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Zwei Schicksalswege

Über Land und MeerBY LAND AND SEA
Es kümmerte mich wenig, nach welchem Hafen das Schiff steuerte, wusste ich doch, wohin ich auch ging, dass ich auf dem sicheren Wege zu Frau van Brandt war. Sie bedurfte wiederum meiner und hatte nach mir verlangt. Wohin die Geisterhand des Kindes gewiesen hatte, dahin musste ich meinen Weg verfolgen, ob er mich ins Ausland führte oder in die Heimat wies. Ich war überzeugt, dass ich weiter geleitet werden würde, so wie ich das Festland betrat und hielt an diesem Glauben so fest, wie an dem Bewusstsein, dass mich die Geistererscheinung des Kindes bis hierher geführt hatte.IT mattered little to me to what port the vessel was bound. Go where I might, I knew that I was on my way to Mrs. Van Brandt. She had need of me again; she had claimed me again. Where the visionary hand of the child had pointed, thither I was destined to go. Abroad or at home, it mattered nothing: when I next set my foot on the land, I should be further directed on the journey which lay before me. I believed this as firmly as I believed that I had been guided, thus far, by the vision of the child.
Ich hatte zwei Nächte hindurch nicht geschlafen - nun übermannte mich die Müdigkeit. Ich stieg in die Kajüte hinab und legte mich in einen leeren Winkel nieder, um zu schlafen. Als ich wieder erwachte war es Nacht geworden, das Schiff war auf der hohen See.For two nights I had not slept--my weariness overpowered me. I descended to the cabin, and found an unoccupied corner in which I could lie down to rest. When I awoke, it was night already, and the vessel was at sea.
Ich begab mich auf Deck um die frische Luft zu genießen, nach kurzer Zeit aber kehrte das Gefühl der Müdigkeit wieder zurück und ich schlief wiederum mehrere Stunden lang. Ohne Zweifel würde der mir befreundete Arzt dieses nimmer wiederkehrende Bedürfnis nach Ruhe, dem erschöpften Zustande meines Gehirns zugeschrieben haben, das durch die Fantasiegebilde, die es ununterbrochen viele Stunden lang beschäftigt hatten zu sehr erregt worden war. Kurz ich wachte nur dann und wann einige Augenblicke lang während der ganzen Reise, mag die Ursache dazu gewesen sein, welche sie wolle, die übrige Zeit lag ich wie ein ermüdetes Tier in Schlaf versunken.I went on deck to breathe the fresh air. Before long the sensation of drowsiness returned; I slept again for hours together. My friend, the physician, would no doubt have attributed this prolonged need of repose to the exhausted condition of my brain, previously excited by delusions which had lasted uninterruptedly for many hours together. Let the cause be what it might, during the greater part of the voyage I was awake at intervals only. The rest of the time I lay like a weary animal, lost in sleep.
Als ich bei Rotterdam die Küste betrat, bemühte ich mich gleich zuerst den Weg nach dem englischen Konsulat zu erfahren. Da ich nur noch eine sehr kleine Geldsumme übrig behalten hatte, war es, nach allen meinen Erfahrungen das Geratenste, dass ich, ehe ich etwas Anderes unternahm, die nötigen Schritte tat, um meine Börse wieder zu füllen.When I stepped on shore at Rotterdam, my first proceeding was to ask my way to the English Consulate. I had but a small sum of money with me; and, for all I knew to the contrary, it might be well, before I did anything else, to take the necessary measures for replenishing my purse.
Meine Reisetasche hatte ich bei mir. Als ich nach der Grünwasserfläche reiste, hatte ich sie in dem Gasthause des Marktfleckens zurückgelassen und der Diener hatte sie mir in den Wagen gelegt, als ich wieder nach London abreiste. Diese Tasche enthielt einige Briefe, die mir, um dem Konsul meine Identität zu beweisen, von Nutzen sein konnten. Er gab mir die nötigen Empfehlungen an das Haus in Rotterdam, das mit meinen Londoner Bankiers in Verbindung stand.I had my traveling-bag with me. On the journey to Greenwater Broad I had left it at the inn in the market-town, and the waiter had placed it in the carriage when I started on my return to London. The bag contained my checkbook, and certain letters which assisted me in proving my identity to the consul. He kindly gave me the necessary introduction to the correspondents at Rotterdam of my bankers in London.
