Das Geheimnis der Abtei [The Witness]

Aus den Erinnerungen einer Erzieherin

IIIIII

Lady Deightons Eröffnung an Capitain Sinclair gerichtet

LADY DIGHTON’S NARRATIVE, ADDRESSED TO CAPTAIN SINCLAIR

»Meine Beweggründe für das Niederschreiben dieser Mitteilungen werden sich am Ende derselben ergeben, und manche kurze Andeutungen dessen, was ich zu bekennen mich gedrungen fühle, werden sich an verschiedenen Orten finden, die ohne Zweifel bei meinem Tode oder im Falle einer schweren Krankheit nicht ununtersucht bleiben. Diejenigen, welche die Papiere lesen, mögen von ihrem Inhalte denken, was sie wollen. Sie enthalten die Schilderungen einer Tat, mit Anweisungen, danach zu handeln. Sie wird die Leser wahrscheinlich mit Abscheu erfüllen, aber nichts ist mir gleichgültiger. Ein Wesen gibt es jedoch, welches ich gern überzeugen möchte, dass Liebe zu ihm allein die Triebfeder meines elenden, irre geleiteten Daseins gewesen ist. Auch soll er erfahren, von welcher Art dieses Dasein war, ehe ich ihn kannte, und nachdem ich ihn kennen gelernt hatte. Oh, hätte er mir seine erste Liebe geben können, wie ganz anders würde sich mein Leben gestaltet haben! „My reasons for writing this narrative will be evident at its close. Many brief notices of that which I am compelled to tell will be found in various places that will be certain to be looked into, in case of my death or severe illness. The finders of those papers may think of me as they please. A simple fact is told in them, with directions how to act upon it. No doubt, it will fill them with aversion and horror. This is a matter of perfect indifference to me. But there is one whom I wish should know, that love for him has been the moving impulse of my miserable, misdirected life. I wish him also to understand truly what that life has been before and after I knew him. Oh, could he have given me his first love, how changed would that life have been!
Ich habe keine Erinnerung an meine Mutter, aber ich glaube, dass sie nicht meines Vaters Frau gewesen und entweder jung gestorben ist, oder ihn verlassen hat. „I have no recollection whatever of my mother, but I believe that she was not the wife of my father, and that she either left him or died very young.
Nie habe ich ihn von ihr sprechen hören. Die frühsten Eindrücke meines Gedächtnisses führen mich zu verschiedenen kleinen Wohnungen in Seestädten und Badeorten, wo irgendein schmutziges Mädchen meiner wartete. Nach zurückgelegtem achten Jahre hatte ich keine Wärterin mehr, sondern sorgte für mich selbst, oder hing von dem Temperament und den Gewohnheiten unserer verschiedenen Wirtsfrauen ab, bei denen ich mich aufzuhalten und meine Mahlzeiten zu empfangen pflegte. Eine derselben muss eine sehr gutherzige Frau gewesen sein. Sie hatte früher eine kleine Schule gehalten und lehrte mich lesen und schreiben, was ich sehr schnell begriff, und wodurch mir ein neues Licht über mein seltsames Leben aufging. Mein Vater war fast immer abwesend, und wenn er sich zu Hause befand, so tat er nichts als Karten und Würfel spielen oder Novellen lesen. Diese Bücher lagen stets umher und wurden bald meine tägliche und liebste Unterhaltung. Auch traf ich in einer unserer Wohnungen einen Knaben, welcher eine sehr hübsche Stimme hatte und in dem Theater und in öffentlichen Lokalen zu singen pflegte. Er war gutmütig, fand Gefallen an meiner Stimme und lehrte mich verschiedene Lieder nach seiner Weise singen, — ein Umstand, der später zu einer großen Veränderung in unserer Lebensweise führte. My father never spoke of her to me. My first remembrances of him take me to various small lodgings in fashionable seaports and other frequented watering-places, where, when a very small child, I some careless dirty girl to look after me, and a fresh one at every town we went to. After I was about eight years old, I had no attendant, but managed for myself, strangely enough, I believe; and I was more or less neglected, according to the temper and habits of our different land ladies, with whom I used to associate, and generally take my meals. One of these persons with whom we remained must have been a very good kind of woman; she had formerly kept a humble school of some sort, and at odd-and-end times she taught me to read and write, which I learned very quickly, and it became the means of throwing a new light on my strange manner of life. My father was almost always absent, and when at home, did nothing but practice with cards or dice, and read novels. These were always lying about, and they became my daily and best-loved amusement. At another of our lodgings was a lad who had a good voice, and used to sing at tavern-parties and at the theatre, when the players made their annual visit to the town we were then inhabiting. He was very good-natured, and he liked my voice, and taught me to sing several songs after his own fashion; and this circumstance, as I made out long afterwards from recollection and better acquaintance with the world, led to a great change in our ordinary mode of life.
Ich war ungefähr elf Jahre alt, als ich eines Tages, auf dem schlechten Sofa unseres einzigen Wohnzimmers sitzend, mit geschlossenen Augen und größtem Eifer alle erlernten Arien und Lieder absang. Ein leises Geräusch ließ mich plötzlich aufblicken, und ich sah in der Tür des Zimmers einen Freund meines Vaters stehen, den ich von Ansehen kannte. Er nickte mir zu und fragte, ob mein Vater zu Hause sei. Ich verneinte, worauf er sich umwandte und fortging. An demselben Abende brachte mein Vater diesen Mann mit sich, um mit ihm zu rauchen, zu trinken. Während ich dann mit meinem schmutzigen Novellenbuche in einer Ecke des Zimmers saß, hörte ich manches von ihrer Unterhaltung. Einmal sagte der Mann: »Sie wird hübsch werden,« und ein anderes Mal: »Mit einem solchen Gesichte und einer solchen Stimme muss sie bei gehörigem Unterrichte eine wahre Goldgrube für Dich werden!« Meines Vaters Antwort konnte ich nicht verstehen denn er sprach absichtlich sehr leise, aber nach wenigen Minuten vernahm ich wieder die Worte den anderen: »Ich könnte Dir ein Schreiben an einen mir bekannten Mann in Paris geben, der alles für sie tun würde, was nötig wäre.« Weiter wurde, wie es mir schien, nichts über den Gegenstand gesprochen, und da ich überhaupt mit keiner besonderen Neugierde und Spannung zugehört hatte, so dauerte es lange, bis ich diese Unterhaltung mit unserer etwa zwei Monate später erfolgenden Übersiedelung nach Paris in Verbindung brachte. Wir wohnten dort bei einem Musiklehrer, einem wütenden Demokraten, von dem ich täglich Unterricht im Gesange und im Klavierspiel erhielt. Auch Tanzstunden hatte ich und bekam Unterweisung in der sogenannten Anstandslehre. Meine neuen Studien gefielen mir, und nicht minder der schmeichelhafte Beifall, welcher mir überall zuteil wurde, so dass ich unsere Lebensweise in Paris bei weitem der früheren in England vorzog. Drei Jahre, die merkwürdigen drei von 1790 bis 1793 blieben wir in Paris, bis ich fünfzehn Jahre alt war. Mein Vater hatte unter den Revolutionsmännern viele Freunde und Bekannte, und ich könnte viel von dem erzählen, was ich in jener Zeit gesehen und gehört habe. Er wurde zwar nicht reich, aber es fehlten ihm auch nie die Mittel, um alle Bedürfnisse seiner Lebensweise zu befriedigen. Häufig hatten wir Gäste bei uns, meistens aus den näheren Bekannten meines Vaters bestehend, und öfters hörte ich mit gespannter Aufmerksamkeit den rückhaltlos geäußerten Ideen der verwegensten Geister, der entschiedensten Freidenker jener schrecklichen Zeit zu, die für Recht und Freiheit kämpften, aber meistens ihren Bestrebungen als Opfer fielen. Ich war durch keine Vorurteile der Erziehung gefesselt und geblendet, mein Geist war eine Leere, und mit aller Kraft meines Herzens griff ich deshalb nach dieser neuen Kenntnis, die mir später immer zur Seite gestanden hat.« „I was about eleven years old, when, crouched up in a corner of the old horse-hair sofa in our one sitting-room, I was singing away at a great rate, with my eyes shut, song after song, with all the flourishes I had been taught to bestow upon them. A slight noise made me suddenly start up, and I saw standing within the doorway one of the men my father had got intimate with in the place we were then staying at. I knew him well by sight, and he nodded to me and said: ‘Blake at home?’ ’ I answered no, and he turned and went downstairs again. That same evening, my father brought this man home with him to drink and smoke; and as I sat with my dirty novel in a corner, I now and then caught a few words of their conversation. At one time I heard the man say: ‘She will be very handsome;’ and at another; ‘With that face and voice, if she is well taught, and gets rid of all that vulgar trickery, she would positively be a mine of wealth—a mine of wealth, I say.’ I did not, catch my father’s answers, as he evidently; lowered his voice, and so in general did the other, but not so cautiously, and in a few, minutes I again distinguished the words: ’I, could give you a letter to a man I know in : Paris who would do all you want.’ No more was said that I could hear, as I did not listen very curiously, and it was long before I began to connect this conversation with our removal to Paris about two months afterwards. We lodged with a music-master, a violent democrat, from whom I received daily lessons in music and singing. I had also dancing lessons, combined with what was called department. I was pleased with my new studies, and with the flattering praises met with, and I very much preferred my Parisian to my English manner of living. Three years of my life, till I was nearly fifteen, were passed in Paris; they were memorable years, from ’90 to ’94 my father had many intimates among the revolutionists; and I could write volumes on all I saw and heard during that time. I suppose my father was more than usually successful at the gambling-houses he frequented. He did not become rich, but he had generally enough to spend in the way she best liked. We frequently had guests—a few at a time—consisting of his favorite associates; and I often listened eagerly to the unrestrained opinions of the most desperate spirits and determined free-thinkers of these wild and terrible years—strugglers for right and truth, who too often had to wade through blood to attain their glorious objects, and too often, alas, perish in the effort. I had no prejudices of education to fetter and blind me: my mind was a blank, and I grasped the new knowledge that was presented to it with my whole heart and strength. I think it has never really nailed me; but of this I need speak no more.
