, und sprach er ja einmal zu ihm, so sah er ihn nicht etwa an, sondern stach dabei mit seinem Stock in das Gras und blickte auf die Wirkungen der scharfen Spitze desselben.

Die Braut war ein hübsches, unschuldiges Wesen mit kindlichen Manieren. Sie sah fast traurig aus und zitterte ein Wenig, wenn ihr Bräutigam ihre Hand ergriff; ängstlich und oft streiften ihre Augen über das Gesicht ihres Bruders. Trotz des Zwanges der Alle ergriffen zu haben schien, bemerkte man doch nicht, wodurch derselbe eigentlich hervorgerufen war.

Louis Trudaine war ein sehr hübscher junger Mann, sein Gesichtsausdruck war ein sehr freundlicher, sein Wesen anziehend aber auch entschlossen. Gewöhnlich sprach er nur wenn er dazu aufgefordert wurde oder wenn er zu antworten hatte. Seine Stimme zeugte von großer Schwermut, und wenn er seine Schwester betrachtete, so lagerte sich tiefe Traurigkeit über sein hübsches Gesicht.

Die Sonne sank tiefer und tiefer, und die Unterhaltung dieser fünf Personen schien mit der Sonne aufhören zu wollen. — Nach längerem Schweigen war es der Bräutigam, der wieder zu sprechen begann:

»Meine liebe Rosa,« sagte er, »sieh’, ich halte diesen prächtig schönen Sonnenuntergang für ein gutes Omen zu unserer Hochzeit; wir werden morgen gutes Wetter haben!«

Die Braut lächelte und errötete

»Glaubst Du in der Tat an Vorbedeutungen, Charles?« fragte sie.

»Meine Liebe,« sagte die alte Dame, bevor noch ihr Sohn Zeit zum Antworten fand, »es ist dabei nichts zu lachen, wenn Charles an Vorbedeutungen glaubt. Du wirst das von ihm selbst hören, wenn Du erst seine Frau sein wirst, und wenn ihr mit einander vertraulicher plaudern werdet. Alles was er ausspricht, ist so wohl begründet, dass ich auch sofort sogar an Vorbedeutungen glauben würde, wenn er den Ausspruch tun würde, dass man daran glauben darf.«

»Ich bitte um Verzeihung, Madame,« sagte Rose, »ich meinte nur —«

»Mein liebes Kind, kennst Du mich so wenig, dass Du annimmst, ich sei beleidigt?«

»Lass Rosa sprechen!« sagte der junge Mann und wandte sich mit diesen Worten zu seiner Mutter, wie ein schmollendes Kind. Die Mutter hatte ihren Sohn bis dahin sehr zärtlich betrachtet, aber jetzt kehrte sie sich unzufrieden ab, zögerte einen Augenblick und flüsterte ihm dann zu: »Tadelst Du mich, dass ich möchte, Du sollst ihr noch werter werden?«

Der Sohn schien aber wenig Notiz von ihren Worten zu nehmen und wiederholte nur: »Lass Rosa sprechen!«

»Ich habe wirklich nichts zu sagen!« entgegnete das junge Mädchen verwirrt.

»O ja, Du wolltest sprechen!«

Während ihr Bräutigam die letzten Worte aussprach, klang feine Stimme so schneidend, dass seine Mutter leise seinen Arm berührte und flüsterte: »Still!«

Die beiden andern Herren sahen unwillkürlich die Braut an, als ihr Bräutigam in diesem Tone sprach. Sie schien erschrocken, aber nicht erzürnt zu sein. Über die Lippen des Verwalters glitt ein seltsames Lächeln, und er bohrte abermals ein großes Loch mit seinem spitzen Stock in die Erde.

Trudaine, der Bruder der Braut seufzte und ging dabei einige Schritte auf und ab, dann schien er sprechen zu wollen; aber Danville unterbrach ihn.

