Zweiundsiebenzigstes KapitelCHAPTER LXIII - A REFUGE
Es war alles vorüber. Iris hatte ihr ganzes Geld hergegeben. Sie lebte in einer kleinen Wohnung, welche Fanny Mere, die sie als ihre Cousine ausgab, für sie gemietet hatte. Sie blieb den ganzen Tag über zu Haus, denn sie fürchtete sich, von jemand beim Ausgehen erkannt zu werden. Sie fürchtete ferner, dass ihr Gatte wegen Betrugs verhaftet worden, und sie fürchtete, dass man auf der Straße ihr etwas Derartiges nachrufen könnte. Daher schrak sie auch zusammen und wurde ganz bleich, als sie eines Tages Schritte auf der Treppe hörte; denn sie dachte immer daran, dass auch sie von den Gerichten gesucht werden könnte. IT was all over. Iris had sent in her money. She was in a small lodging found for her by Fanny Mere, who called her cousin. She stayed indoors all day long, afraid of stirring abroad; afraid to read the papers; afraid that her husband was arrested on the charge of conspiracy and fraud; afraid that some kind of hue and cry might be out after her. Therefore, when she heard a manly step on the stair, she started and turned pale, expecting nothing short of an armed messenger of the law. She never was in this danger for a single minute, but conscience made a coward of her.
Der Mann, der eintrat, war Hugh Mountjoy. The step was that of Hugh Mountjoy.
»Durch Fanny habe ich Sie endlich aufgefunden«, sagte er. »Das Mädchen wusste, dass sie ohne Rückhalt mir Ihr Geheimnis anvertrauen könnte. Aber warum bleiben Sie immer noch in Verborgenheit?« "I found you out," he said, "by means of Fanny. The girl knew that she was safe in letting me know your secret. Why are you in concealment?"
»Sie können nicht alles wissen, Hugh«, entgegnete Iris, »sonst würden Sie mich das nicht fragen.« "You cannot know all, or you would not ask me that."
»Ich weiß alles, und doch frage ich Sie wieder: warum verbergen Sie sich?« "I do know all; and again I ask, why are you in concealment?"
»Weil - o Hugh, schonen Sie mich!« "Because-- Oh, Hugh--spare me!"
»Ich weiß alles, und das ist auch der Grund, weswegen ich nicht anders handeln konnte, als dass ich Sie aufsuchte, da ich mit Ihnen reden muss. Verlassen Sie diese elende Wohnung, treten Sie frei vor die Menschen, nehmen Sie Ihren eigenen Namen wieder an. Es liegt nicht der geringste Grund vor, warum Sie das nicht tun sollen. Sie waren nicht in Passy anwesend, als das Verbrechen begangen wurde. Sie sind erst nach der Beerdigung hingekommen. Was haben Sie also mit dem ganzen Verbrechen gemein, Iris?« "I know all, which is the reason why I cannot choose but come to see you. Come out of this poor place; resume your own name. There is no reason why you should not. You were not present at Passy when this conspiracy was hatched; you got there after the funeral. You, naturally, went to see the family solicitors. Iris, what has the conspiracy to do with you?" It will be observed that Hugh had not read the letter written to the Directors of the Company.
»Wissen Sie etwas von dem Geld?« »Gewiss. Sie schickten alles, was Sie zusammenbringen konnten, zurück; es waren fünftausend Pfund. Das allein bewies schon Ihre Unschuld.« »Hugh, Sie wissen, dass ich schuldig bin.« »Die Welt wird glauben, dass Sie unschuldig sind; jedenfalls können Sie sich ohne die geringste Furcht in der Öffentlichkeit zeigen. Sagen Sie mir, was haben Sie für Pläne?« "Do you know about the money?" "Certainly. You sent back all that you could--five thousand pounds. That showed your own innocence--" "Hugh, you know that I am guilty." "The world will think that you are innocent. At any rate, you can come out and go about without fear. Tell me, what are your plans?"