Unsere Rückkehr nach England erfolgte, als ich fünfzehn Jahre alt war. In einer Hafenstadt, dem ersten Orte, wo wir uns längere Zeit aufhielten, traf mein Vater zufällig einen entfernten Verwandten, einen jungen Mann, der zum Offiziere in einem Regimente der ostindischen Armee ernannt worden war und im Begriffe stand, dahin abzusegeln, aber durch widrige Winde in der Hafenstadt zurückgehalten wurde. Er verweilte mehrere Wochen dort, welche für mein späteres Leben entscheidend waren. Charles Sinclair brachte seine ganze Zeit bei uns zu. Er kannte niemand im Orte und war zu jung und liebenswürdig, um ahnen zu können, von welcher Art die Beschäftigungen meines Vaters und seiner Gefährten waren. Er sah sie überhaupt wenig, aber befand sich dagegen fast fortwährend in meiner Gesellschaft. Wir schweiften miteinander durch die Felder oder ließen uns am Ufer nieder, wo wir die blaue See und den wolkenlosen Himmel betrachten konnten. Auf diese Weise verstrichen vier Wochen, die einen unauslöschlichen Eindruck auf mein Leben zurückließen. Für ihn jedoch waren es nur angenehme Stunden, die er in Gesellschaft eines Wesens zubrachte, für das er eine Art von brüderlicher Zuneigung, aber kein wärmeres Gefühl hegte. Als wir endlich schieden, geschah es mit dem Versprechen, einander nie zu vergessen und oft zu schreiben. „We returned to England when I was barely fifteen, and at a seaport which happened to be the first place we remained at for any time, my father discovered a distant relative in a youth recently nominated to a cadetship at Calcutta, whither he was about to sail, but had been detained by contrary winds. He remained there only a few weeks, but those few weeks decided the whole aspect of my future life. Charles Sinclair was continually with us. He knew no one in the place, and was much too young and too amiable to be aware of the nature of my father’s habits and associates. Indeed, they saw but little of each other. I was his daily companion. We spent the long summer days together on the shore, or roaming inland, sat on some shady bank, looking on the blue sea and the cloudless heavens. Four weeks passed in this manner; my life will tell their influence on me. To him they were only pleasant hours passed with one for whom he felt perhaps somewhat of a brother’s liking. When we parted, it was with promises never to forget each other, and to write frequently.
Nach dieser Trennung fühlte ich mich namenlos unglücklich. Selbst mein Vater wurde endlich auf mein Gemütsleiden aufmerksam und mochte eine Anwandlung von Besorgnis um mich empfinden, die ihm jedoch bald lästig wurde; denn da wir kurze Zeit darauf nach einer anderen Stadt gingen, fand er völlige Beruhigung in dem Gedanken, dass mir nichts not tue als Luft- und Ortsveränderung. Ein Brief, den mir Sinclair vom Cap aus schickte, gab mir neues Leben, und absichtlich die darin enthaltenen freundlichen Ausdrücke missdeutend, begann ich mich bereits als die verlobte Braut meines Vetters anzusehen. Meine Briefe an ihn enthielten jedoch auch, gleich den seinigen, nur süße Erinnerungen an die Vergangenheit und unbestimmte Hoffnungen für die Zukunft. Ich glaube, es war ein weiblicher Instinkt, der mir gebot, im Ausdrucke meiner Gefühle die Grenzen zu beobachten, welche er in seinen eigenen Briefen gleichsam vorgezeichnet hatte. Mein Vater las sie selten und die meinigen nie. Er hatte gegen unseren Briefwechsel nichts einzuwenden und mochte ihn kaum der Mühe wert halten, einen Augenblick daran zu denken. Inzwischen verfloss die Zeit, und Vorbereitungen zu meinem ersten Auftritt als öffentliche Sängerin wurden getroffen. Etwa drei Jahre nach der Abreise meines Vetters begaben wir uns zu diesem Zwecke nach Bath. Hier traten jedoch verschiedene Hindernisse und Verzögerungen ein, welche in den mir ganz unbekannten Verhältnissen meines Vaters ihren Grund hatten; und dann wurde ich in Folge einer heftigen Erkältung mehrere Monate lang völlig unfähig zu singen. In dieser Zeit lernten wir Sir Thomas Deighton kennen. Ich brauche ihn nicht zu schildern. Sein großer Reichtum, sein abscheulicher Charakter, sein teuflisches Temperament sind jedem bekannt, der von ihm gehört hat. Er wurde von einer heftigen Leidenschaft für mich ergriffen, während ich ihn verabscheute. Es war mir schon peinlich, ihn nur anzusehen und sprechen zu hören; aber mein Vater sah die vielfachen Vorteile, welche für ihn aus seiner leidenschaftlichen Liebe zu mir entspringen konnten, und er wusste ihn bald zu einem Spielwerk seiner Hände zu machen. Diese Rücksichten, in Verbindung mit der Besorgnis, dass ich meine Stimme für immer verlieren könne, bestimmten ihn, die Besuche des Baronets zu begünstigen und mich durch Vorstellungen und Drohungen zu vermögen, dass ich seine Gesellschaft duldete und die gewöhnliche Höflichkeit gegen ihn beobachtete. Damals ahnte ich noch nicht die Absichten, welche seinem fortwährenden Verkehr mit meinem Vater zu Grunde lagen; ich glaubte nur, dass er gern spiele und unsere Privatwohnung den öffentlichen Lokalen vorziehe. Schon früher hatte ich oft Männer freundlich empfangen müssen, die mir Widerwillen einflößten, und war gegen niedrige Schmeichelei abgehärtet. Allein endlich wurde mir die Wahrheit klar, und ich erkannte den Abgrund, zu dem mein Vater mich und meinen bejahrten Anbeter hindrängte. Jeder Tag konnte die Entscheidung meines Loses bringen, und ich sammelte deshalb alle meine Kräfte zu einem entschiedenen Widerstande.« „I cannot speak of the utter wretchedness that followed that parting. Even my father at last began to notice that I was looking ill, and made some faint attempts to think about me and take care of me, but it soon wearied him; and as we were soon to remove to another town, he satisfied himself by deciding that I only wanted change of air and scene. A letter from Charles from the Cape gave me new life, and wilfully misconstruing its kind and affectionate expressions, I began to consider myself the affianced wife of my cousin. My letters, however, like his own, contained nothing beyond tender recollections of the past, and indefinite hopes for the future suppose womanly instinct compelled me to confine my feelings within the limits marked out to me, as it were, by his own letters. My father seldom saw his, and never mine. He did not object to the correspondence, and I believe scarcely gave it a t ought. Meanwhile time wore on, and my debut as a public singer began to be talked of; audit was more than three years after my cousin sailed for India that we removed to Bath for that especial purpose. Here various delays occurred, owing to engagements of my father’s, the objects of which were unknown to me; and afterwards I was unable to sing during an entire winter and spring from the consequences of a violent cold, which produced weakness in the muscles of the throat and chest. It was at this time that we became acquainted with Sir Thomas Dighton. I need not describe him. His enormous wealth, infamous character, and satanic temper, are well known to all who ever heard of him. This man conceived a violent passion for me. On my part, I positively detected him. It was disagreeable to me even to look at him and hear him speak; but my father soon began to perceive the manifold advantages that might result from his insane passion, and ultimately he became a mere puppet in his clever hands. These considerations, coupled with the dread that I might permanently lose my voice, induced him to encourage Sir Thomas’ visits, and to employ both threats and persuasion to compel me to endure his society, and treat him with tolerable civility. At that time, I had no idea of the real cause of his so constantly associating with my father; I thought only that he lost his money freely, and that he preferred playing at our lodgings to the public rooms. I had frequently before been obliged to play the civil hostess to men who were repulsive to me. I was hardened to hold admiration and vulgar flattery; but at length the truth became manifest to me, and I saw the precipice to which my father was leading both my ancient lover and myself. Each day that came might bring the announcement of my doom, and I nerved myself to the most determined resistance. I felt that my father little knew the sort of character which he had formed, or rather suffered to form itself, and that while there must be a limit to his power and influence over me, there could be none to my defiance of both, provided I had strength to persevere in my rebellion, and this strength I felt that I possessed, and could fearlessly employ.