»Verzeihe, meine liebe Rosa,« sagte er, »ich bin so eifersüchtig auf jede Aufmerksamkeit, die auf Dich gerichtet ist, dass ich oft um Kleinigkeiten erzürnt erscheine.«

Dabei küsste er ihre Hand mit großer Zärtlichkeit, aber in seinen Augen lag doch Etwas, was mit seinen Worten in direktem Widerspruch stand. Diese Gegensätze bemerkte jedoch nur Lomaque, der mit einem besonderen Lächeln den Stock noch tiefer in die Erde grub.

»Ich glaube, Herr Trudaine wollte sprechen,« sagte Frau Danville, »vielleicht teilt er uns jetzt mit, was er vorhin sagen wollte.«

»Nein, Madame,« entgegnete Trudaine höflich. »Ich wollte weiter nichts sagen, als dass ich es war, der Rosa gelehrt hat, über Leute zu lachen, die an Vorbedeutungen glauben.«

»Sie verlachen den Aberglauben?« fragte Danville und kehrte sich nach Trudaine um, »Sie, welcher den Kultus der Chemie ausübt? Sie, der Sie sich ein Laboratorium erbaut, um nach dem Wasser des Lebens zu suchen? Auf mein Ehrenwort, Sie setzen mich durch Ihre Ungläubigkeit in Erstaunen!«

Es lag eine höfliche Ironie in Danville’s Worten.

Der Verwalter wie seine Mutter schienen ihn unterbrechen zu wollen. Die Mutter bat leise: »Sei vorsichtig!« Und der Verwalter ließ plötzlich die Grube im Stich, die er mit seinem Stocke gemacht hatte.

Rosa hatte nichts von dem Allen bemerkt, sie blickte nach ihrem Bruder und schien auf seine Antwort gespannt zu sein. Er nickte ihr freundlich zu, bevor er sich zu Herrn Danville wandte.

»Sie haben gewiss keine richtigen Ideen von der Chemie?« fragte er, »haben wenig Gelegenheit gehabt, die geheimen Künste, wie Sie sie bezeichnen, näher kennen zu lernen. Es gibt kein anderes Lebens-Elexir, als ein gesundes Herz und ein zufriedener Geist. Beides habe ich bereits seit Jahren gefunden, und zwar seitdem ich mit meiner Schwester Rosa in jenes kleine Häuschen dort unten einzog.«

Er sprach mit einer so traurigen Stimme, die seine Schwester sehr wohl verstand. — Ihre Augen füllten sich mit Tränen, sie ging zu ihrem Bruder, ergriff seine Hand und sagte: »Louis, Du sprichst ja, als solltest Du Deine Schwester verlieren?« dann hielt sie plötzlich ein, denn ihre Lippen fingen an zu zittern. —

»Er ist eifersüchtiger denn je, dass Du ihm die Schwester nimmst,« sagte Frau Danville leise zu ihrem Sohne.

»Sei still und tue, als ob Du es nicht bemerkst,« setzte sie hinzu, als sie sah, dass er aufstand und Trudaine mit unverhehltem Ärger ins Gesicht blickte. Bevor er zu Trudaine ein Wort sagen konnte, kam der alte Wilhelm und meldete, dass der Kaffee bereitet sei. — Madame Danville nahm den Arm ihres Sohnes, der Rosa den andern freundlich bot, diese sagte: »Ich bin erstaunt darüber, Charles, wie Dein Arm zittert und Dein Gesicht glüht?« — Er lächelte und antwortete: »Rosa, kannst Du nicht erraten warum? — Ich denke an morgen!«

Gerade als er diese Worte aussprach, ging er bei dem Verwalter vorüber, der seinen Stock noch immer als Erdbohrer gebrauchte und der wieder eigentümlich lachte, als er Danville’s Worte vernahm.

»Wollen Sie nicht auch mit uns gehen und Kaffee trinken?« fragte Trudaine den Verwalter, indem er dessen Arm berührte.