»Ich habe gar keinen Plan. Ich habe nur den Wunsch, mich irgendwo vor der Welt zu verbergen.« »Gut, wir werden darüber sogleich sprechen. Vorerst habe ich aber einige Neuigkeiten für Sie.« »Neuigkeiten? Was für welche denn?« »Natürlich gute Neuigkeiten. Ich habe Ihnen etwas zu sagen, was Sie überraschen wird.« "I have no plans. I only want to hide my head--somewhere." "Yes; we will talk about that presently. Meantime, I have some news for you." "News? What news?" "Really good news. I have to tell you a thing which will surprise you."
»Gute Nachrichten? Was kann es denn für mich noch für gute Nachrichten geben?« "Good news? What good news is there for me?"
»Ihr Gatte hat das ganze Geld zurückgeschickt.« »Zurückgeschickt? An die Versicherungsgesellschaft?« »Alles ist wiedererstattet worden. Er schrieb dazu zwei Briefe, einen an die Rechtsanwälte und den andern an die Versicherungsgesellschaft. Jetzt kann ja überhaupt nicht mehr über die Angelegenheit gesprochen werden, da die Gesellschaft das Geld wieder erhalten hat. Die Rechtsanwälte haben mich aber versichert, dass nichts mehr zu fürchten ist. Alles ist vorüber.« "Your husband has sent back the whole of the money." "Sent back? To the Insurance Office?" "All has been sent back. He wrote two letters--one to the solicitors and the other to the Insurance Company. It is not likely now that anything can be said, because the Directors have accepted the money. Moreover, it appears that they might have proceeded against the lawyers for the recovery of the money, but that they have nothing to do either with you or with Lord Harry Norland. That is a difficult point, however. Somebody, it seems, has compounded--or is going to compound--a felony. I do not understand exactly what this means, or what dreadful consequences might follow; but I am assured by the lawyers that we need apprehend nothing more. All is over."
Iris seufzte tief auf. Iris heaved a profound sigh.
»Dann ist er in Sicherheit?« fragte sie. "Then he is safe?" she said.
»Sie denken natürlich zuerst an ihn!« sagte Hugh eifersüchtig. »Ja, er ist in Sicherheit, und ich hoffe, er ist ganz außer Landes gegangen, um niemals wieder hieher zurückzukehren. Das Wichtigste dabei ist jetzt, dass Sie in Zukunft sicher vor ihm sind. Und was den Doktor anbetrifft, - aber ich kann nicht mit der gewöhnlichen Ruhe von diesem Menschen sprechen - überlassen wir ihn dem Verhängnis, das stets eines solchen Menschen wartet. Er wird sich hoffentlich nirgends, wohin er sich auch begeben mag, sicher fühlen.« "You think of him first," said Hugh, jealously. "Yes: he is safe; and, I do hope, gone away, out of the country, never to come back any more. The more important thing is that you should be safe from him. As for the doctor--but I cannot speak of the doctor with common patience. Let him be left to the end which always awaits such men. It is to be hoped that he will never, wherever he goes, feel himself in safety."
»Ich bin also sicher«, sagte Iris, »nicht nur vor meinem Gatten, sondern auch vor jenem andern. Sie glauben, dass ich sowohl wie mein Gatte in der Beziehung nichts zu fürchten haben. O, diese Furcht hat mich niemals, nicht für einen einzigen Augenblick verlassen. Sie sagen mir, dass ich öffentliche Schande nicht zu fürchten habe, und dass ich wieder frei atmen könne, wo ich doch eigentlich vor Scham in die Erde sinken müsste!« "I am safe," said Iris, "not only from my husband, but from what else beside? You know what I mean. You mean that I, as well as my husband, am safe from that. Oh! the fear of it has never left me--never for one moment. You tell me that I am safe from public disgrace, and I rejoice--when I ought to sink into the earth with shame!"
Sie bedeckte ihr Gesicht mit den Händen. She covered her face with her hands.