»Als jedoch der gefürchtete Augenblick kam, war ich machtlos, jedes Widerstandes unfähig und gleichgültig gegen mein zukünftiges Los, so wie gegen das Leben überhaupt. Am Tage vorher, ehe mein Vater mir die glänzenden Anträge des Baronets mitteilte, hatte ich einen Brief von meinem Vetter Sinclair erhalten, worin er mir seine Verheiratung mit einem jungen Mädchen anzeigte, das ebenso arm wie er selbst war. Mit Begeisterung schilderte er ihre Schönheit, Sanftmut und sonstigen Vorzüge. Jetzt sah ich, wie verblendet ich gewesen war, dass er mich nie wirklich geliebt hatte, und sank fast unter dem Schlage. Meine Selbsttäuschung, der Wahnsinn meiner Liebe zu ihm, meine törichten Hoffnungen, alles wurde mir klar; aber stärker als jede bittere Empfindung war der Entschluss, dass niemand erfahren solle, was ich leide. Noch am demselben Tage sandte ich an Sinclair meine wärmsten Glückwünsche und sagte ihm, dass ich mich über sein Glück innig freue. Am folgenden Tage war ich des Baronets verlobte Braut.« „When the dreaded moment came, however, it found me utterly helpless and incapable of resistance—indifferent as to what my fate in life might be—careless of life itself. The very day before my father laid before me the magnificent proposals of Sir Thomas, I received a letter from my cousin, telling me of his marriage, after a few weeks acquaintance, with a girl as penniless as himself. His letter was full of her beauty, her sweetness, and her numberless perfections. I saw how blindly I had deceived myself; I felt that he now loved for the first time, and I was stunned by the blow. I perceived the greatness of my self-delusion, my mad passion, my vain hopes; but soon paramount over ever bitter feeling was the determination that he—that none—should ever know of my sufferings. It seemed to me as if I could take my swelling heart into my hand and crush it into submission. Even that same day I wrote warm congratulations to Charles Sinclair, and told him how much I rejoiced in his happiness. On the following day, I was the affianced bride of Sir Thomas Dighton.
Meine Heirat führte mich in eine Welt der leichtsinnigsten Verschwendung und fortwährender Vergnügungen ein. Sie Thomas Deighton, stolz auf sein junges Weib, versammelte in seinem fürstlichen Schlosse, Fairly Park, Gäste von ausschweifenden Sitten und zweifelhaftem Rufe. Mein Vater ermunterte ihn und gab sich ganz den Schwelgereien hin, welche seinem Geschmacke so sehr zusagten und die er früher hatte entbehren müssen. Er glaubte sich ein Leben ununterbrochenen Genusses gesichert zu haben, indem er Sorge getragen, mir ein bedeutendes, von meinem Gemahle ganz unabhängiges Einkommen auszubedingen. Der verliebte alte Mann hatte sich allen seinen Forderungen gefügt und ihm die Bestimmung des Nadelgeldes und Wittums ganz überlassen. Er war um mehrere Jahre älter als mein Vater und noch kraftloser, als sein Alter rechtfertigte, und ich sah deutlich, dass mein Vater sich des Gedankens freute, ihn zu überleben und mit Hilfe seines Reichtums zu schwelgen. Allein kurze Zeit nach meiner Verbindung wurde er am Kartentische von einem Hirnschlage getroffen und gab wenige Stunden darauf seinen Geist auf. Ich erheuchelte keinen Schmerz, denn selbst in meiner Kindheit hatte ich nie Liebe für ihn empfunden, und als ich heranwuchs und seine Lebensweise kennen lernte, war es nur Verachtung, was mich gegen ihn erfüllte. Allein bald sah ich ein, dass er mir dennoch eine Stütze, ein Schutz gewesen war. Bis dahin hatte ich mich wenig um die zunehmende Übellaunigkeit meines Gemahls gekümmert, aber nach dem Tode meines Vaters wurde sie immer unerträglicher. Er war eigensinnig und heftig, und außerdem zeigte sich bei ihm eine wahnsinnige Eifersucht. Jedes Vergnügen, an dem ich Gefallen fand, störte und verhinderte er, und jeden Mann, der mir einige Aufmerksamkeit bewies, beleidigte er. Nachdem die von der Gegenwart meines Vaters aufrecht erhaltene Schranke gefallen war, lebten wir in einem vollständigen Kriege. So verflossen mehrere Monate, während der ich ebenso wenig Nachgiebigkeit zeigte, wie er, als er plötzlich seinen hartnäckigen Widerstand gegen alle meine Wünsche aufgeben zu wollen schien und mich sogar aufforderte, an einem fröhlichen Ausfluge Teil zu nehmen, den mehrere unserer Bekannten durch die westlichen Grafschaften machen wollten. Er knüpfte daran nur die Bedingung, dass ich ihn einige Tage vor der Abreise unserer Freunde nach der hiesigen Abtei begleiten solle, um mich ihnen anzuschließen, wenn sie in diese Gegend kämen. Ohne seine Absichten zu ahnen, fügte ich mich. Die Folgen sind bekannt. Ich betrat die düsteren Mauern und wurde eine Gefangene in ihnen. My marriage took me into a new world of lavish expenditure and incessant gayety. Sir Thomas, proud of his young wife, filled our princely abode at Fairley Park with visitors of dissipated habits and doubtful reputation. My father encouraged him, and reveled in the luxuries and self-indulgence so suited to his tastes and wishes, but which he had never before been able to enjoy. He believed that he had secured for himself a life of unremitting pleasure, as he had taken care to appropriate to me a large income wholly independent of my husband. The doting old man had yielded to all his demands, and had left the arrangement of pin-money, settlement, and jointure entirely to him. He was many years my father’s senior, and older than his age in constitution and appearance, and I could see that my father enjoyed the idea of outliving him, and revelling in his wealth. But in less than three years from my marriage the schemer himself was seized by a sudden attack on the brain, while at the card-table, and died in a few hours, insensible to the last. I did not affect a sorrow that I could not feel; not even in childhood had he won my love; and as I grew older, and began to perceive the nature of our mode of life, I learned gradually more and more to contemn, and even despise him. Ere long, however, I began to find that he had been a support and protection to me. I had hitherto cured little for my husband’s increasing ill-temper; but soon after the death of my father, it became almost intolerable. He was capricious and violent, and at length madly jealous. He thwarted me in all my favorite pleasures and amusements, and affronted every man to whom I showed any favor. The restraint of my father’s ‘presence being removed, we lived a life of perpetual contention. Some months went on in this manner, I being as little inclined to yield as he was, when he suddenly began to relax in his determined opposition to whatever I planned or proposed, and encouraged me to join a gay party who were projecting a sort of progress through the western counties, with the intention of stopping wherever there was a sight to be seen or pleasure to be enjoyed. He agreed to the scheme with singular alacrity, stipulating only that I should accompany him to Greyfriars a few days before my friends commenced their journey, and join them when they drew near our neighborhood. To this I agreed without the slightest suspicion of his intentions. The result is well known. I entered these loomy walls, and became a prisoner within them.
