Die Traumfrau
Kapitel IV
Drei Wochen nach diesem Tag waren Isaac und Rebecca Mann und Frau. Alles, was hoffnungslos halsstarrig und eigensinnig im natürlichen Charakter des Mannes war, schien sich um seine unglückselige Leidenschaft geschlossen zu haben, und sich unangreifbar in seinem Herzen festgesetzt zu haben.
Nach diesem ersten Gespräch im Empfangszimmer des Landhauses konnte keine Betrachtung Mrs. Scatchard dazu bewegen, die Frau ihres Sohnes noch einmal zu sehen, nicht einmal dazu, von ihr zu sprechen, wenn Isaac nach ihrer Heirat noch so sehr versuchte, ihre Angelegenheiten bei ihr zu vertreten.
Diese Verhaltensweise war in keinster Weise durch die Entdeckung der Erniedrigung veranlasst, in der Rebecca gelebt hatte. Es bestand darüber zwischen Mutter und Sohn kein Zweifel. Es bestand auch sonst keine Uneinigkeit außer bei der erschreckenden Ähnlichkeit zwischen der lebenden Frau und der gespenstischen Frau aus Isaacs Traum.
Rebecca ihrerseits fühlte weder die geringste Sorge noch beklagte sie sich über die Entfremdung zwischen ihr und ihrer Schwiedermutter. Isaac hatte um des Friedens willen nie ihrem ersten Gedanken widersprochen, wonach Alter und lange Krankheit den Geist Mrs. Scatchards beeinträchtigt hatten. Er erlaubte seiner Frau sogar, ihm Vorwürfe darüber zu machen, dass er ihr zur Zeit ihrer Verlobung dies nicht gestanden hatte, weil er lieber die Wahrheit verbarg, als durch diese etwas zu riskieren. Das Opfer seiner Rechtschaffenheit für seinen alles beherrschenden Wahn schien nur wenig zu sein und kostete ihn seinen Anstand, aber wenig nach all den Opfern, die er bereits gebracht hatte.
Die Zeit des Erwachens aus seiner Täuschung – die grausame und reumütige Zeit – war nicht weit entfernt. Nach einigen ruhigen Monaten im Ehestand, als der Sommer zu Ende ging und sich die Zeit dem Monat seines Geburtstags näherte, fand Isaac seine Frau verändert gegen ihn. Sie wurde mürrisch und verachtend; sie pflegte Bekanntschaften der gefährlichsten Art trotz seiner Einwände, seines Flehens und seiner Anordnungen; und was das schlimmste war, sie lernte nach jeder neuen Streitigkeit mit ihrem Mann, die tödliche Selbstvergessenheit im Trinken zu suchen. Nach und nach, nachdem er die erste elende Entdeckung gemacht hatte, dass seine Frau mit Trinkern verkehrte, zwang sich Isaak die schockierende Gewissheit auf, dass sie selbst zu einer Trinkerin geworden war.
Er war in einem verzagten und traurigen Zustand gewesen, bevor sich diese Misere in seinem Haushalt ereignete. Um die Gesundheit seiner Mutter, wie er dies nur zu deutlich bei jedem Besuch bei ihr auf dem Hof wahrnehmen konnte, stand es zunehmend schlechter, und er machte sich selbst im geheimen Vorwürfe, dass er die Ursache für das körperliche und geistige Leiden sei, das sie ertragen musste. Als zu den Gewissensbissen, die er wegen seiner Mutter hatte, noch die Scham und das Elend kamen, die durch die Entdeckung der Erniedrigung seiner Frau hinzukam, zerbrach er unter dieser doppelten Last – sein Gesicht begann sich schnell zu verändern und er sah aus wie ein gebrochener Mann, was er auch war.