Als ich mein Geld empfangen und einige notwendige Sachen eingekauft hatte, ging ich langsam die Straße entlang, ohne zu wissen, wohin ich mich zunächst wenden würde. Ich erwartete zuversichtlich ein Ereignis, das meine Schritte leiten sollte. Kaum war ich hundert Schritte weiter gegangen, als ich an den Fensterladen eines Hauses, das allem Anscheine nach kaufmännischen Zwecken diente, den Namen »van Brandt« angeschrieben sah.Having obtained my money, and having purchased certain necessaries of which I stood in need, I walked slowly along the street, knowing nothing of what my next proceeding was to be, and waiting confidently for the event which was to guide me. I had not walked a hundred yards before I noticed the name of "Van Brandt" inscribed on the window-blinds of a house which appeared to be devoted to mercantile purposes.
Die Haustür stand offen. Eine zweite, an einer Seite des Flures belegene Tür führte in das Geschäftslokal. Ich betrat das Zimmer und fragte nach Herrn van Brandt. Man rief mir einen jungen Mann, der der englischen Sprache mächtig war, um sich mit mir zu verständigen. Er sagte mir, dass das Geschäft von drei Inhabern desselben Namens geführt werde und fragte mich, welchen davon ich zu sprechen wünsche. Ich erinnerte mich noch des Taufnamens von van Brandt und nannte ihn; es war aber in dem Geschäft kein »Herr Ernst van Brandt« bekannt.The street door stood open. A second door, on one side of the passage, led into the office. I entered the room and inquired for Mr. Van Brandt. A clerk who spoke English was sent for to communicate with me. He told me there were three partners of that name in the business, and inquired which of them I wished to see. I remembered Van Brandt's Christian name, and mentioned it. No such person as "Mr. Ernest Van Brandt" was known at the office.
»Unser Haus hier ist nur von der Firma van Brandt abgezweigt,« erklärte mir der junge Mann. »Das Hauptgeschäft befindet sich in Amsterdam. Wenn Sie dort nachfragen, wird man Ihnen sicher sagen können, wo Herr Ernst van Brandt sich aufhält.«"We are only the branch house of the firm of Van Brandt here," the clerk explained. "The head office is at Amsterdam. They may know where Mr. Ernest Van Brandt is to be found, if you inquire there."
Es kümmerte mich wenig, wohin mein Weg mich führte, wenn das Ziel nur Frau van Brandt war. Da es für diesen Tag zu spät zur Abreise war, schlief ich in einem Hotel. Die Nacht verging ruhig und ohne irgend welches Ereignis. Am nächsten Tage reiste ich mit einer gewöhnlichen Fahrgelegenheit nach Amsterdam ab.It mattered nothing to me where I went, so long as I was on my way to Mrs. Van Brandt. It was too late to travel that day; I slept at a hotel. The night passed quietly and uneventfully. The next morning I set forth by the public conveyance for Amsterdam.
Als ich bei meiner Ankunft dort meine Nachfragen in dem Hauptgeschäft wiederholt, wurde ich an einen der Inhaber gewiesen. Er sprach vollkommen gut Englisch und empfing mich mit einer Art von Interesse, dessen Ursache ich mir zuerst nicht erklären konnte. »Ich kenne Herrn Ernst van Brandt sehr gut,« sagte er. »Darf ich fragen ob sie ein Freund oder Verwandter der englischen Dame sind, die er uns hier als seine Frau vorgestellt hat?«Repeating my inquiries at the head office on my arrival, I was referred to one of the partners in the firm. He spoke English perfectly; and he received me with an appearance of interest which I was at a loss to account for at first. "Mr. Ernest Van Brandt is well known to me," he said. "May I ask if you are a relative or friend of the English lady who has been introduced here as his wife?"