Es wäre unnütz zu beschreiben, wie verzweifelt ich mich wehrte und wie teuflisch mein Gemahl sich seines Triumphes freute. Dagegen muss ich hier erwähnen, dass er mir in den ersten Tagen nach unserer Ankunft, ehe er die Maske abwarf, das Geheimnis der verborgenen Zimmer in der Abtei mitteilte, welches jeder Besitzer seinem Nachfolger zu eröffnen gehalten ist, und dass er mir vertraute, weil die Abtei zu meinem Wittum gehörte. Mit großer Genauigkeit beschrieb er die sinnreiche Art ihrer Verbergung und die Unmöglichkeit der Entdeckung, da der sehr schwierige Zugang durch eine scheinbar geschlossene Wand führt, deren innere Federn so stark und fest sind, dass man keine Ritze oder Spalte darin entdecken kann, solange der dahinter verborgene Bewohner der Gemächer die Riegel und Federn unberührt lässt. Diese Schilderung erweckte meine Neugierde, und ich trug Verlangen, die Zimmer zu sehen. Es sind zwei kleine Räume, von denen der eine dicht hinter der Wand des Küchenherdes liegt und im kältesten Wetter immer warm ist, während der andere kühl und durch verschiedene in der Decke angebrachte Öffnungen verhältnismäßig luftig bleibt. In dem Winterzimmer zeigte mir Sir Thomas mehrere in der Küchenwand befindliche Schränke, in denen Betttücher, Bettzeug und Matratzen zusammengerollt lagen und zu jeder Zeit zum Gebrauche bereit waren. In dem Sommerzimmer befanden sich Vorräte von Wachslichtern, gelb vom Alter, und einige Bücher. Auch der erforderliche Zufluss von Wasser fehlte in beiden Gemächern nicht, welche mit hinreichenden Möbeln und jeder nötigen Bequemlichkeit versehen waren. Speisen und andere Gegenstände können den Bewohnern dieser Zimmer durch ein bewegliches Stück der Wand zugeführt werden, welches ein scheinbar ebenso integrierter Teil derselben wie der Eingang ist. In den Papieren, welche man nach meinem Tode finden wird, habe ich eine genaue Beschreibung davon gegeben, auf welche Weise der Eingang zu öffnen ist. Hier will ich nur noch bemerken, dass Sir Thomas, als er seine Absicht erklärte, in der Abtei zu bleiben, mir während des darauf folgenden heftigen Streites zu verstehen gab, dass eine widerspenstige Person mit Leichtigkeit in jene Gemächer eingesperrt werden könne. „It were vain to tell how desperately I resisted; how satanically he enjoyed his triumph. I should here say, however, that during the first day or two that followed our arrival, and before he had thrown off the mask, my husband revealed to me the curious secret of some concealed rooms in the abbey, that its possessor was pledged to disclose only to his next heir, and that this property being included in my settlement, he was bound to make me acquainted with their existence. He was most particular in describing to me the extraordinary ingenuity of the mode of concealment, and the impossibility of discovery, the entrance being of most intricate approach, and forming, apparently, an unbroken surface of wall; and as the fastenings within were of great strength, it was impossible to discover any break or opening, so long as the concealed inmate within chose to keep the bolts and bars in their places. I was interested by these details, and curious to see these chambers. There were two small rooms; one of them directly at the back of the kitchen chimney, was a ways warm in the coldest weather; the other was cool and comparatively airy, having several contrivances in the roof for the admission of air. In the winter-chamber, Sir Thomas showed me presses in the kitchen chimney-wall, full of blankets and bed-linen, and mattresses rolled together, which were always warm and ready for immediate use. In the summer room, were the remains of stores of wax candles, orange-colored from age, and a few books. There was a never-failing supply of water to both apartments, a sufficiency of old-fashioned furniture, and every requisite convenience. Food and articles even of considerable size might be conveyed to the inmates of these rooms by means of a movable portion of the wall near the entrance, and like it, apparently part of the wall itself. I have given the most minute description of the means of access to these apartments in the papers which will be found after my death, and will now only add that when Sir Thomas announced his intention of remaining at Greyfriars, he hinted, during the violent altercation which ensued, that it would be easy for a refractory person to be conveyed to those chambers and confined there.
»Sie sind stets zum Gebrauche eingerichtet,« fügte er hinzu, »und wer wird, wenn eine lebenslustige Dame plötzlich verschwinden sollte, etwas anderes denken, als dass sie mit irgendeinem ihr angenehmen Begleiter nach fernen Ländern gegangen sei?« „They are always ready for use,’ he added; ‘an if a gay lady were suddenly to disappear, who would dream of anything but that she had one of with some pleasant companion to a distant land?’
»Aber durch welche Mittel könnte sie dahin gebracht werden?« fragte ich empört und mit erzwungenem Lachen. „How would she be taken thither?” I asked, laughing indignantly.
»Geld, mein Kind,« war seine höhnische Antwort, — »Geld würde bald die Mittel beschaffen und auch Schweigen sichern.« „Money, my dear lady,” was the sneering reply—“money would easily purchase means and silence too.”
Ich fügte mich nicht gutwillig in meine Gefangenschaft, sondern schrieb an meine Verwandten, aber erhielt nur den Rat Geduld zu haben, da Sir Thomas ohne Zweifel von seinen jetzigen Entschlüssen bald wieder abgehen und ich allmälig wieder zu voller Freiheit gelangen werde. Dem äußeren Anscheine nach hatte ich auch keine Ursache zu klagen, denn viele Dienstboten, Wagen und Pferde standen mir zu Gebot, und jede Art von Luxus umgab mich; allein mein Leben in der Abtei war öde und einsam. Das große mir ausgesetzte Einkommen wurde für mich völlig wertlos, während Sir Thomas mir mit hämischer Freude am Schlusse eines jeden Quartals erzählte, dass der Betrag an meinen Bankier in London pünktlich eingezahlt worden sei. „I did not submit quietly to my imprisonment; I wrote letters of complaint to my trustees, and to others whom I believed to be my friends; but I received only advice to be patient, and suggestions that Sir Thomas would no doubt, ere long , relax in his present determinations, and should gradually, if I played my cards well, be relieved from my present annoyances. To all outward appearances, I had little to complain of. I could not say that I was personally ill-used: I had a complete establishment of servants, carriages, and horses at my command, and every luxury that wealth could afford me. My expressions of dislike to the dullness of my life at Greyfriars were evidently little heeded, and I could not but feel that, amid all the splendor and dissipation of the first years of my marriage, I he failed to make a single real friend. The large income secured to my sole and separate use became worse than useless to me, and Sir Thomas greatly enjoyed telling me every quarter that it was duly paid into my banker’s hands in London.