»Iris, wir wissen, was Sie getan haben, wir wissen auch, warum Sie es getan haben. Was sollen wir noch weiter darüber reden? Die Sache ist vorüber und somit abgetan. Wir wollen nie wieder darauf zurückkommen. Die Frage ist jetzt: Was wollen Sie zunächst tun? Wo wollen Sie leben?« "Iris, we know what you have done. We also know why you did it. What need we say more? The thing is finished and done with. Let us never again allude to it. The question now is--what will you do next? Where will you live?"
»Ich weiß es nicht. Ich habe Fanny zu mir genommen, und Mrs. Vimpany trägt auch das lebhafteste Verlangen, zu mir zu kommen. Ich bin reich, ja, bin in der Tat reich, seitdem ich zwei so treue Begleiterinnen und einen Freund habe.« "I do not know. I have got Fanny Mere with me. Mrs. Vimpany is also anxious to live with me. I am rich, indeed, since I have two faithful dependants and one friend."
»In dieser Beziehung, Iris, werden Sie immer reich sein. Jetzt hören Sie aber aufmerksam zu. Ich besitze eine Villa auf dem Lande. Sie liegt weit entfernt von London in den schottischen Marschen, ganz abgelegen von der großen Heerstraße, selbst für Reisende zu entlegen. Es ist ein sehr einsamer Ort, aber ein hübsches Haus mit einem großen Garten dahinter und davor die sandige Meeresküste und das unendliche Meer. Dort kann man vollständig abgeschlossen und einsam leben. Ich biete Ihnen dieses Haus als Wohnung an. Schlagen Sie ein, und wohnen Sie dort, so lange es Ihnen gefällt.« "In such wealth, Iris, you will always be rich. Now listen seriously. I have a villa in the country. It is far away from London, in the Scottish Lowlands--quite out of the way--remote even from tourists and travellers. It is a very lonely place, but there is a pretty house, with a great garden behind and a stretch of sand and seashore in front. There one may live completely isolated. I offer you that villa for your residence. Take it; live in it as long as you please."
»Nein, nein, ich darf ein solches Anerbieten nicht annehmen«, sagte sie. "No, no. I must not accept such a gift."
»Sie dürfen, Iris, Sie müssen es annehmen. Ich bitte Sie darum als um einen Beweis Ihrer Freundschaft und als nichts weiter. Ich fürchte nur, Sie werden der Einsamkeit bald überdrüssig werden.« "You must, Iris--you shall. I ask it of you as a proof of friendship, and nothing more. Only, I fear that you will get tired of the loneliness."
»Nein, nein, das wird niemals geschehen! Einsamkeit ist ja alles, was ich wünsche.« "No--no," she said. "I cannot get tired of loneliness it is all I want."
»Es gibt dort überhaupt keine Gesellschaft.« "There is no society at all."
»Gesellschaft, Gesellschaft für mich? Was soll ich mit der Gesellschaft?« "Society? Society for me?"
»Ich komme auch für einige Zeit in die Nachbarschaft, um dort zu fischen. Werden Sie mir dann erlauben, dass ich Sie aufsuche?« "I go to the neighbourhood sometimes for fishing. You will let me call upon you?"
»Wer hätte sonst das Recht dazu?« "Who else has such a right?"
»Dann nehmen Sie also mein Anerbieten an?« "Then you will accept my offer?"
»Mein Gefühl sagt mir, dass ich es annehmen muss. Ja, Hugh, ja, mit dem aufrichtigsten und herzlichsten Dank nehme ich Ihre Güte an.« "I feel that I must. Yes, Hugh; yes, with deepest gratitude."
Am nächsten Tag fuhr sie mit dem Nachtzug nach Schottland. Mit ihr zugleich reisten Mrs. Vimpany und Fanny Mere. The next day she went down by the night-mail to Scotland. With her travelled Mrs. Vimpany and Fanny Mere.


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