Wilkie Collins - Logo - Klicken, um Navigationsmenü einzublenden
 
VII.VII.
Es ist mir nicht möglich, zu beschreiben, was ich fühlte, als Priscillas Name mir wie ein schriftliches Schuldbekenntnis entgegentrat. Ich kann nicht sagen, wie lange es währte, bis ich mich einigermaßen wieder erholte. Nur dessen kann ich mich deutlich erinnern, dass ich den armen Graveur sehr erschreckte. Mein erstes Verlangen war, das Manuskript der Inschrift an mich zu nehmen. Ich sagte ihm, dass ich Polizeibeamter sei, und forderte ihn auf, mir in der Entdeckung eines Verbrechens behilflich zu sein. Ich bot ihm sogar Geld an. Er wich vor mir zurück. »Sie sollen es umsonst haben,« sagte er, »wenn Sie nur fortgehen und niemals wieder hierher zurückkommen.« Er versuchte, das Manuskript aus dem Blatte herauszuschneiden, aber seine zitternden Hände waren hierzu nicht imstande. Ich schnitt es selbst heraus und versuchte, ihm zu danken. Er wollte mich aber nicht anhören. »Gehen Sie fort!« sagte er, »Ihr Blick gefällt mir nicht.«I DECLARE that it is impossible for me to describe what I felt when Priscilla's name confronted me like a written confession of guilt. How long it was before I recovered myself in some degree, I cannot say. The only thing I can clearly call to mind is, that I frightened the poor engraver. My first desire was to get possession of the manuscript inscription. I told him I was a policeman, and summoned him to assist me in the discovery of a crime. I even offered him money. He drew back from my hand. "You shall have it for nothing," he said, "if you will only go away and never come here again." He tried to cut it out of the page--but his trembling hands were helpless. I cut it out myself, and attempted to thank him. He wouldn't hear me. "Go away!" he said, "I don't like the look of you."
Es mag hier erwähnt werden, dass ich mich von Priscillas Schuld nicht so, wie ich tat, hätte überzeugt fühlen sollen, ehe ich mir nicht weitere Beweismittel gegen sie verschafft hatte. Denn das Messer konnte ihr gestohlen worden sein, vorausgesetzt, dass sie die Person war, die es der Hand des Graveurs entrissen hatte, und so konnte es nachher von dem Diebe dazu benutzt worden sein, den Mord zu begehen. Das ist alles richtig. Aber ich war nicht einen Augenblick mehr über ihre Schuld im Zweifel, als ich die entsetzliche Zeile in der Mappe des Graveurs gelesen hatte.It may be here objected that I ought not to have felt so sure as I did of the woman's guilt, until I had got more evidence against her. The knife might have been stolen from her, supposing she was the person who had snatched it out of the engraver's hands, and might have been afterward used by the thief to commit the murder. All very true. But I never had a moment's doubt in my own mind, from the time when I read the damnable line in the engraver's book.
Ich ging ohne irgendeinen bestimmten Plan nach der Bahn zurück. Der Zug, mit welchem ich Priscilla hatte folgen wollen, hatte Waterbank bereits verlassen. Der nächste Zug, welcher ankam, ging nach London. Ich nahm Platz in demselben, ohne dass noch irgend ein Plan zur Reife gekommen war. Zu Charing Cross traf mich einer meiner Freunde und rief: »Sie sehen erbärmlich aus. Kommen Sie mit und trinken Sie etwas!« Ich ging mit ihm. Einen Liqueur bedurfte ich wirklich; er regte mich an und klärte den Kopf. Mein Freund ging dann seinen Weg, und ich tat es ebenso. Kurze Zeit darauf hatte ich mich darüber entschieden, was ich tun wollte.I went back to the railway without any plan in my head. The train by which I had proposed to follow her had left Waterbank. The next train that arrived was for London. I took my place in it--still without any plan in my head. At Charing Cross a friend met me. He said, "You're looking miserably ill. Come and have a drink." I went with him. The liquor was what I really wanted; it strung me up, and cleared my head. He went his way, and I went mine. In a little while more, I determined what I would do.