Bald jedoch erwachte ein neues Interesse in mir und machte mich gegen allen andere gleichgültig. Mein Vetter, Charles Sinclair schrieb und teilte mir mit, dass er ein trostloser Witwer geworden und Vater von Zwillingstöchtern sei. Seine Gesundheit hatte in Indien gelitten, und ungefähr zwei Jahre nach der Geburt seiner Kinder war er genötigt worden, mit einer sehr kleinen Pension den Abschied zu nehmen. Gerade in dieser Zeit wurde Sir Thomas von einer Lähmung befallen, die mir einige Befreiung von meiner Knechtschaft gewährte, und ich segnete jetzt den vorher so wertlosen Reichtum, da er mir die Mittel gab, für Sinclair und seine Kinder ein kleines Haus im Dorfe, dicht bei der Abtei, einzurichten. Ich sah ihn wieder und fühlte, dass es noch etwas gab, das mir das Leben wert machte. Die Hilflosigkeit meines Gemahls gestattete mir, einen großen Teil des Tages nach Belieben zuzubringen, und mein Herz jubelte, als ich sah, dass mein Vetter allmälig Gesundheit und Kraft wieder erlangte. Allein es standen Sir Thomas noch immer viele Mittel zu Gebote um mich zu quälen, und hätte ich nicht gefürchtet, in der Achtung meines edlen und liebenswürdigen Vetters zu verlieren, so würde ich keinen Anstand genommen haben, meinen Gemahl gänzlich den Händen und der Wartung der Dienstboten zu überlassen. Diese Rücksicht bewog mich es nicht zu tun. Ich besuchte deshalb Sinclair und seine Kinder nur einmal des Tages und zwar des Morgens, nach einem kurzen Spaziergange, und kehrte dann in die Abtei und zu dem Elende zurück, das an der Seite des Gemahls meiner wartete. Sein teuflisches Temperament wurde durch die Hilflosigkeit noch schlimmer. Grässlich war es zu hören, wie der alte Mann lästerte und sich der Macht freute, mich kränken und zur Verzweiflung treiben zu können. Gegen die Dienstboten, die seiner warteten, benahm er sich nicht minder heftig und unvernünftig, so dass nur hohe Löhne und häufige Geschenke sie vermochten, in ihren Stellen zu bleiben. Nur ein Wesen gab es, das sich eines Schattens von Güte bei ihm erfreuen konnte. Es war ein kleines Mädchen, damals ungefähr zwölf Jahre alt, dessen Mutter die Tochter einer im Dorfe wohnenden alten Frau war, und dessen Vater Sir Thomas selbst sein sollte, wie es allgemein hieß. Die Großmutter, Mrs. Wilson, hatte das Kind bei sich und empfing dafür ein jährliches Kostgeld von Sir Thomas. Die Mutter hatte einige Jahre vorher einen Handwerker in der nächsten Stadt geheiratet, und zwar mit einer hübschen Ausstattung aus derselben Quelle. Das Mädchen war im Lesen und Schreiben unterrichtet worden, was nach der Meinung ihres Vaters alles war, dessen ein Frauenzimmer bedurfte. Es war ein stilles, bleiches Kind, mit einer wohlklingenden Stimme, weshalb mein Gemahl sie oft nach der Abtei kommen ließ, um sich die Zeitungen vorlesen zu lassen. Nach dem Schlaganfalle, welcher ihn lähmte und an das Bett fesselte, ließ er ein Bett für sie in einem an sein Zimmer stoßenden Kabinett aufstellen, dessen Tür sich in einer tiefen Wandnische befand, in der sein eigenes Bett stand; und wenn das Wetter ungünstig oder sonst ein Grund vorhanden war, der das Dortbleiben der Kleinen wünschenswert machte, so schlief sie in der Abtei. Ich beachtete sie nicht und schenkte ihrem Kommen und Gehen durchaus keine Aufmerksamkeit. Soon, however, a new interest absorbed me, and rendered me indifferent to all other subjects. My cousin, Charles Sinclair, wrote to tell me that he was the father of twin-daughters, and a heart-broken widower. His own health suffered; and in about two years from the birth of his children, he was obliged to retire from the Indian service on a small pension. At this time, also, the paralysis that attacked Sir Thomas relieved me from some portion of my thraldom, and I blessed the hitherto useless wealth which enabled me to prepare a home for Charles Sinclair and his children in a small house in our village, very near Greyfriars. I saw him once again, and felt that I had still something to live for. The helplessness of my husband enabled me to spend a considerable portion of every day as I pleased; and as time went on, my heart rejoiced in seeing my cousin improving in health and strength, and more and more able to enjoy my society and the endearments of his children. Sir Thomas, however, still retained many means of restraining and tormenting me; and had Charles been a less amiable and excellent man, I felt that I could willingly have cast aside all appearance of attention to my husband, and left him entirely to the care of his servants; but I knew that I could not do this without greatly distressing my cousin, and losing a large portion of his esteem; so, after a daily morning walk and visit to Charles and his little girls, I returned home, and encountered the exceeding misery of companionship with my husband. His demoniacal temper was fearfully aggravated by his utter helplessness. It was dreadful to hear how the wretched old sufferer would blaspheme, and how he delighted in the power which he yet retained to insult and goad me to desperation. To the servants who attended upon him he was also incessantly violent, capricious, and unreasonable, and nothing but high wages and occasional bribes enabled me to retain them in our service. To one person only did he ever show any shadow of kindliness and consideration; this was a little girl about twelve years old at the time I am speaking of; her mother was daughter to an old woman in the village, and it was well understood that her father was Sir Thomas himself. The grandmother, Dame Wilson, had the care or the child, and received a regular annuity from Sir Thomas. The mother had for some years been married to a tradesman in our market-town, with, as I have been told, a handsome portion from the same source. The girl had been taught to read and write, which was all, Sir Thomas used to say, a woman needed to know. She was a pale, quiet child, and had a pleasant voice both in reading and singing, and my husband often had her to the abbey to tea the newspapers to him. After his paralytic attack, when he was confined to his own chamber, he had a little bed for her put into a large closet, the door of which was in a deep recess in which his own bed was placed; and when the weather was bad, or he had any reason for wishing her to remain, she was accustomed to sleep at the abbey. I took little heed of her, and she came and went without much notice from anybody.
So verflossen die Tage, deren jeder meine Qualen erhöhte. Erlösung konnte mir nur mein eigener Tod oder der meines Gemahls bringen. Oft dachte ich daran, dass ich mich gerade in einer solchen Enge befand, wie sie von meinem Vater und seinen Freunden in Paris häufig besprochen worden war. Sie pflegten oft über den Begriff des Verbrecherischen und Sündhaften zu disputieren, und führten dann Fälle an, in denen Handlungen, welche nach allgemeinen Grundsätzen verdammt werden, zu rechtfertigen seien. Zum Beispiel den Fall eines Mannes, der, um seine verhungernde Familie zu retten, einem hartherzigen Geizhalse einen kleinen Teil seiner Reichtümer raubt; oder den einer Frau, welche einen nachlässigen und grausamen Gatten verlässt, um in den Armen des Mannes ihrer ersten und einzigen Liebe, von dem sie nur durch Betrug oder Gewalt getrennt worden war, Schutz zu suchen; oder den eines völlig wertlosen, unnützen Lebens, das kein Gutes wirkt und nur Böses verbreitet, anderen Glück und Freiheit raubt, und dessen Vernichtung nur die Vertilgung eines menschlichen Schandfleckes wäre. Die Wahrheit solcher Argumentationen sah ich vollkommen ein, denn kein religiöses Vorurteil stand mir im Wege, und nichts Anstößiges lag für mich in solchen Ansichten. Ich fühlte oft, dass ich nach ihnen hätte handeln können, allein die Furcht vor Entdeckung und selbst vor Verdacht hielt mich ab; denn die Liebe meines ganzen Herzens gehörte einem Manne, der in den Fesseln von Aberglauben und Vorurteilen lag und die Rechtmäßigkeit einer solchen Handlung nie hätte verstehen können. „Thus time passed on, every day bringing me some aggravation of my trials. I could look for release only to my own death or that of Sir Thomas. It often occurred to me that I was placed precisely in one of the situations which used to be discussed and commented upon by my father and his Parisian friends. They were fond of discussing and refining upon the degrees of what was called criminal and sinful. They would propose imaginary cases, such as a man who, to save a starving family, takes from the hoards of the hard-hearted and avaricious the gold that was useless to the possessor, and never expended in kindness or charity: of the wife who leaves a careless and cruel husband to shelter in the arms of her first and only love, from whom she had been separated by treachery or violence; of the one life that bars many from freedom and happiness—a life, as they put the case, of utter uselessness, the worker of no good, but of much evil—a life, the removal of which would not be the extinction of a light, but the erasure of a foul blot. I saw the genuine truth, the perfect justice of these arguments. I had no prejudices, religious or moral, to oppose to them, and there was nothing in them to shock or disgust me. There were moments when I felt in myself that I had power to be guided by them; but the barrier between my present bondage and liberty secured by my own hand was an insurmountable dread of discovery, and even of suspicion. The entire love of my whole heart ad been given to one who, hedged about by slavish opinions, and fettered by the tyranny of superstition, could never for one instant have comprehended the strength and dignity of perfect freedom of action.