Ich bejahte die Frage und fügte hinzu, dass ich gekommen sei, um der Dame jeden Beistand zu leisten, dessen sie bedürfen könnte.I answered in the affirmative; adding, "I am here to give any assistance to the lady of which she may stand in need."
Die nächsten Worte des Kaufmannes erklärten mir das scheinbare Interesse, was er an mir gleich beim Empfange zu nehmen schien. »Sie sind sehr willkommen,« sagte er, »denn Sie befreien meine Kompagnons und mich von einer großen Sorge. Was ich damit sagen will, kann ich Ihnen nur erklären, wenn ich für einen Augenblick über die Geschäftsangelegenheiten meiner Firma zu Ihnen spreche. Wir besitzen in der altertümlichen Stadt Enkhuizen, an den Ufern der Zuidersees eine Fischerei. In früheren Zeit besaß Herr Ernst van Brandt einen Anteil daran, den er später verkaufte. In den letzten Jahren nahm der Gewinn ans dieser Quelle sehr ab und wir denken daran die Fischerei aufzugeben, wenn unsere wiederholten Bemühungen in dieser Richtung nicht von besserem Erfolge gekrönt werden. Inzwischen erinnerten wir uns an Herrn Ernst van Brandt, als wir eine unbesetzte Stelle in unserem Geschäftshause in Enkhuizen hatten und boten ihm an, ob er als Schreiber dort seine Beziehungen zu unserem Hause wieder aufnehmen wollte. Er ist mit einem meiner Kompagnons verwandt und dennoch bin ich leider gezwungen Ihnen der Wahrheit gemäß zu gestehen, dass er ein sehr schlechter Mensch ist. Er hat unser Wohlwollen für ihn durch Unterschleife belohnt, die er mit unserem Gelde gemacht hat und ist nun geflohen, ohne dass es uns bis jetzt gelungen ist, die Richtung zu ermitteln. Die englische Dame hat er mit ihrem Kinde in Enkhuizen zurückgelassen - und bis Sie heute hier ankamen, waren wir eigentlich ratlos, was wir mit ihnen anfangen sollten. Ich weiß nicht, mein Herr, ob Sie davon unterrichtet sind - aber die Lage der Dame ist dadurch doppelt trostlos, dass ernste Zweifel darüber obwalten, ob sie wirklich van Brandts Frau ist. Wir wissen bestimmt, dass er vor einigen Jahren mit einer andern Frau im Geheimen getraut worden ist und haben keinerlei Beweise, dass diese erste Frau tot ist. Wenn wir Ihnen in Ihren Anstrengungen Ihrer unglücklichen Landsmännin beizustehen, irgend wie nützlich sein können, so bitten wir Sie, ganz über unsere Dienste zu verfügen.«The merchant's next words explained the appearance of interest with which he had received me. "You are most welcome," he said. "You relieve my partners and myself of a great anxiety. I can only explain what I mean by referring for a moment to the business affairs of my firm. We have a fishing establishment in the ancient city of Enkhuizen, on the shores of the Zuyder Zee. Mr. Ernest Van Brandt had a share in it at one time, which he afterward sold. Of late years our profits from this source have been diminishing; and we think of giving up the fishery, unless our prospects in that quarter improve after a further trial. In the meantime, having a vacant situation in the counting-house at Enkhuizen, we thought of Mr. Ernest Van Brandt, and offered him the opportunity of renewing his connection with us, in the capacity of a clerk. He is related to one of my partners; but I am bound in truth to tell you that he is a very bad man. He has awarded us for our kindness to him by embezzling our money; and he has taken to flight--in what direction we have not yet discovered. The English lady and her child are left deserted at Enkhuizen; and until you came here to-day we were quite at a loss to know what to do with them. I don't know whether you are already aware of it, sir; but the lady's position is made doubly distressing by doubts which we entertain of her being really Mr. Ernest Van Brandt's wife. To our certain knowledge, he was privately married to another woman some years since; and we have no evidence whatever that the first wife is dead. If we can help you in any way to assist your unfortunate country-woman, pray believe that our services are at your disposal."