Zunächst entschloss ich mich, meine Stellung im Polizeidienste aufzugeben aus einem Beweggrunde, der sich sogleich zeigen wird. Sodann nahm ich eine Wohnung in einem Gasthause. Denn ohne Zweifel würde Priscilla nach London zurückkehren, in meine Wohnung kommen und ausfindig machen, warum ich der getroffenen Verabredung nicht nachgekommen sei. Die einzige Frau, die ich zärtlich geliebt hatte, dem Gerichte zu überliefern, war eine zu grausame Pflicht für mich Armen. Ich zog daher vor, den Polizeidienst zu verlassen. Auf der anderen Seite hatte ich eine entsetzliche Furcht, dass ich nunmehr zum Mörder an ihr werden möchte, falls wir uns begegnen sollten, ehe die Zeit mich gelehrt hatte, wieder die Herrschaft über mich zu gewinnen. Die Elende hatte nicht allein mich beinahe verleitet, sie zu heiraten, sondern auch das unschuldige Hausmädchen anzuklagen, dass sie bei dem Morde beteiligt gewesen sei.In the first place, I decided to resign my situation in the police, from a motive which will presently appear. In the second place, I took a bed at a public-house. She would no doubt return to London, and she would go to my lodgings to find out why I had broken my appointment. To bring to justice the one woman whom I had dearly loved was too cruel a duty for a poor creature like me. I preferred leaving the police force. On the other hand, if she and I met before time had helped me to control myself, I had a horrid fear that I might turn murderer next, and kill her then and there. The wretch had not only all but misled me into marrying her, but also into charging the innocent housemaid with being concerned in the murder.
In der Nacht fand ich den Weg, die Zweifel aufzuklären, welche mein Gemüt noch quälten. Ich schrieb an den Pfarrer Derrington, indem ich ihn benachrichtigte, dass ich mich mit Priscilla verlobt habe, und anfragte, ob er mit Rücksicht auf meine Stellung mir sagen wolle, welcher Art ihre früheren Beziehungen zu einer Person namnes Johann Zebedäus gewesen seien. Mit wendender Post erhielt ich folgende Antwort:The same night I hit on a way of clearing up such doubts as still harassed my mind. I wrote to the rector of Roth, informing him that I was engaged to marry her, and asking if he would tell me (in consideration of my position) what her former relations might have been with the person named John Zebedee. By return of post I got this reply:
»Mein Herr! Unter den vorliegenden Umständen glaube ich verpflichtet zu sein, Ihnen vertraulich mitzuteilen, was Priscillas Freunde und Gönner um ihretwillen bisher geheimgehalten haben. Zebedäus stand in der Nachbarschaft im Dienst. Es tut mir leid, es von einem Manne sagen zu müssen, der ein solch klägliches Ende genommen hat, aber sein Betragen Priscilla gegenüber zeigte, dass er ein lasterhafter und herzloser Wicht gewesen ist. Sie waren verlobt, und er versuchte, wie ich mit Entrüstung hinzufügen muss, sie unter dem Versprechen der Heirat zu verführen. Ihre Tugend leistete ihm Widerstand, und er gab vor, sich seiner selbst zu schämen. Das Aufgebot fand in meiner Kirche statt. Am nächsten Tage verschwand Zebedäus und verließ sie in grausamer Weise. Er war ein brauchbarer Dienstbote, und ich glaube, dass er bald wieder eine andere Stelle erhielt.SIR--Under the circumstances, I think I am bound to tell you confidentially what the friends and well-wishers of Priscilla have kept secret, for her sake. "Zebedee was in service in this neighborhood. I am sorry to say it, of a man who has come to such a miserable end--but his behavior to Priscilla proves him to have been a vicious and heartless wretch. They were engaged--and, I add with indignation, he tried to seduce her under a promise of marriage. Her virtue resisted him, and he pretended to be ashamed of himself. The banns were published in my church. On the next day Zebedee disappeared, and cruelly deserted her. He was a capable servant; and I believe he got another place.