Seine Mutter, die noch immer tapfer gegen die Krankheit ankämpfte, die sie ins Grab bringen sollte, war die erste, die die traurige Änderung an ihm bemerkte und die erste, die von dem letzten schlimmsten Fehler seiner Frau hörte. Sie konnte nur bitterlich weinen an dem Tag, als er ihr dieses erniedrigende Geständnis machte, aber bei der nächsten Gelegenheit, als er sie besuchte, hatte sie einen Beschluss bezüglich seiner häuslichen Trübsal gefasst, die ihn erstaunten und ihn sogar ängstigten. Er fand sie bereit, außer Haus zu gehen und als er sie nach dem Grund fragte, erhielt er diese Antwort:
»Ich werde nicht mehr lange auf dieser Welt sein, Isaac«, sagte sie, »und ich werde mich auf meinem Totenbett nicht wohl fühlen, wenn ich nicht mein Bestes und mein letztes dafür getan habe, um meinen Sohn glücklich zu machen. Ich will meine eigenen Ängste und Gefühle nicht in Betracht kommen lassen und will mit dir zu deiner Frau gehen und versuchen, was ich kann, um sie wieder zur Besinnung zu bringen. Gib mir deinen Arm, Isaac, und lass mich das letzte tun, was ich in dieser Welt tun kann, um meinem Sohn zu helfen, bevor es zu spät ist.«
Er konnte ihr nicht widersprechen und sie gingen langsam zusammen zu seinem unglücklichen Heim.
Es war erst ein Uhr nachmittags, als sie das Landhaus erreichten, in dem er lebte. Es war ihre Mittagszeit und Rebecca war in der Küche. Er war deshalb imstande, seine Mutter leise in den Salon zu bringen und dann seine Frau auf das Gespräch vorzubereiten. Sie hatte glücklicherweise wenig zu dieser frühen Stunde getrunken und sie war weniger mürrisch und launenhaft als gewöhnlich.
Er kehrte einigermaßen beruhigt zu seiner Mutter zurück. Seine Frau folgte ihm in den Salon und das Treffen zwischen ihr und Mrs. Scatchard verlief besser, als er anzunehmen gewagt hatte, obwohl er mit geheimer Besorgnis beobachtete, dass seine Mutter, so entschlossen sie sich auch in anderen Beziehungen kontrollierte, seiner Frau nicht ins Gesicht schauen konnte, wenn sie mit ihr sprach. Es war daher für ihn eine Erleichterung, als Rebecca begann, den Tisch zu decken.
Sie deckte den Tisch, brachte den Brotkasten herein und schnitt eine Scheibe von dem Laib für ihren Ehemann ab, danach kehrte sie in die Küche zurück. In diesem Augenblick wurde Isaac, der noch immer besorgt seine Mutter beobachtete, davon aufgeschreckt, dass er dieselbe grauenhafte Veränderung an ihrem Gesicht wahrnahm, die es so schrecklich am Morgen, als Rebecca und sie zum ersten Mal aufeinandertrafen, entstellt hatte. Bevor er ein Wort sagen konnte, flüsterte sie mit dem Ausdruck des Grauens:
»Bring mich zurück – nach Hause, nach Hause, Isaac. Komm mit mir und kehre nie wieder zurück.«
Er hatte Angst davor, eine Erklärung zu verlangen; er konnte ihr nur bedeuten, still zu sein und ihr schnell zur Tür zu helfen. Als sie an dem Brotkasten vorbeiging, hielt sie an und zeigte darauf:
»Hast du gesehen, mit was deine Frau dein Brot geschnitten hat?« fragte sie, leise flüsternd.
»Nein, Mutter – ich habe es nicht bemerkt – was war es?«
»Sieh dort!«
Er sah dorthin. Ein neues Klappmesser mit Hirschhorngriff lag beim Laib im Brotkasten. Er streckte schaudernd seine Hand aus, um sich dessen zu bemächtigen; aber im selben Moment kam ein Geräusch aus der Küche und seine Mutter fasste ihn am Arm.
»Das Messer aus dem Traum! Isaac, ich bin starr vor Schreck. Bring mich weg, bevor sie zurückkommt.«
Er war kaum fähig, sie zu stützen. Die sichtbare, handfeste Existenz des Messers versetzte ihn in Panik, und zerstörte irgendwelche schwachen Zweifel vollkommen, die er je bis jetzt in Verbindung mit der rätselhaften Warnung durch einen Traum unterhalten hatte, welcher schon fast acht Jahre zurücklag. Mit einer letzten verzweifelten Anstrengung bot er genügend Selbstbeherrschung auf, um seiner Mutter aus dem Haus zu helfen – so still, dass die »Traumfrau« (er nannte sie nun in Gedanken bei diesem Namen) sie in der Küche nicht hörte, wie sie das Haus verließen.
»Geh nicht zurück, Isaac – geh nicht zurück!« flehte Mrs. Scatchard, als er sich umdrehte, um zurückzugehen, nachdem er sah, dass sie wieder sicher in ihrem eigenen Zimmer saß.
»Ich muss das Messer holen«, antwortete er murmelnd. Seine Mutter versuchte ihn aufzuhalten, aber er eilte ohne ein weiteres Wort hinaus.