Ich brauche wohl nicht zu sagen, in welcher atemloser Spannung ich diesen Worten lauschte. Nun musste sie sicher zu mir zurückkehren, wie meine arme Mutter vorausgesagt.With what breathless interest I listened to these words it is needless to say. Van Brandt had deserted her! Surely (as my poor mother had once said) "she must turn to me now."
Die Hoffnung, die mich schon ganz verlassen, erfüllte nun wiederum mein Herz und die Zukunft, an die ich so lange zagend gedacht hatte, lag nun strahlend vom bevorstehenden Glücke vor meinen Blicken. Ich dankte dem guten Kaufmanne mit einer Innigkeit, die ihn in Erstaunen setzte. »Helfen Sie mir nur auf den Weg nach Enkhuizen,« sagte ich, »alles Übrige überlassen Sie mir dann getrost.«The hopes that had abandoned me filled my heart once more; the future which I had so long feared to contemplate showed itself again bright with the promise of coming happiness to my view. I thanked the good merchant with a fervor that surprised him. "Only help me to find my way to Enkhuizen," I said, "and I will answer for the rest."
»Die Reise wird Ihnen größere Ausgaben verursachen,« erwiderte der Kaufmann. »Verzeihen Sie, wenn ich Sie gerade herausfrage, ob sie auch mit Geld versehen sind?«"The journey will put you to some expense," the merchant replied. "Pardon me if I ask the question bluntly. Have you money?"
»Sehr reichlich!«"Plenty of money."
»Gut denn! Das Übrige ist bald getan. Ich werde Sie der Obhut eines Ihrer Landsleute übergeben, der seit vielen Jahren in unserem Comptoir angestellt ist. Als Fremder wird es für Sie am Leichtesten sein die Reise zur See zu machen und der Engländer wird Ihnen bei dem Mieten eines Bootes behilflich sein.«"Very good. The rest will be easy enough. I will place you under the care of a countryman of yours, who has been employed in our office for many years. The easiest way for you, as a stranger, will be to go by sea; and the Englishman will show you where to hire a boat."
In wenigen Minuten war ich mit dem Schreiber auf dem Wege nach dem Hafen.In a few minutes more the clerk and I were on our way to the harbor.
Das Auffinden eines Bootes und die Beschaffung der nötigen Leute veranlasste Schwierigkeiten, die ich nicht vorausgesehen hatte. Als es nun endlich gelungen war, mussten wir an die Verpflegung für die Reise denken. Dank der Erfahrung meines Begleiters und der herzlichen Bereitwilligkeit mit der er alles nötige ausführte, waren meine Vorbereitungen doch noch vor Einbruch der Nacht beendet. Am nächsten Morgen konnte ich nach meinem Bestimmungsorte absegeln.Difficulties which I had not anticipated occurred in finding the boat and in engaging a crew. This done, it was next necessary to purchase provisions for the voyage. Thanks to the experience of my companion, and to the hearty good-will with which he exerted it, my preparations were completed before night-fall. I was able to set sail for my destination on the next day.
Das Boot hatte für die Fahrt auf dem Zuidersee die doppelte Annehmlichkeit, groß zu sein und verhältnismäßig wenig Wasser zu ziehen. Die Kajüte des Kapitäns war am hinteren Ende des Schiffes und die zwei oder drei Leute, die die Bemannung bildeten, waren im Bug untergebracht. Nachdem der Raum an einer Seite für den Kapitän, an der anderen für die Leute abgeteilt war, blieb die ganze Mitte des Bootes für mich und wurde mir als Kajüte überwiesen. So hatte ich keinen Grund mich über Mangel an Raum zu beklagen, da das Schiff zwischen fünfzig und sechzig Tonnen maß. Ich hatte ein bequemes Bett, einen Tisch und einige Stühle. Die Küche lag in angenehmer Entfernung von mir auf dem vorderen Ende des Bootes. Ich begab mich, auf meinen eigenen Wunsch, ohne Diener oder Dolmetscher auf die Reise, denn ich zog es vor allein zu sein. Der holländische Kapitän war früher einmal in seinem Leben in Frankreich in der kaufmännischen Marine angestellt gewesen und daher konnten wir uns, wenn es einmal nötig oder wünschenswert war, durch Vermittelung der französischen Sprache verständigen.The boat had the double advantage, in navigating the Zuyder Zee, of being large, and of drawing very little water; the captain's cabin was at the stern; and the two or three men who formed his crew were berthed forward, in the bows. The whole middle of the boat, partitioned off on the one side and on the other from the captain and the crew, was assigned to me for my cabin. Under these circumstances, I had no reason to complain of want of space; the vessel measuring between fifty and sixty tons. I had a comfortable bed, a table, and chairs. The kitchen was well away from me, in the forward part of the boat. At my own request, I set forth on the voyage without servant or interpreter. I preferred being alone. The Dutch captain had been employed, at a former period of his life, in the mercantile navy of France; and we could communicate, whenever it was necessary or desirable, in the French language.