Herr Lomaque blickte empor, ließ seinen Stock in der Erde und sagte: »Tausend Dank, mein Herr! Ist es erlaubt, mit zu gehen?«

»Sie denken wohl wie ich? Die Schönheit des Abends ladet Vielmehr ein, hier draußen zu bleiben.«

»Ja, die Schönheiten der Natur entzücken mich auch,« sagte Lomaque und legte dabei die linke Hand auf die Brust, während die rechte wieder den Stock zu drehen begann und ihn aus dem Grase zog. — Aber Lomaque hatte sich, trotz seiner Beteuerung, gerade so wenig um die schöne Abendlandschaft bekümmert, wie Justin. —

Sie setzten sich beide auf die leer gewordene Bank und dann folgte eine Pause in der Unterhaltung. Der stets den Untergebenen spielende Verwalter war viel zu artig und demütig, um ein Gespräch zu beginnen. Trudaine dagegen war mit seinen eigenen Gedanken vollkommen beschäftigt. Allein für lange Zeit konnte man doch nicht so stumm neben einander sitzen, und so sagte denn Trudaine endlich: »Ich bedauere recht, dass wir nicht mehr Gelegenheit haben werden, die hier begonnene Bekanntschaft fortzusetzen.«

»Ja,« erwiderte Lomaque, »und ich bin Madame Danville sehr verbunden, dass sie mich von ihres Sohnes Landsitz, bei Lyon, hier her mitnahm und mir dadurch die Ehre bereitete, mich hier eingeführt zu sehen.«

Lomaque’s Augen zwinkerten freundlich bei dieser höflichen Phrase. Seine Feinde behaupteten zwar, dass er stets mit den Augen zwinkere, wenn er am unaufrichtigsten sei.

»Ich war erfreut, als ich heute hörte, wie Sie bei dem Mittagsessen den Namen meines Vaters nannten, kannten Sie ihn vielleicht?« fragte Trudaine.

»Ich bin Ihrem Herrn Vater, indirekt, sehr verpflichtet,« antwortete der Gutsverwalter, »für meine gegenwärtige Stellung. Ich war einst in der Lage, Fürsprache zu gebrauchen, als ich am Rande zu Armut und Untergang stand, diese Fürsprache hat Ihr Vater für mich getan — Dann bin ich meinen eigenen Weg gegangen, bis ich endlich das Glück hatte, bei Herrn Danville als Verwalter angestellt zu werden.«

»Entschuldigen Sie,« fragte Trudaine, »mich wundert, dass Sie Ihre gegenwärtige Lage so ehrenvoll finden; mich dünkt, Ihr Herr Vater war ein Kaufmann, wie der des Herrn Danville, nur mit dem Unterschiede, dass der Ihrige zu Grunde ging, während der andere sich Reichtümer erwarb?«

»So ist es! Aber haben Sie denn nie gehört, dass Madame Danville von einer sehr hohen Familie abstammt?« fragte Lamaque ängstlich. »Hat Sie es Ihnen denn niemals erzählt, dass sie den Titel ihm Familie, der in der männlichen Linie erloschen ist, auf ihren Sohn übertragen möchte?«

»Ja,« antwortete Trudaine, »aber ich lege auf solche Dinge keinen Wert, darum vergaß ich es auch fast. Sie leben schon seit vielen Jahren in den Diensten Danville’s; bitte, sagen Sie mir doch, haben Sie einen gütigen Herrn an ihm?«

Lomaque’s Lippen schlossen sich mit einem Male so fest, als wenn er die Absicht habe, sie nie mehr zu öffnen. Er bückte sich tief nach vorn über, — «

Trudaine wartete, aber Lomaque bückte sich noch tiefer mit dem Gesicht, als suche er Etwas, dann sah er seinen Gastfreund an und zwinkerte wieder heftig mit den Augen, danach sagte er: »Es scheint, Sie haben ein ganz besonderes Interesse dabei, diese Frage aufrichtig beantwortet zu haben?«

»Gewiss,« entgegnete Trudaine, »das heiligste Interesse, denn es betrifft ja auch das zukünftige Glück meiner Schwester, ob Herr Danville ein guter freundlicher Mensch ist. Ich muss gestehen, als ich hörte, dass die Bewerbungen Danville’s von meiner Schwester gern entgegengenommen wurden, wagte ich es nicht, viel dagegen zu sprechen, obgleich mein Herz nicht ganz für Danville war; ja, ich war sogar recht ängstlich besorgt für ihre Zukunft.«