Ich komme jetzt zu der Begebenheit welche mich bestimmt hat, diese Mitteilung niederzuschreiben. „I am now drawing near to the transaction which has induced, or rather compelled me to write these papers.
Zu der Zeit, von der ich rede, war der Kammerdiener meines Gemahls ein geistig beschränkter Mann, von mittlerem Alter, der sich den lästigen Pflichten seiner Stellung um seiner Familie willen unterzog. Er war von Natur gutmütig und hätte mir gern manche Unannehmlichkeit erspart; denn oft erbot er sich, nachdem Sir Thomas von ihm zu Bett gebracht worden war, bei ihm zu bleiben und sogar in seinem Zimmer zu schlafen. Allein mein Gemahl ließ es nicht zu, da das Vergnügen, mir so lange als möglich den Schlaf zu rauben, für ihn zu groß war. Sobald er sich daher im Bett befand, erhielt der Kammerdiener den Befehl, das Zimmer zu verlassen, und ich musste an seine Seite kommen und die schmachvollsten Reden anhören, bis der Elende für gut fand, seinen Schlaftrunk zu verlangen. Erst dann durfte ich mich in mein anstoßendes Zimmer zurückziehen. At the time I am speaking of, my husband’s valet was a dull, middle-aged man, who endured the many annoyances of the duties of his place for the sake of his wife and family. He was kindhearted, and, I believe, would willingly have spared me some of my trials; be repeatedly expressed his wish to remain with Sir Thomas after he had assisted him to bed, and even to sleep in his chamber, but the pleasure of keeping me long from my rest was too great to he resigned; and after the valet had settled him in his bed, he was always obliged to go to his own apartment, and was summoned to sit by the bedside, and to endure the cruelest and foulest language, till the wretched old man chose to raise his head to take his night-draught; after which I retired to an adjoining chamber, having determinedly resisted every endeavor to make me sleep in his room.
In einer Nacht wurde er noch mehr als gewöhnlich von Schmerz und übler Laune geplagt. In stummer, ergebener Verzweiflung saß ich dabei und ließ alle Schmähungen über mich ergehen, bin er endlich nach seiner Medizin verlangte und sich aufrichtete, um sie zu nehmen. Währenddessen stand ich neben ihm, und er gab mir den Löffel grinsend zurück, indem er mit einem grässlichen Fluche und einem gemeinen Schimpfworte sagte: »Nicht wahr, Du wolltest, es wäre Gift?« Eine Art von Bewusstlosigkeit überkam mich bei diesen empörenden Worten, und fast ohne zu wissen, was ich tat, zog ich ein Kissen hinter ihm hervor, warf es über sein Gesicht und legte mich mit dem ganzen Gewichte meinen Körpers darauf. Nur ein kurzer schwacher Kampf fand von seiner Seite statt. Ich wich nicht, stand nicht eher auf, bis alles vorüber sein musste. Dann erhob ich mich und warf das Kissen beiseite. Da lag er — der Fluch und die Last meines Lebens — ruhig und still. Ich hatte gefürchtet, dass sein Anblick schrecklich sein werde, aber es war nicht der Fall; das Gesicht des Elenden trug jetzt einen weniger furchtbaren Ausdruck als es oft bei Lebzeiten gehabt hatte, wenn es von bösen Leidenschaften verzerrt worden war. Die herrschende Stille war mir entsetzlich, allein nach wenigen Augenblicken machte ich die Bemerkung, dass nicht völlige Stille herrschte. Ein Laut ließ sich hören, — ein schwacher, aber unverkennbarer Laut, der aus der Nähe, des Bettes zu kommen schien. Es klang wie ein leises unterdrücktes Atmen. Ich schaute den Toten an, — doch er lag still und regungslos, kein Atmen, kein Zucken war mehr an ihm wahrzunehmen. Ein kalter Schauder überlief mich von Kopf zu Füßen, mein Haar sträubte sich und die Augen schweiften unwillkürlich über das Bett. Ja —- dort —- dort regte sich etwas, — der Bettvorhang teilte sich — und ein kleines bleiches Gesicht starrte mich mit erschreckten Blicken an. Ich erkannte das Wesen, — es war Grace Wilson! „One night he was more than usually tormented by pain and evil temper. Anyone who could have heard him t at night, might well have believed the fables told of malignant demons permitted to tempt the wicked to the uttermost power of evil to which human nature can go. I sat in a state of desperate endurance, till at length he asked for his medicine, and raised himself, as usual, to take it. I stood by the bedside while he drank it, and he returned the cup, grinning in my face, and saying, with a fearful oath and epithet: ’Don’t you wish it was poison?’ I have a very confused recollection of the moments that followed, but I know that I dragged a pillow from behind him—I know that it was thrust down over his face, and pressed upon by the whole weight of my body. There was but a short and feeble struggle beneath it. I did not shrink—I did not inch for a moment— nor did I raise myself till I felt certain that all efforts were over. Then I stood erect—I threw aside the pillow. There lay the curse and burden of my life looking strangely still and calm. I remember I had an impression that the sight would be a fearful one; but it was not so, and truly the face of the miserable man, even after such a death, was less terrible than it had often appeared when distorted by his malignant passions. The silence was far more terrible than the sight, yet I had not been conscious of its horror more than a few instants, when I became aware that it was not silence; there was a sound—yes—a faint but unmistakable sound —coming as it seemed from the bed: it was like hushed and suppressed short and agitated breathing. I looked upon the dead man. He was still and silent: there was neither breath nor utterance there! A cold shiver ran over me from head to foot; my hair seemed bristling on my brow: my eyes wandered over the bed—there was a movement—a parting of the opposite curtain. I saw a small white face—white as the coverlet—and a pair of staring eyes fixed upon me, with an expression of horror in them that I can never forget. The truth flashed upon me—it was little Grace Wilson!
Sie war ohne Zweifel in der Abtei geblieben, um die Nacht in dem anstoßenden Kabinett zuzubringen. Alles war mir augenblicklich klar. Sie war erweckt worden, heraus geschlichen und Zeugin meiner Tat gewesen. Sie sah den Toten, sie sah mich, und mit dem Ausdrucke namenlosen Grauens ruhten ihre starren Blicke auf mir. Unwillkürlich machte ich eine Bewegung nach dem Fuße des Bettes, um zu ihr auf die andere Seite zu gelangen, allein ehe ich sie erreichen konnte, sank das Kind bewusstlos zu Boden. Was war zu tun? Ich hob es auf und schaute, mit der leichten Last auf dem Arme, ratlos um mich, als könnten der Leichnam und das stille Zimmer mir sagen, was ich tun solle. Plötzlich fielen mir die verborgenen Gemächer ein, wohin ich durch einen ganz unbewohnten Teil der Abtei ohne Schwierigkeit gelangen konnte. Kaum weiß ich, wie ich das Mädchen dahin brachte, und erinnere mich nur, dass es mir Mühe machte, das Licht zu halten und den geheimen Zugang zu öffnen; allein ich war von Natur stark, und die drängende Notwendigkeit verdoppelte meine Kräfte. Endlich erreichte ich die Zimmer. Das Kind war noch bewusstlos. Ich legte es auf den Fußboden, zog eine Matratze und Decken hervor und bereitete ein bequemes Lager für die Ohnmächtige, worauf ich zurückeilte, um Kleider und Wiederbelebungsmittel für sie zu holen. Kaltes Wasser hatte die gewünschte Wirkung; sie begann sich zu erholen und einige Worte zu murmeln. Nachdem ich Wasser und Wein an ihre Seite und ein Licht an einen sicheren Ort gestellt, so wie auch mehrere von den Wachslichtern neben dasselbe gelegt hatte, blieb ich am Eingange stehen und wartete, bis ihr Bewusstsein deutlicher zurückkehrte. Dann schlich ich mich leise aus dem Gemach, verschloss es sorgfältig und eilte nach dem Zimmer, wo der Tote lag. „GRACE had no doubt remained to sleep that night in the dressing-closet. I understood it all in an instant. She had been roused, and had crept out, and knew what had been done. She saw the dead man— she saw me—those eyes so full of dread and terror were fixed upon me. I made an involuntary movement towards the foot of the bed, to go round to her, but before I could reach it, I heard a heavy fall, and I found her totally insensible. What was to be done? I liked her up, and stood with her light weight upon my arm, gazing around, as if the lar silent chamber, or the bed with its bass; burden, could give me counsel. Suddenly the secret chambers occurred to me; they were of easy access, along a wholly unfrequented part of the abbey. I scarcely know how I bore her thither; and I remember some difficulty in carrying a light, and unfastening the secret modes of approach; but I was naturally very strong, and I suppose the fearful necessities of the moment have me more than ordinary power. At length, I reached the room. And the child was still insensible. I laid her on the floor, and dragging out a mattress and blankets, I placed her there, with her head raised on a pillow, and hurried back to fetch her clothes and some restoratives. I sprinkled her face with water; and after I had returned to her a few moments, she began to recover, and moaned and murmured some words. I placed wine and water by her side, and a light in a carefully safe position, with some of the store of wax-candles by its stand, and waited in the entrance till I saw she was evidently reviving. Then I crept softly from the chamber, and closing it securely, hurried back to Sir Thomas’ room.