Wir ließen die Türme von Amsterdam hinter uns und segelten über das stille Wasser des Flusses dem Zuidersee zu.We left the spires of Amsterdam behind us, and sailed over the smooth waters of the lake on our way to the Zuyder Zee.
Die Geschichte dieses wunderbaren Sees ist schon an sich selbst ein Roman. Zur Zeit als Rom die Beherrscherin der Welt war, existierte er noch nicht. Wo jetzt die Wellen rauschen, umgrenzten damals weite Waldstrecken einen großen Binnensee, der nur durch einen Fluss seinen Ausgang in die See fand. Durch andauernde Stürme angeschwollen, überflutet der See seine Ufer und seine wütenden Wellen rasteten nicht, bis sie alle Hindernisse ans ihrem Wege zerstörend, die äußerste Grenze des Landes erreicht hatten. Die große Nordsee stürzte durch die verderbliche Öffnung hinein und seit jener Zeit besteht der Zuidersee so, wie wir ihn jetzt kennen. Jahre vergingen, Generationen folgten auf einander und an den Ufern des neuen Ozeans entstanden große, bevölkerte Städte, die reich an Handel und berühmt in der Geschichte wurden. Jahrhunderte hindurch währte ihr Wohlstand, bis das nächste Ereignis in der Reihe mächtiger Verwandlungen heranreifte und zum Ausbruch kam. Die Bewohner der Städte am Zuidersee versanken, abgesondert von der übrigen Welt, eitel auf sich selbst und ihr Wohlergehen, unbekümmert um den Fortschritt die benachbarten Nationen, in jene verhängnisvolle Trägheit, die abgesonderten Völkern eigen ist. Die Wenigen aus der Bevölkerung die noch die Reliquien der alten Energie bewegt hatten, wanderten aus, während die zurückbleibende Menge geduldig dem abnehmenden Verkehr und dem Verfall ihrer Institutionen zusah. Als das neunzehnte Jahrhundert herangekommen war, zählte man die Bevölkerung die sich einst auf Tausende belief, nach Hunderten. Der Handel hörte auf, ganze Straßen waren verlassen. Häfen, die sonst von Schiffen wimmelten, waren durch die Anhäufung des Sandes, der man in keiner Weise steuerte, ganz zerstört. Jetzt nun in unserer Zeit ist gegen den Verfall dieser einst blühenden Städte keine Abhülfe mehr möglich und man zieht nun für die nächste große Verwandlung den Plan in Betracht, die nutzlose Wasserfläche auszutrocknen, um den kommenden Generationen das wiedergewonnene Land zur fruchtbaren Bearbeitung zu übergeben. Das ist in kurzem die Geschichte des Zuidersees.The history of this remarkable sea is a romance in itself. In the days when Rome was mistress of the world, it had no existence. Where the waves now roll, vast tracts of forest surrounded a great inland lake, with but one river to serve it as an outlet to the sea. Swelled by a succession of tempests, the lake overflowed its boundaries: its furious waters, destroying every obstacle in their course, rested only when they reached the furthest limits of the land. The Northern Ocean beyond burst its way in through the gaps of ruin; and from that time the Zuyder Zee existed as we know it now. The years advanced, the generations of man succeeded each other; and on the shores of the new ocean there rose great and populous cities, rich in commerce, renowned in history. For centuries their prosperity lasted, before the next in this mighty series of changes ripened and revealed itself. Isolated from the rest of the world, vain of themselves and their good fortune, careless of the march of progress in the nations round them, the inhabitants of the Zuyder Zee cities sunk into the fatal torpor of a secluded people. The few members of the population who still preserved the relics of their old energy emigrated, while the mass left behind resignedly witnessed the diminution of their commerce and the decay of their institutions. As the years advanced to the nineteenth century, the population was reckoned by hundreds where it had once been numbered by thousands. Trade disappeared; whole streets were left desolate. Harbors, once filled with shipping, were destroyed by the unresisted accumulation of sand. In our own times the decay of these once flourishing cities is so completely beyond remedy, that the next great change in contemplation is the draining of the now dangerous and useless tract of water, and the profitable cultivation of the reclaimed land by generations that are still to come. Such, briefly told, is the strange story of the Zuyder Zee.