Lomaque hatte bisher sehr aufmerksam zugehört, dann aber schlug er seine Hände zusammen und sagte: »Sie waren ängstlich? Ängstlich, dass ein außerordentlich hübscher und gebildeter junger Mann von Ihrem Fräulein Schwester geliebt wird? Ängstlich, dass ein solcher Tänzer, Sänger, kurz, ein so mit allen Vorzügen des gesellschaftlichen Lebens ausgestatteter feiner Salonheld das Herz Ihres Schwesterchens eroberte? O Herr Trudaine, verehrter Herr Trudaine, wie können Sie dabei nur einen Augenblick ängstlich sein?«

Mit diesen Worten figurierte Lomaque so stark mit seinen Händen, als erwarte er, das ganze Universum sollte ihm für sein Lob Beifall spenden.

»Nun,« entgegnete Trudaine, »so wünsche ich nur, dass meine arme Rosa sich nicht getäuscht haben mag! Ich will mich gern geirrt haben und will die Bemerkungen, welche ich machte, zu vergessen suchen.«

»Ach,« sagte Lomaque, »ein junger Mann, der, wie Danville, reich und verwöhnt ist von Jugend auf, der hat wohl zuweilen Launen, das ist ganz richtig!«

»Ich bin es mir selbst nicht recht bewusst,« sagte Trudaine, »aber ich habe seit dem Anfange der Bekanntschaft Ihres Herren mit meiner Schwester stets einen seltsamen Eindruck empfunden, wenn ich mit ihm zusammen war. Es war mir, als seien seine Gefühle für meine Schwester nicht aufrichtig, und heute, am Vorabende der Hochzeit, ergreift mich dieses Gefühl mehr denn je. Lange geheime Zweifel, Leiden und Verdacht entringen mir fest unwillkürlich dies Geständnis Sie, Herr Lomaque, haben lange Zeit mit dem zukünftigen Gemahl meiner Schwester unter einem Dach gelebt, Sie haben Gelegenheit gehabt, ihn in bewachten und unbewachten Stunden zu beobachten, ich bitte Sie flehentlich, sagen Sie mir, dass ich mich in Ihrem Herren getäuscht habe, sagen Sie mir, wenn Sie es können, dass meine Schwester durch ihre Heirat mit diesem Manne, soweit voraussichtlich, glücklich werden wird! Hier haben Sie meine Hand, betrachten Sie mich als Ihren Freund!«

Merkwürdiger Weise war Herr Lomaque so in seine Naturbetrachtung versunken, dass er die dargebotene Hand nicht einmal bemerkte, aber er sagte: »Wirklich, Herr Trudaine, wirklich, Ihre Frage setzt mich derartig in Erstaunen, dass —« er stockte und schwieg.

»Als wir uns hier niedersetzten,« sagte Trudaine, »hatte ich auch durchaus nicht die Absicht, Sie so zu fragen, wies ich dies jetzt tat, meine Fragen sind mir fast unwillkürlich entschlüpft und ich sprach fast gedankenlos. Entschuldigen Sie! Ich bin daran gewöhnt, offen zu sprechen, seitdem ich hier mit meiner Schwester lebe. Vater, Mutter und Geschwister sind uns genommen, meine Schwester und ich lebten hier ziemlich ruhig und glücklich zusammen; ich betrachtete mich eher als den Vater wie als Bruder meiner Schwester, da ich so viel älter bin als sie. Mein ganzes Leben, meine teuersten Hoffnungen, meine höchsten Erwartungen waren mit den ihrigen eng verbunden. Kaum war ich den Knabenjahren entwachsen, als meine Mutter die Hand meiner kleinen Schwester in die meinige legte und sagte: »Louis, sei Deiner kleinen Schwester Alles, was ich ihr war, sie hat nur noch Dich auf Erden!« Dann starb die Gute.