Ich ordnete das Bett der kleinen Grace wieder und entfernte alle Zeichen dessen, dass sie dort geschlafen hatte, ging hierauf in mein eigenes Gemach, stellte das Licht auf den Tisch und setzte mich, um über die Begebenheiten der letzten halben Stunde nachzudenken. Meine ersten Empfindungen waren Freude und Triumph. Ich war frei, erlöst von dem täglichen, stündlichen Fluch! Damals ahnte ich nicht, dass ein neuer und noch schwererer Fluch mich hinfort täglich, stündlich und allnächtlich verfolgen werde. Ich malte mir in Gedanken die künftige Existenz des jungen Mädchens aus und suchte mich glauben zu machen, dass ihr Verschwinden kein sonderliches Aufsehen erregen, und dass es leicht sein werde, sie durch Geschenke oder Drohungen zum Schweigen zu bringen. Gegen die im Wege stehenden Hindernisse und Unmöglichkeiten verschloss ich absichtlich meine Augen und warf sie absichtlich beiseite, um zu einer anderen Zeit zu erwägen, durch welche Mittel sie zu beseitigen seien. Dennoch ging ich nach dem verborgenen Gemache zurück und schob durch die neben dem Eingange angebrachte geheime Öffnung einige Zwiebacke hinein. Ich hörte das Mädchen einen leisen Schrei ausstoßen und fühlte mich dadurch beruhigt. Sie lebte und war mit Kleidern und Nahrung versehen. Für jetzt mochte ich nicht weiter an sie denken, sondern ging zu Bett und erwartete den Morgen. „I remade Grace’s bed, and removed every sign of her having slept there; and leaving all things in their customary places, I went into my own chamber, put my light on a table, and sat down, and tried to realize the events of the last half-hour. Certainly, my first calmer feelings were those of triumph and exultation. I was free! My daily and hourly curse was gone forever. It was not then, nor indeed for a considerable time afterwards, that I began to learn that a new, daily, nightly, hourly curse was to be forever present with me. I glossed over in my thoughts the existence of little Grace. I told myself repeatedly how easy it would be to account for her absence, to frighten and bribe her into silence. I would not suffer myself to see the difficulties, the impossibilities before me; I thrust them aside, to be thought over and cleared away hereafter. Nevertheless, I went back a in to the chamber, and put some biscuits through the door, by means of the machine contrived for that purpose. I heard her utter a faint exclamation, and I came away so far satisfied. She was alive, she had food and clothing; and I told myself that I would think no more of her or the resent. I went to bed, and lay awaiting the news of the morning.
Er kam, und die Nachricht von dem plötzlichen Tode meines Gemahls überraschte niemand. Die Dienstboten hatten bereits den Arzt gerufen, ehe sie mein Zimmer betraten. Er langte an, als ich meine Toilette beendigt hatte, erklärte, dass er einen solchen Fall schon lange erwartet habe, und übernahm statt meiner die Anordnung alles dessen, was jetzt geschehen müsste. Ein prächtiges Leichenbegängnis fand statt, und ich legte die Kleider einer trauernden Witwe an, über die ich innerlich lachen musste. “It came, and surprised no one. The servants had sent for the doctor before they came to me, and he arrived by the time I was dressed. He told me the event had occurred exactly as he had always expected, and took every trouble and arrangement off my hands. There was a magnificent funeral; and I mocked at myself when the mirrors showed me my widow’s cap and mourning weeds.
Unter keinen Verhältnissen dieser sonderbaren Welt genießt wohl ein Weib größere Freiheit, als in denen einer jungen Witwe, wie ich nun war, welche weder Vater, Bruder noch sonst jemanden hat, dessen Vorstellungen oder Vorschriften ihren Willen beschränken könnten. Ohne jenes unglückliche Kind wäre mein Dasein jetzt sonnenhell gewesen. Ich hegte die Hoffnung, das Mädchen durch Geschenke oder Drohungen zum Schweigen zu bringen und sie nach einer fernen Gegend, vielleicht sogar in ein anderes Land schaffen zu können. Einen bestimmten klaren Plan hatte ich zwar nicht mit ihr, aber unter allen Umständen, dachte ich, werde ein solches Wesen mir in meinem Reichtume unmöglich gefährlich werden können. Über ihr Verschwinden wurde wenig gesprochen. Jede Spur dessen, dass sie in jener Nacht in der Abtei geschlafen, hatte ich sorgfältig verwischt, und hörte nach mehreren Tagen von meinem Kammermädchen, dass man allgemein vermute, sie sei mit einer Zigeunerbande fortgezogen, in deren Gesellschaft sie mehrere Tage vorher gesehen worden. Ihre alte Großmutter war ein sehr übellauniges altes Weib, und ihre eigene Mutter hatte sich, nachdem sie von Sir Thomas abgefunden worden war, fast ganz von ihr losgesagt. Es ließ sich daher wohl annehmen, dass sie, nachdem ihr einziger Freund gestorben war, ein wanderndes Zigeunerleben den traurigen Aussichten, welche ihr in der Heimat blieben, vorgezogen habe. Mutter und Großmutter schienen froh zu sein, dass sie ihrer los waren. Das ihnen ausgesetzte Jahrgeld war in dem Testamente sicher gestellt, und weiter wollten sie nichts. In the ordinances of this strange world of ours ,I suppose the most perfect freedom a woman can enjoy is that a rich widow like myself, without father, brother, or a single creature in existence who had a right to utter even a comment, much less a remonstrance, on any part of my conduct. All would have been the brightest sunshine around me but for that unhappy child. I had hoped by bribes, threats, and persuasion, to silence her, and remove her to some distant place; perhaps another country. I scarcely knew what I intended to do; I had no settled plan, but a vague sort of impression that it was impossible that poor young girl could be dangerous to me in all my wealth and importance. I heard little about her disappearance. I had carefully removed every trace of her having slept at the abbey that night; and in the course of a few days, I heard casually from my maid that she had run away, and was believed to have gone with some gypsies she had been seen with several days before. She had a good voice, and had been heard singing to them. The old grandmother with whom she lived was of a dreadful temper; and her own mother having been portioned off by Sir Thomas to a respectable tradesmen in a neighboring town, had almost wholly cast her off since her marriage. It was generally believed that when she heard her only friend was dead, she had preferred the wandering gypsy-life to the miserable prospect before her. Both mother and grandmother appeared well content to be rid of her. Their annuities were secured to them by Sir Thomas’ will, and that was all they cared about.