Bei seiner Rückkehr sah er, dass seine Frau ihre heimliche Abreise entdeckt hatte. Sie hatte getrunken und war in einer leidenschaftlichen Raserei. Das Mittagessen in der Küche war unter den Rost geschleudert worden; die Tischdecke war nicht mehr auf dem Salontisch. Wo war das Messer?
Er fragte unklugerweise danach. Sie war nur zu erfreut darüber, eine Gelegenheit zu haben, ihn zu reizen, was die Frage ihr erlaubte. Er wollte das Messer, nicht wahr? Konnte er ihr einen Grund dafür geben? Nein! Dann sollte er es nicht haben – nicht wenn er nicht auf seine Knie ging, um darum zu bitten. Weitere Beschuldigungen enthüllten auch den Sachverhalt, dass sie das Messer zu einem günstigen Preis erstanden hatte und dass sie es als ihr eigenes besonderes Eigentum betrachtete. Isaac erkannte, dass der Versuch, das Messer auf anständige Weise zu erhalten, nutzlos war und entschloss sich insgeheim dazu, es nachmittags zu suchen. Die Suche war erfolglos, die Nacht brach herein und er verließ das Haus, um auf den Straßen spazierenzugehen. Er hatte nun Angst davor, im selben Raum wie sie zu schlafen.
Drei Wochen vergingen. Noch immer war sie mürrisch und aufgebracht und würde nicht von dem Messer Abstand nehmen; und noch immer hielt ihn die Furcht davor, mit ihr im selben Raum zu schlafen, ergriffen. Er streifte nachts umher, schlief im Empfangszimmer ein oder er wachte am Bett seiner Mutter. Vor Ablauf der ersten Woche im neuen Monat starb seine Mutter. Es wären nur noch zehn Tage bis zum Geburtstag ihres Sohnes gewesen. Sie hatte sich ersehnt, bis zu diesem Jubiläum zu leben. Isaac war bei ihrem Tod zugegen und ihre letzten Worte in dieser Welt an ihn waren die folgenden:
»Geh nicht zurück, mein Sohn, geh nicht zurück!« Er war aber gezwungen, zurückzugehen, und sei es nur, um seine Frau zu beobachten. Außer sich bis zum letzten wegen seines Argwohns ihr gegenüber hatte sie seinem Kummer rachsüchtig einen weiteren Stachel hinzuzufügen gesucht während der Krankheit seiner Mutter, indem sie erklärte, sie würde ihr Recht geltend machen, der Beerdigung seiner Mutter beizuwohnen. Trotz allem, was er tun oder sagen konnte, hielt sie mit boshafter Hartnäckigkeit Wort und am für das Begräbnis festgesetzten Tag zwang sie sich – wutentbrannt und schamlos betrunken – in die Gegenwart ihres Ehemanns und erklärte, sie würde im Trauerzug zum Grab seiner Mutter gehen.
Diese letzte schlimmste Schandtat, von allen am kränkendsten in Wort und Bild, machten ihn für einen Moment rasend. Er schlug sie.
Im Augenblick, als der Hieb ausgeteilt war, bereute er ihn. Sie kauerte sich still in eine Ecke des Zimmers und beäugte ihn stetig; es war ein Blick, der sein heißes Blut abkühlte und ihn erzittern ließ. Aber es war keine Zeit mehr, darüber nachzudenken, wie Sühne zu leisten wäre. Ihm blieb nichts übrig, als das Schlimmste zu riskieren, bis das Begräbnis vorüber war. Es gab nur einen Weg, sich ihr zu versichern. Er schloss sie im Schlafzimmer ein.
Als er einige Stunden später zurückkam, fand er sie am Bettrand sitzend wieder, in Blick und Haltung sehr verändert, mit einem Bündel auf ihrem Schoß. Sie erhob sich, blickte ihn still an und sprach mit einer seltsamen Stille in ihrer Stimme, einer seltsamen Ruhe in ihren Augen und einer seltsamen Fassung in ihrem Benehmen.
»Kein Mann hat mich je zwei Mal geschlagen«, sagte sie. »und mein Ehemann soll keine zweite Gelegenheit haben. Öffne die Tür und lass mich gehen. Von diesem Tag an werden wir uns nie wieder sehen.«
Bevor er antworten konnte, ging sie an ihm vorüber und verließ das Zimmer. Er sah sie die Straße hinauf weggehen.