»Seitdem habe ich nur meiner Schwester gelebt. Schwester Rosa, wie ich sie stets nannte und nennen werde, war das einzige Glück meines Lebens, sie war mein Trost in Leid; kurz, mein einziger kostbarer Schatz. Ich lebte in diesem kleinen stillen Hause, wie in einem Paradiese, weil meine unschuldige, liebe und gute Schwester Rosa in meiner Nähe war. Nun kommt der Gemahl ihrer Wahl und entzieht sie mir. Ah, man muss fühlen, wie ich fühle, fürchten, wie ich fürchte, nur dann kann man beurteilen, was ich am Vorabende ihrer Verheiratung empfinde. Nachdem ich Ihnen dies nun Alles mitgeteilt, mein Herr, werden Sie sich vielleicht nicht mehr über meine Frage wundern. Sprechen Sie nun, wenn Sie wollen, ich habe nichts mehr hinzuzufügen.« Er seufzte bitterlich, ließ seinen Kopf auf die Brust sinken und die Hand, welche er Lomaque hingereicht hatte, fiel schlaff an seine Seite nieder.

Der Gutsverwalter war kein Mann des Zögerns, aber hier zögerte er doch; dann sagte er: »Nehmen wir an, dass Sie ihm Unrecht tun, würde das Zeugnis, welches ich abgeben könnte, wirklich stark genug sein. Ihre Annahme zu erschüttern, da sich der Verdacht gegen meinen Herren bei Ihnen nach und nach noch mehr befestigt hat? Nehmen wir an, mein Herr hätte wirklich — Lomaque zögerte — hätte wirklich seine kleinen Schwächen, das heißt, vergessen Sie nicht, ich stelle nur Hypothesen auf, und nehmen wir an, ich beobachtete dieselben und wäre geneigt, sie Ihnen mitzuteilen, welchen Zweck könnte das jetzt in den letzten Stunden vor der Hochzeit haben? Nun —«

Trudaine blickte plötzlich auf und sagte, »Sie haben Recht, Herr Lomaque, es ist zu spät, sich auf Andere zu verlassen, zu spät, um die Angelegenheit zu ändern. Meine Schwester hat gewählt und über den Gegenstand ihrer Wahl werden meine Lippen fortan schweigen. Die Zukunft mag Gott schützen. Was auch immer kommen mag, ich werde es männlich zu tragen wissen. Ich bitte Sie nun um Verzeihung! Herr Lomaque, denn ich fühle, ich hatte kein Recht zu fragen. Kommen Sie mit mir zu dem Hause zurück; ich werde Ihnen den Weg dahin zeigen.«

Lomaque’s Lippen öffneten sich zum Sprechen, allein er besann sich, verneigte sich und stand auf, um der Einladung zu folgen.

Trudaine legte den Weg schweigend zurück und der Verwalter folgte ihm in der Entfernung von einigen Schritten und flüsterte zu sich selbst: »Sein Vater war mein Erretter! — Hier bin ich nun? — Doch es ist zu spät zum Sprechen, zu spät zum Handeln, zu spät für jede Unternehmung in dieser Angelegenheit!« —

Nahe bei dem Hause begegneten sie dem alten Bedienten, welcher sagte, dass seine junge Herrin ihn eben nach den beiden Herren ausgeschickt habe, sie zum Kaffee zu holen, »und,« setzte er hinzu: »Fräulein Rosa hat den beiden Herren ihren Kaffee warm gestellt.« —

»Was?« sagte der Gutsverwalten »Fräulein Rosa hat sich die Mühe genommen, auch an mich zu denken?« Der alte Bediente blickte ihn verwundert an und selbst Trudaine blieb stehen, sah sich um und sagte: »Was ist denn da zu verwundern, meine Schwester ist stets aufmerksam auf die Bequemlichkeit und Genüsse Anderer.«

»Entschuldigen Sie mich, Herr Trudaine,« erwiderte Lomaque, »Sie haben ein ganz anderes Leben geführt als ich, sind nicht ein überall übersehener und vergessenen alter Mann, man hat Sie in der Welt aufmerksam behandelt, so ging es mir nicht! Es ist das erste Mal, dass eine junge feine Dame an mich denkt, dies erklärt wohl meine Überraschung!«