Als wir weiter vorwärts kamen und den Fluss verließen, bemerkte ich die schwarzgelbe Farbe des Sees, die die Sandbänke, durch die unerfahrenen Seeleuten leicht Gefahren erwachsen können, dem flachen Wasser geben. Wir rasteten für die Nacht an der Fischerinsel Marken, die mir, beleuchtet von dem letzten Schimmer des Zwielichts, als ein armseliger verlassener, ernst aussehender Ort erschien. Hier und da erhoben sich die giebligen Hütten, die an die Hügel gelehnt waren, schwarz gegen den dunkelgrauen Himmel. Hin und wieder erschien eine menschliche Gestalt am Ufer und stand in stiller Betrachtung des fremden Bootes versunken. Das war Alles was ich von der Insel Marken sah. As we advanced on our voyage, and left the river, I noticed the tawny hue of the sea, caused by sand-banks which color the shallow water, and which make the navigation dangerous to inexperienced seamen. We found our moorings for the night at the fishing island of Marken--a low, lost, desolate-looking place, as I saw it under the last gleams of the twilight. Here and there, the gabled cottages, perched on hillocks, rose black against the dim gray sky. Here and there, a human figure appeared at the waterside, standing, fixed in contemplation of the strange boat. And that was all I saw of the island of Marken.
In manchen Augenblicken wurde mir die Wirklichkeit meiner eigenen Tage zweifelhaft, als ich in der stillen Nacht auf einem fremden Meere wach lag.Lying awake in the still night, alone on a strange sea, there were moments when I found myself beginning to doubt the reality of my own position.
War das Alles ein Traum? Meine Selbstmordgedanken, meine Vision von Mutter und Tochter, meine Rückreise nach der Hauptstadt, die von der Erscheinung des Kindes geleitet wurde, meine Reise nach Holland, mein nächtliches Ankern auf dem unbekannten See - waren das Alles nur, so zu sagen, Bruchstücke derselben krankhaften, inneren Verwirrung, alles Täuschungen aus denen ich jeden Augenblick erwachen konnte um mich dann wieder im Vollbesitz meiner Sinne in dem Hotel in London zu befinden? Da mich meine Zweifel immer mehr verwirrten und weiter und weiter von einem entschiedenen Schlusse ablenkten, verließ ich mein Bett und begab mich auf Deck, um die Umgebung zu wechseln. Es war eine stille, bewölkte Nacht. Die Insel war nichts weiter als ein dunklerer Schatten in der dunklen Öde um mich her. Der einzige Laut, der mein Ohr erreichte, war das schwere Atmen des Kapitäns und seiner Leute, die zu beiden Seiten von mir schliefen. Ich lauschte und blickte rings um mich her in der Dunkelheit, die mich umgab. Es zeigte sich aber keine neue Erscheinung. Als ich wieder zur Kajüte zurückkehrte und endlich einschlummerte, träumte ich nicht. Es schien als hätte ich in England Alles zurückgelassen, was sich in den letzten Ereignissen meines Lebens Geheimnisvolles und Wunderbares zugetragen hatte. Als ich Holland erreicht hatte, war ja meine Handlungsweise nur durch ganz natürliche Umstände und durch ganz alltägliche Entdeckungen, die jedermann in meiner Lage gemacht haben würde, beeinflusst worden. Was bedeutete das? Hatte meine Gabe als Geisterseher mich in dem neuen Lande unter fremden Menschen verlassen? Oder hatte mein Schicksal mich an den Ort geführt, wo die Sorgen meiner irdischer Pilgerfahrt ihr Ende erreichen sollten? Wer konnte das sagen?Was it all a dream? My thoughts of suicide; my vision of the mother and daughter; my journey back to the metropolis, led by the apparition of the child; my voyage to Holland; my night anchorage in the unknown sea--were these, so to speak, all pieces of the same morbid mental puzzle, all delusions from which I might wake at any moment, and find myself restored