Ich überlasse Ihnen sich vorzustellen, wie das arme Mädchen unter dem ihr zugefügten Schimpf gelitten haben mochte.I leave you to imagine what the poor girl suffered under the outrage inflicted on her.
Nachdem sie mit meiner Empfehlung sich nach London begeben hatte, ging sie auf die erste Annonce ein, die sie las, und war so unglücklich, ihren häuslichen Dienst in dem nämlichen Gasthause zu beginnen, in welches, wie ich aus dem Zeitungsberichte über den Mord schließe, Zebedäus die Frau mitnahm, die er heiratete, nachdem er Priscilla verlassen hatte.Going to London, with my recommendation, she answered the first advertisement that she saw, and was unfortunate enough to begin her career in domestic service in the very lodging-house to which (as I gather from the newspaper report of the murder) the man Zebedee took the person whom he married, after deserting Priscilla.
Seien Sie versichert, dass Sie im Begriffe sind, sich mit einem vortrefflichen Mädchen zu verbinden, und empfangen Sie meine besten Wünsche für Ihr künftiges Glück.«Be assured that you are about to unite yourself to an excellent girl, and accept my best wishes for your happiness."
Es war hiernach klar, dass weder der Pfarrer, noch die Eltern oder Freunde etwas von dem Kaufe des Messers wussten. Der Elende, der allein die Wahrheit kannte, war der Mann, der von ihr begehrt hatte, sein Weib zu werden.It was plain from this that neither the rector nor the parents and friends knew anything of the purchase of the knife. The one miserable man who knew the truth was the man who had asked her to be his wife.
Ich war es mir schuldig — wenigstens schien es mir so — nicht die Vermutung aufkommen zu lassen, dass auch ich sie in niedriger Gesinnung verlassen hätte. Wie peinlich dies auch voraussichtlich war, so fühlte ich doch, dass ich sie noch einmal und zum letztenmal sehen müsse.I owed it to myself--at least so it seemed to me--not to let it be supposed that I, too, had meanly deserted her. Dreadful as the prospect was, I felt that I must see her once more, and for the last time.
Sie war an der Arbeit, als ich ihr Zimmer betrat. Als ich die Tür öffnete, fuhr sie in die Höhe, ihre Wangen röteten sich, und ihre Augen blitzten im Zorn auf. Ich ging auf sie zu, und sie sah mir ins Antlitz. Der Ausdruck meines Gesichtes ließ sie im Schweigen verharren. Ich sprach in den kürzesten Worten, die ich finden konnte. »Ich bin im Laden des Messerschmiedes in Waterbank gewesen,« sagte ich. »Dort befindet sich ganz in Ihrer Handschrift die noch unvollendete Inschrift des Messers. Ich könnte Sie mit einem Worte an den Galgen bringen, aber — Gott vergebe mir — ich kann dieses Wort nicht sprechen.«She was at work when I went into her room. As I opened the door she started to her feet. Her cheeks reddened, and her eyes flashed with anger. I stepped forward--and she saw my face. My face silenced her. I spoke in the fewest words I could find. "I have been to the cutler's shop at Waterbank," I said. "There is the unfinished inscription on the knife, complete in your handwriting. I could hang you by a word. God forgive me--I can't say the word."
Ihre frische Gesichtsfarbe wurde plötzlich erdfahl und ihre Augen starr und groß wie die Augen einer Person im Fieberschauer. Sie stand unbewegt und schweigend vor mir. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, warf ich die Inschrift ins Feuer. Schweigend verließ ich sie. Ich sah sie nie wieder.Her bright complexion turned to a dreadful clay-color. Her eyes were fixed and staring, like the eyes of a person in a fit. She stood before me, still and silent. Without saying more, I dropped the inscription into the fire. Without saying more, I left her. I never saw her again.


Vorheriges Kapitel
Nächstes Kapitel
 Inhaltsverzeichnis für diese Geschichte