Trudaine machte keine weiteren Bemerkungen zu dieser Erklärung. Er wunderte sich nur ein Wenig, wunderte sich aber nach mehr, als er sah, wie Lomaque, als sie in das Zimmer traten, auf seine Schwester zu ging und sich für den aufgehobenen Kaffee bedankte, während Danville bei der Harfe beschäftigt war, ein Lied zu intonieren Rosa schien überrascht und hätte ihm beinahe ins Gesicht gelacht für feinen Dank, so natürlich fand sie das, was sie getan hatte. Madame Danville saß an ihrer Seite und berührte den Arm des Verwalters mit ihrem Fächer.

»Schweigen Sie doch, mein Sohn wird singen!« sagte sie.

Lomaque machte eine tiefe Verbeugung, zog sich in eine Ecke zurück und fing an, die Zeitung zu lesen. Wenn Madame Danville das Gesicht Lomaque’s beobachtet hätte, als er sie verließ, mochte sie wohl in ihrem aristokratischen Stolze stark gekränkt gewesen sein.—

Danville hatte den Gesang beendet und stand nun neben seiner Braut und flüsterte mit ihr; Madame Danville warf dann und wann ein Wort dazwischen; Trudaine saß und las in einem Briefe, welchen er aus seiner Tasche gezogen hatte, als Lomaque, der noch immer über den Zeitungen saß, einen Ausruf der Verwunderung hören ließ.

Aller Augen richteten sich auf ihn. »Was gibt es?« fragte Danville ungeduldig.

»Werde ich Sie vielleicht stören, wenn ich erkläre?« fragte Lomaque, zu der alten Dame gewendet.

»Sie haben uns schon gestört,« antwortete diese, »Was haben Sie also?«

»Es ist eine Stelle über eine Wissenschaft, die mir stets ein reges Interesse verursachte,« sagte Lomaque »und die noch besonders dazu geeignet ist, Jeden der hier Anwesenden zu interessieren « Und er las:

»Akademie der Wissenschaften zu Paris.

»Die unbesetzt gewesene Stelle eines Professors der Chemie ist zu unserer Freude einem Manne zu Teil geworden, dessen bescheidene Zurückgezogenheit daran Schuld ist, dass die Welt seine Verdienste noch nicht allgemeiner kennt. Den Mitgliedern der Akademie der Wissenschaften ist er indes schon lange als der Verbesserer der merkwürdigsten Erzeugnisse der Chemie vorteilhaft bekannt. Kein Mann ist mehr geeignet, alles Dasjenige zu erfüllen, was eine so hervorragende und bedeutende Stellung wie diese, erfordert als der ernannte Herr — Louis Trudaine.«

Bevor Lomaque beobachten konnte, welchen Eindruck die Zeitungsnachricht auf die Anwesenden hervorgebracht hatte, war Rosa ausgestanden und küsste ihren Bruder herzlich ab.

»Teurer Louis,« rief sie aus, »lass mich die Erste sein, die Dir zu diesem Posten gratuliert! Wie stolz und erfreut bin ich über diese Nachricht! Du nimmst doch die Professur an?«

Trudaine hatte den Brief, den er gerade las, schnell in seine Tasche gesteckt und indem er die Hand seiner Schwester in die seinige nahm sagte er: »Ich habe es mir noch nicht überlegt, Schwester Rosa, frage mich jetzt noch nicht danach.« Und eine plötzliche Traurigkeit zog über sein Gesicht, als er seine Schwester wieder zu ihrem Stuhl zurück geführt hatte.

»Bitte, ist eine Professor-stelle geeignet, gut davon zu leben, z.B. wie ein Edelmann?« fragte Madame Danville, ohne ein besonderes Interesse für diese Nachricht an den Tag zu legen.

»Gut nicht,« erwiderte ihr Sohn, sarkastisch lachend. »Ein solcher Professor muss arbeiten und sich nützlich zu machen suchen, welcher Edelmann gibt sich dazu her?«

»Charles,« rief die alte Dame verweisend aus.