to my senses again in the hotel at London? Bewildered by doubts which led me further and further from any definite conclusion, I left my bed and went on deck to change the scene. It was a still and cloudy night. In the black void around me, the island was a blacker shadow yet, and nothing more. The one sound that reached my ears was the heavy breathing of the captain and his crew sleeping on either side of me. I waited, looking round and round the circle of darkness in which I stood. No new vision showed itself. When I returned again to the cabin, and slumbered at last, no dreams came to me. All that was mysterious, all that was marvelous, in the later events of my life seemed to have been left behind me in England. Once in Holland, my course had been influenced by circumstances which were perfectly natural, by commonplace discoveries which might have revealed themselves to any man in my position. What did this mean? Had my gifts as a seer of visions departed from me in the new land and among the strange people? Or had my destiny led me to the place at which the troubles of my mortal pilgrimage were to find their end? Who could say?
Am nächsten Morgen in aller Frühe segelten wir weiter. Early the next morning we set sail once more.
Unsere Richtung war beinahe nordwärts. Zu einer Seite lag mir der dunkelgelbe See, dessen Farbe sich unter gewissen Witterungseinflüssen in ein trübes Perlgrau verwandelte. Zur andern Seite war die flache sich hinschlängelnde Küste, auf der gelber Sand mit grünen Wiesenstrecken wechselte, dann und wann von Städten und Dörfern unterbrochen, deren rote, ziegelgedeckte Dächer und spitze Kirchtürme heiter zum klaren, blauen Himmel hinaufragten. Der Kapitän schlug mir einen Besuch in den berühmten Städten Edam und Hoorn vor, aber ich lehnte es ab ans Land zu gehen. Mein einziger Wunsch war die altertümliche Stadt zu erreichen in der Frau van Brandt verlassen lebte. Als wir die Richtung wechselten, um auf das Vorgebirge los zu steuern auf dem Enkhuizen liegt, ließ der Wind nach, - drehte sich dann nach einer anderen Richtung und wurde so stark, dass er die Schwierigkeiten der Fahrt sehr vergrößerte. So lange als irgend möglich, bestand ich darauf, dass wir unsern Weg fortsetzten. Nach Sonnenuntergang ließ die Gewalt des Windes nach. Die Nacht war wolkenlos, und das gestirnte Firmament lieh uns sein bleiches, melancholisches Licht. Nach Verlauf einer Stunde drehte sich der launische Wind wieder zu unserm Gunsten. Gegen zehn Uhr liefen wir in den öden Hafen von Enkhuizen ein.Our course was nearly northward. On one side of me was the tawny sea, changing under certain conditions of the weather to a dull pearl-gray. On the other side was the flat, winding coast, composed alternately of yellow sand and bright-green meadow-lands; diversified at intervals by towns and villages, whose red-tiled roofs and quaint church-steeples rose gayly against the clear blue sky. The captain suggested to me to visit the famous towns of Edam and. Hoorn; but I declined to go on shore. My one desire was to reach the ancient city in which Mrs. Van Brandt had been left deserted. As we altered our course, to make for the promontory on which Enkhuizen is situated, the wind fell, then shifted to another quarter, and blew with a force which greatly increased the difficulties of navigation. I still insisted, as long as it was possible to do so, on holding on our course. After sunset, the strength of the wind abated. The night came without a cloud, and the starry firmament gave us its pale and glittering light. In an hour more the capricious wind shifted back again in our favor. Toward ten o'clock we sailed into the desolate harbor of Enkhuizen.