Würde sie zurückkehren?
Die ganze Nacht wachte und wartete er, aber man hörte in der Nähe des Hauses keine Fußtritte. In der nächsten Nacht legte er sich, übermächtigt von der Müdigkeit, in seinen Kleidern ins Bett, die Tür war geschlossen, der Schlüssel lag auf dem Tisch und die Kerze brannte. Sein Schlummer wurde nicht gestört. Es verging die dritte, die vierte, die fünfte und die sechste Nacht, und nichts passierte.
Er legte sich in der siebten Nacht schlafen, noch immer in seinen Kleidern, noch immer mit geschlossener Tür, dem Schlüssel auf dem Tisch und einer brennenden Kerze, aber ruhiger in seinem Geist.
Mit leichterem Geist und in vollkommener körperlicher Gesundheit schlief er ein. Aber seine Ruhe wurde gestört. Er wachte zweimal, ohne Unbehaglichkeit zu verspüren, auf. Aber beim dritten Mal war es dieses unvergessliche Schaudern aus der Nacht in dem einsamen Gasthof, dieser schreckliche ziehende Schmerz im Herzen, welcher ihn einmal mehr in einem Moment wachrüttelte.
Seine Augen öffneten sich und blickten zur linken Seite des Bettes und dort stand – wieder die Traumfrau? Nein! Seine Frau; die lebende Realität, mit dem Gesicht des Traumphantoms und der Haltung des Traumphantoms; der schöne Arm oben, das Messer ergriffen in der zierlichen weißen Hand.
Er sprang zu ihr fast im Augenblick, als er sie sah, und doch nicht schnell genug, um sie daran zu hindern, das Messer zu verbergen. Ohne ein Wort von ihm – ohne einen Schrei von ihr – fesselte er sie an einen Stuhl. Mit einer Hand tastete er ihren Ärmel nach oben ab und dort, wo die Traumfrau das Messer versteckt hatte, hatte auch seine Frau es versteckt – das Messer mit dem Hirschhorngriff, das aussah wie neu.
In der Hoffnungslosigkeit des schrecklichen Augenblicks war sein Verstand wach und sein Herz ruhig. Er schaute sie unbeweglich mit dem Messer in seiner Hand an und sagte diese letzten Worte:
»Du hast zu mir gesagt, dass wir uns nie wieder sehen werden, und du bist zurückgekommen. Die Reihe ist nun an mir zu gehen, und zwar für immer. Ich sage, dass wir uns nie wieder sehen werden und ich werde mein Wort nicht brechen.«
Er verließ sie und zog in die Nacht hinaus. Es war ein rauer Wind draußen und der Geruch von frischem Regen lag in der Luft. Die entfernte Kirchenuhr schlug die Viertelstunde, als er schnell an den letzten Häusern der Vorstadt vorüberging. Er fragte den ersten Polizisten, den er traf, welche Stunde es war, für die es die Viertelstunde gerade geschlagen hatte.
Der Mann schaute verschlafen auf seine Uhr und antwortete: »Zwei Uhr.« Zwei Uhr morgens. Welcher Tag im Monat war dieser Tag, der gerade begonnen hatte? Er zählte vom Tag der Beerdigung seiner Mutter. Die verhängnisvolle Parallele war vollständig: es war sein Geburtstag!
War er der tödlichen Gefahr entronnen, welche sein Traum vorausgesagt hatte? Oder hatte er nur eine zweite Warnung erhalten?
Als dieser beunruhigende Zweifel sich in seinem Verstand verfestigte, hielt er an, überlegte und wandte sich wieder zurück zur Stadt. Er war noch immer entschlossen, sein Wort zu halten und sie ihn nie wieder sehen zu lassen; aber es gab nun den Gedanken in seinem Knopf, sie beobachten und verfolgen zu lassen. Das Messer war in seinem Besitz; die Welt lag vor ihm; aber ein neues Misstrauen ihr gegenüber – eine unbestimmte, unsägliche, abergläubische Furcht hatte ihn überkommen.
»Ich muss wissen, wohin sie geht, nun, da sie denkt, ich hätte sie verlassen«, sagte er zu sich selbst, als er sich ermüdet zu dem Gehweg seines Hauses hinstahl.
Es war noch immer dunkel. Er hatte die Kerze im Schlafgemach brennen lassen, aber als er nun zu dem Fenster des Zimmers hinaufschaute, war dort kein Licht. Er schlich vorsichtig zur Haustür. Er erinnerte sich, dass er sie beim Weggehen geschlossen hatte; als er sie nun probierte, fand er sie geöffnet.