»Bah!« antwortete ihr Sohn und drehte ihr den Rücken. »Doch genug von der Chemie! Da Sie einmal angefangen haben zu lesen, Lomaque, was gibt es denn Neues von Paris? Sind keine Nachrichten über die Revolution darin?«

Lomaque wendete das Zeitungsblatt um. »Schlechte, sehr schlechte Nachrichten sind darin! Man kann die Ruhe nicht wieder herstellen,« sagte er. »Necker, der Volksminister ist abgesetzt. An allen Ecken von Paris sind Plakate, welche die Volksversammlungen verbieten. Die Schweizergarde ist mit vier Stück Geschütz nach den Champs Elysées beordert. Mehr ist noch nicht bekannt, aber man fürchtet das Schlimmste. Der Bruch zwischen Aristokratie und Volk wird von Stunde zu Stunde größer.«

Nun hielt er an und legte die Zeitung nieder. Trudaine nahm das Blatt und überflog die eben gelesenen Sätze noch ein Mal.

»Bah,« rief Madame Danville aus, »wenn die Schweizergarde ihre Geschütze auf das Volk feuert, so ist es tot und man hört nie wieder ein Wort darüber!«

»Ich glaube, Du irrst Dich Mutter,« sagte der Sohn.

»Es gibt mehr Volk in Paris, als wie die 158 Schweizergarde zusammenzuschießen vermag. Die Aristokraten mögen nur ihre stolzen Köpfe steif halten, denn man weiß eigentlich noch nicht, woher der Wind weht. Wer weiß, ob ich mich nicht in diesen Tagen vor dem König »Volk« so verbeuge, wie einst vor Louis XV.«

Er lachte als er geendet hatte und öffnete seine Schnupftabacksdose, um eine Priese zu nehmen; aber seine Mutter sprang ganz entrüstet von ihrem Sitze auf und sagte: »Ich kann Dich nicht hören! Du bringst mich in Verzweiflung mit Deinem Hohn! Wie kann mein Sohn, den ich erzogen habe und den ich liebe, eine solche Sprache führen? Ist das der Lohn dafür, dass ich gegen alle Regeln der Etiquette einen Tag vor der Hochzeit hier her gekommen bin? Doch jetzt breche ich auf, ich bleibe nicht hier! Die Hochzeit muss bei uns stattfinden, so gehört es sich, bei der Familie des Bräutigams! Du stehst mich nicht wieder, bis Du zur Kirche gehst. Justin, den Wagen! Lomaque, meine Kopfbedeckung! Dank für Ihre Gastfreundschaft! Fräulein, kleiden Sie sich morgen hübsch; Bedenken Sie, dass Sie die Braut meines Sohnes sind! Justin, Du Vagabund, wo ist mein Wagen? Du abscheulicher Dummkopf, wo ist die Kutsche? Ich will nach Ruoen zurück!« So tobte die Alte.

»Meine Mutter sieht gut aus, wenn sie in Wut kommt, Rosa, nicht wahr?« fragte Danville, und schnupfte ruhig weiter, während die alte Dame aus dem Zimmer segelte.

»Warum bist Du so erschrocken, meine Liebe?« fragte er und nahm ihre Hand. »Meine Mutter hat die schwache Seite, stolz zu sein; so lange man diese nicht verletzt, ist sie sanft wie eine Taube. Mache mir doch ein freundliches Gesicht, Rosa! Sende mich nicht diese Nacht so von Dir!« Dann bückte er sich und flüsterte seiner Braut Etwas zu, was ihr das Blut in die Wangen trieb.

»Ah, wie sie ihn liebt! Wie heiß sie ihn liebt,« sagte ihr Bruder, der sie von einer Ecke des Zimmers aus beobachtete, als er sah, wie ihre Augen glänzten, als Danville ihre Hand küsste

Lomaque hatte die Zornausbrüche der alten Frau ruhig mit angehört und die Szene zwischen Mutter und Sohn mit sarkastischem Lächeln begleitet.