Der Kapitän und seine Leute aßen ihr einfaches Abendbrot und gingen zu Bett, da sie von ihren Anstrengungen ermüdet waren. Nach einigen Augenblicken war ich der Einzige, der auf dem Boote wachte.The captain and crew, fatigued by their exertions, ate their frugal suppers and went to their beds. In a few minutes more, I was the only person left awake in the boat.
Ich stieg aufs Deck und blickte um mich her. I ascended to the deck, and looked about me.
Unser Boot hatte an einem verlassenen Kai geankert. Außer einigen kleinen Schiffen, die ich nah bei dem unseren erblickte, bot der Hafen dieses einst wohlhabenden Ortes mir den Anblick einer weiten, einsamen Wasserfläche, die hier und da von öden Sandbänken unterbrochen war. Landwärts sah ich nur die einsamen Gebäude der Totenstadt - die düster schwarz und grimmig in dem geheimnisvollen Sternenscheine dastanden. Nirgends war ein menschliches Wesen oder auch nur ein verirrtes Tier zu erblicken. Der Ort sah jetzt so leer und leblos aus, als wäre er durch eine Seuche verwüstet worden und vor wenig mehr als hundert Jahren erreichte die Zahl seiner Bewohner sechzig Tausend. Seine Einwohnerzahl war auf den zehnten Teil zusammen geschrumpft, als ich Enkhuizen jetzt vor mir liegen sah.Our boat was moored to a deserted quay. Excepting a few fishing vessels visible near us, the harbor of this once prosperous place was a vast solitude of water, varied here and there by dreary banks of sand. Looking inland, I saw the lonely buildings of the Dead City--black, grim, and dreadful under the mysterious starlight. Not a human creature, not even a stray animal, was to be seen anywhere. The place might have been desolated by a pestilence, so empty and so lifeless did it now appear. Little more than a hundred years ago, the record of its population reached sixty thousand. The inhabitants had dwindled to a tenth of that number when I looked at Enkhuizen now!
Ich überlegte mir, was ich nun zunächst tun sollte.I considered with myself what my next course of proceeding was to be.
Jedenfalls hatte ich geringe Aussicht, Frau van Brandt aufzufinden, wenn ich zur Nachtzeit allein und ohne Führer in die Stadt zu gehen versuchte. Und würde es mir anderseits doch möglich sein, nun ich den Ort erreicht hatte, an dem sie mit ihrem Kinde freundlos und verlassen lebte, geduldig die lange Zwischenzeit abzuwarten, die vergehen musste, ehe es Morgen wurde und die Stadt erwachte. Ich kannte meine eigene selbstquälerische Natur zu gut, um das Letztere zu wählen. Komme was da wolle, ich beschloss Enkhuizen auf den Zufall hin, zu durchwandern, dass ich das Comptoir der Fischerei entdeckte und so Frau van Brandts Adresse erfuhr.The chances were certainly against my discovering Mrs. Van Brandt if I ventured alone and unguided into the city at night. On the other hand, now that I had reached the place in which she and her child were living, friendless and deserted, could I patiently wait through the weary interval that must elapse before the morning came and the town was astir? I knew my own self-tormenting disposition too well to accept this latter alternative. Whatever came of it, I determined to walk through Enkhuizen on the bare chance of meeting some one who might inform me of Mrs. Van Brandt's address.
Nachdem ich zuerst vorsichtigerweise meine Kajütentür verschlossen hatte, stieg ich vom Schiff auf den einsamen Quai und begab mich auf die nächtliche Wanderung durch die Totenstadt.First taking the precaution of locking my cabin door, I stepped from the bulwark of the vessel to the lonely quay, and set forth upon my night wanderings through the Dead City.


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