Bis zum Morgengrauen wartete er draußen, wobei er nie das Haus aus den Augen verlor. Dann wagte er sich hinein – er horchte und hörte nichts – schaute in die Küche, die Spülküche, das Empfangszimmer und fand nichts; er ging endlich hinauf in das Schlafzimmer – es war leer. Ein Dietrich lag auf dem Boden, welcher erkennen ließ, wie sie in der Nacht Zutritt erlangt hatte, doch dies war die einzige Spur von ihr.
Wohin war sie gegangen? Keine sterbliche Zunge konnte ihm dies sagen. Sie war im Schutz der Dunkelheit geflohen; und als der Tag anbrach, konnte niemand sagen, wo das Licht sie entdeckt hatte.
Bevor er Haus und Stadt für immer verließ, gab er einem Freund und Nachbar Anweisungen, seine Möbel für alles, was sie einbringen würden, zu verkaufen und die Erlöse dafür zu verwenden, die Polizei für die Verfolgung nach ihr einzusetzen. Den Anweisungen wurde aufrichtig Folge geleistet und das ganze Geld wurde verbraucht, jedoch führten die Ermittlungen zu nichts. Der Dietrich auf dem Schlafzimmerboden blieb die letzte, einzige Spur der Traumfrau.
An diesem Punkt stockte der Gastwirt und schaute, während er sich dem Fenster des Zimmers, an dem wir saßen, zugewandt hatte, in die Richtung der Stallungen.
»So weit«, sagte er, »habe ich ihnen erzählt, was mir erzählt wurde. Das wenige, was noch hinzuzufügen bleibt, kann ich aus eigenen Erfahrungen berichten. Zwischen zwei und drei Monaten nach den Ereignissen, die ich gerade geschildert habe, kam Isaac Scatchard zu mir, welk und vor seiner Zeit gealtert, gerade so wie Sie ihn heute sehen. Er hatte seine Empfehlungsschreiben, die ihm einen guten Leumund ausstellten und er fragte hier nach einer Anstellung. Ich wusste, dass meine Frau und er entfernt verwandt waren und machte mit ihm unter Betrachtung dieser Verwandtschaft einen Versuch und ich mochte ihn trotz seiner seltsamen Angewohnheiten. Er ist ein schlichter, ehrlicher und bereitwilliger Mann, wie man ihn in ganz England findet. Was seine Ruhelosigkeit des Nachts und das Verschlafen seiner Freizeit tagsüber betrifft, wer kann sich noch darüber wundern, nachdem man seine Geschichte gehört hat? Überdies widerspricht er nie, wenn man ihn weckt, falls er gebraucht wird, es gibt also letztlich nicht viel Unannehmlichkeiten, über die man sich beschweren könnte.«
»Ich vermute, er hat Angst vor dem schrecklichen Traum und davor, daraus im Dunkeln zu erwachen?«
»Nein«, entgegnete der Gastwirt, »Der Traum hat ihn so oft heimgesucht, dass er ihn nun ziemlich gleichgültig erträgt. Es ist seine Frau, die ihn des Nachts wachhält, wie er mir oft erzählt hat.
»Was? Hat man nie wieder etwas von ihr gehört?«
»Niemals. Isaac hat den einen beständigen Gedanken, dass sie noch lebt und nach ihm sucht. Ich glaube, er würde sich nicht mal für alles Geld in der Welt schlafen legen und bis zwei Uhr morgens schlafen. Zwei Uhr morgens, sagt er, ist die Zeit, wenn sie ihn eines Tages finden wird. Zwei Uhr morgens ist das ganze Jahr über die Zeit, wenn er sicher sein will, dass das Klappmesser sicher bei ihm ist. Es macht ihm nichts aus, allein zu sein, solange er wach ist, außer in der Nacht auf seinen Geburtstag, wenn er fest davon überzeugt ist, in Lebensgefahr zu sein. Sein Geburtstag war bis jetzt nur einmal, seit er hier ist, und damals saß er die ganze Nacht beim Nachtpförtner. ‚Sie sucht nach mir‘, ist alles, was er sagt, wenn irgendjemand mit ihm über die einzige Sorge in seinem Leben spricht; ‚sie sucht nach mir.‘ Er könnte recht haben. Sie könnte nach ihm suchen. Wer weiß?«
»Wer weiß?« sagte ich.