Nachdem er sich erhoben, grüßte er Rosa mit einer Art Grazie, die seltsam zu seinem faltigen sarkastischen Gesicht passte, und reichte ihrem Bruder die Hand mit den Worten: »Als wir heute zusammen auf der Bank saßen, nahm ich Ihre Hand nicht an, jetzt biete ich Ihnen aber die meinige!« — Trudaine nahm sie schweigend, aber der alte Lomaque setzte hinzu: »In einigen Tagen werden Sie Ihre Ansicht über mich ändern!« Dann verneigte er sich noch einmal vor der Braut und ging hinaus. Nachdem Alle fort, und Bruder und Schwester allein waren, mochten beide wohl denken: »Dies ist die letzte Nacht, die wir unter einem Dach allein verleben!«

Rosa brach das Schweigen zuerst und sagte: »Ich bin recht besorgt, wie es dem armen Charles gehen wird, glaubst Du, dass seine Mutter ihm sehr böse sein wird?«

»Ich finde, dass seine Mutter Recht hat, mit seiner Unart und Rücksichtslosigkeit für sie, unzufrieden zu sein!« erwiderte der Bruder.

»Ach Louis,« sagte die Braut, »könnte ich Dich doch lehren, meinen Charles mit meinen Augen zu betrachten. Ich fühle, Du liebst ihn nicht.«

»Du wirst es mich lehren, Rosa, Du wirst es!« antwortete Louis Trudaine, dabei legte er seinen Arm um die Schwester und führte sie zu einem Stuhl, denn er sah, dass ihre Augen mit Tränen gefüllt waren.

»Meine nicht, süße Rosa,« setzte er hinzu. »Morgen ist Dein Hochzeitstag und Du sollst nicht mit vermeinten Augen Deinen Ehrentag feiern.« — Es wurde an die Tür geklopft und die Dienerin erschien, um sich noch Befehle für den bedeutungsvollen Tag zu holen. Es war eine sehr geeignete Unterbrechung, denn jetzt war das junge Mädchen reichlich beschäftigt mit dem Anordnen, und ihr Bruder zog sich nun auch in sein Studierzimmer zurück.

Er setzte sich recht gedrückten Herzens an sein Schreibpult und breitete den Brief der Akademie der Wissenschaften vor sich aus.

Nachdem er Alles noch einmal überlesen hatte, blieben seine Augen an einer Stelle haften, die lautete: »Während der ersten drei Jahre Ihrer Anstellung sind Sie jedoch verpflichtet, neun Monate in oder nahe bei Paris zu leben, um die Arbeiten des Laboratoriums nicht aus den Augen zu verlieren.«

Immer hatte er es sich gewünscht, seine Forschungen mit größeren Mitteln unterstützen zu können, jetzt war ihm durch dieses Anerbieten das ganze große pariser Laboratorium mit allen seinen Apparaten erschlossen und — er zögerte doch die Stelle anzunehmen, weil er gezwungen war, seiner Schwester, während neun Monate des Jahres, fern zu sein. — Und doch war er ihres Glückes und ihrer Ruhe so sehr unsicher, nach dem was er für ihren Verlobten fühlte.

Er zögerte noch fünf Minuten unentschlossen, ob er die Stellung annehmen oder ablehnen sollte. — Immer aber trat das leidenschaftliche Weib, die nun die Schwiegermutter seiner Schwester werden sollte, und der junge Mann, der ihr natürlicher Beschützer fortan sein würde, vor seine Augen. — Er nahm ein leeres Blatt Papier aus dem Tischkasten, tauchte die Feder ein und sagte: »Nein, ich nehme die Professur nicht an! Eingedenk der letzten Worte meiner Mutter will ich lieber meinen Lieblingsstudien diese schöne Aussicht versagen und nur meiner Schwester leben.« Er schrieb, siegelte den Brief und steckte ihn dann gleich in den Postbeutel, der in der Nähe des Tisches lag. Bei der letzten Handlung zögerte er indes doch ein wenig und er zog den Brief wieder heraus mit den Worten: »Guter Rat kommt über Nacht! Ich will mit der Absendung des Briefes doch bis morgen warten,« dann steckte er ihn in seine Tasche und verließ schnell das Laboratorium. «


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