Sogleich nach dem Tode meines Gemahles verließ ich das bin dahin bewohnte, neben seinem Zimmer gelegene Gemach. Nichts war natürlicher als dieser Schritt; dagegen erregte die Wahl meiner neuen Gemächer allgemeines Staunen. Es waren diejenigen, welche die Äbte in früherer Zeit innegehabt hatten, — düstere, unbequeme und von allen übrigen bewohnten Teilen der Abtei weit entlegene Zimmer. Ich konnte jedoch von ihnen aus leicht in die Ahnengalerie gelangen, wo der geheime Zugang zu den verborgenen Gemächern liegt, und konnte bei Nacht, so wie unter gehöriger Vorsicht auch bei Tage ohne Gefahr der Beobachtung dahin gehen. Immediately after the death of Sir Thomas, I removed from the apartment which communicated with his room. This was a very obvious and natural step; but my choice of my new chambers surprised every one. They were those which had been appropriated to the abbots in former days, and were gloomy and inconvenient, and far away from the later and inhabited parts of the abbey. I had easy access from them, however, to the abbot’s gallery in the chapel, in which lay the initiating secret of the intricate approach to the concealed apartments; and I could go thither at night, and even by day, taking proper precautions, without the slightest probability of interruption or discovery.
Es war beinahe Mitternacht jenes Tages, an welchem ich meine neuen Zimmer bezogen hatte, als ich, mit Speisen und Wein versehen, meinen ersten Besuch bei der Gefangenen zu machen versuchte. Allein ich konnte nicht zu ihr gelangen, denn sie hatte die inneren Riegel vorgeschoben, welche keine menschliche Kraft zu sprengen vermochte. Nachdem ich mich lange Zeit vergebens bemüht hatte einzudringen, und keinen Laut von innen vernahm, schob ich die für sie bestimmten Lebensmittel durch die Maschine hinein und war froh, an dem schnellen Verschwinden des Korbes zu bemerken, dass sie lebte und sich bewegen konnte. Unmöglich war es, von außen hinein zu sehen, und ich weiß selbst nicht, ob innerhalb eine Stimme von außen gehört werden konnte, denn auf wiederholte Fragen erhielt ich nie Antwort. So schloss sie sich von jenem ersten Augenblicke an, in welchem ich sie auf der Matratze liegend verlassen hatte, gänzlich ab, und ich habe sie später nie wieder gesehen, nie wieder eine Mitteilung von ihr erhalten. Ich machte wiederholte Versuche, schrieb mehrmals an sie in den dringendsten Ausdrücken, aber ohne Erfolg; nur an der Konsumption der Speisen und ihrer Zurücklieferung des Geschirres sah ich, dass sie lebte. Die Kleider und die Wäsche, welche ich ihr zukommen ließ, wurden natürlich von den meinigen entnommen, und sie musste sie unserer sehr verschiedenen Größe ungeachtet tragen, so gut es ging. Dagegen erhielt sie von mir fortwährend Schreibmaterialien und unterhaltende Bücher, die ich von Zeit zu Zeit wechselte, und Vorräte von Zwieback, Mandeln und überhaupt solchen Esswaren, welche sich lange aufbewahren ließen, so wie ihre regelmäßigen täglichen Mahlzeiten, die ich von meinem Tische entnahm, weshalb ich alle Speisen allein in meinem Zimmer genoss. Bemerkt sei hier noch, dass ich vom ersten Augenblicke ihrer Gefangenschaft an eine genaue Schilderung der zur Öffnung jener geheimen Gemächer anzuwendenden Mittel niederschrieb und dieselbe an einem Orte niederlegte, wo sie nach meinem Tode gleich gefunden werden müsste.« It was nearly midnight of the day on which I took possession of these rooms, being, as I have said, that immediately after the death of Sir Thomas, when, taking with me some food and wine, I attempted my first interview with my prisoner; but I could gain no admittance. She had fastened the bolts and bars withinside, and the strength of twenty men could not have forced an entrance. After trying for some time in vain, and hearing no sound, I put the provisions I had prepared for her through the machine; and was satisfied that she was living, and able to move about, by the rapid disappearance of the basket. It was impossible to see into the apartment through the opening, and I know not if a voice could be heard, but I spoke several times, and received no answer nor heard any kind of sound. I may as well now say, to shorten my painful story, that she has obstinately persevered in thus excluding me; and that from the moment in which I left her little form upon the mattress, I have never seen her, or received from her any sort of communication. I made many attempts; I wrote to her repeatedly in the most urgent terms, but without producing the slightest effect; and I knew that she continued to exist only by the regular removal of the food, and by her compliance with my directions to put out her linen for the laundress. I could, of course, only supply her with my own wearing apparel, in which, notwithstanding the great difference in height and size, she was obliged to contrive to clothe herself. I constantly supplied her with materials for writing, and various kinds of work, and useful and amusing books, which were changed from time to time as she required them. I gave her stores of biscuits, almonds, and raisins, and any sort of food that would keep for a long time, besides the daily meals which I contrived to provide for her by taking my breakfast, luncheon, and supper in my own apartments; and from the first days of her confinement, I began to draw up details describing the means of access to her prison, and placed them where, though secure during my life, they would be certain to be speedily found if I were to die suddenly.
»Lange Zeit ertrug ich die erdrückende Last dieses Geheimnisses mit Mut und Standhaftigkeit. Anfangs erschien es mir leicht im Vergleiche mit dem Elende, welches ich im Umgange mit meinem Gemahle erduldet hatte, und noch mehrere Monate lang nach meiner zweiten Heirat blieb mir die dunkle Hoffnung, dass ich mich allmälig an das Amt einer Gefangenenwärterin gewöhnen würde, und ich dachte sogar daran, die Abtei für kurze Zeit zu verlassen, während derer das Mädchen von den ihr gereichten Nahrungsmitteln leben könnte. Oft auch versuchte ich, die in meiner Jugend gehörten Ansichten und Lehren auf meine jetzige Lage anzuwenden. Hier war ein armes Mädchen, um das kein Wesen auf der Welt sich kümmerte, ob es lebte oder nicht. Nur zwei Personen standen ihr durch Blutsverwandtschaft nahe, von denen die eine, ihre Mutter, ihr Wiedererscheinen für ein Unglück gehalten haben würde, und die andere, ihre Großmutter, von dem Gedanken, sie wieder kleiden und ernähren zu müssen, nichts weniger als erfreut gewesen wäre. Wie viele ihres Standes gab es nicht, welche ihr Leben unter schweren Arbeiten hinbringen mussten, misshandelt, gedrückt und vernachlässigt wurden! Wenn sie die Freiheit entbehrte, dachte ich, so war sie wenigstens gegen die Leiden der Armut und eines mühseligen Lebens geschützt, wurde gekleidet, ernährt und konnte sich nach Belieben unterhalten. Allein solche Betrachtungen blieben wirkungslos, und meine Last stieg von Tag zu Tag. Auf welche lange Zeit namenlosen Elends kann ich jetzt zurückblicken! Wie viele Pläne entwarf ich nicht, um den Druck der mir selbst auferlegten Ketten zu mildern! Mut, Gesundheit und Kraft erlagen allmälig dem unersättlichen Feinde, welcher an meinem Herzen nagte. Zu Zeiten stieg sogar die Idee in mir auf, meinem Hause zu entfliehen und mich in eine entfernte Einöde zu begeben, mit Zurücklassung einer genauen Beschreibung des Eingangs zu den geheimen Gemächern, um dadurch die Gefangene finden zu können und sie selbst alles enthüllen zu lassen. Es war gewiss keine selbstsüchtige Rücksicht, was mich von der Ausführung dieses Gedankens abhielt, denn ich brachte nur wenig Glück zum Opfer; allein ich sah voraus, welches schwere Leid dadurch über das einzige Wesen kommen musste, das ich je geliebt hatte. Schmach und unaussprechlicher Kummer wurden ihm zuteil, und er versank mit seinen Kindern in tiefe Armut, da in diesem Falle sein gesamtes späteres Einkommen in der kleinen indischen Pension bestand. Ich trug also meine geheime, täglich zunehmende Qual weiter, wurde scheinbar immer schroffer und eigensinniger, und lebte abgeschlossen in meinen Zimmern, wo ich auch alle Mahlzeiten allein genoss, um dadurch die Mittel zur Ernährung meiner Gefangenen zu erlangen. “For a long time I bore up well under this bewildering charge, this crushing burden. At first, it was light in comparison with the misery I had endured with Sir Thomas; and till some months had elapsed after my second marriage, I continued to be able to indulge vague hopes that I should gradually become more and more accustomed and indifferent to my office of jailer, and tried to accustom myself to the idea of quitting Greyfriars sometimes for short periods, during which she could live on the food that I should leave with her. I often reasoned with myself, and tried to bring the sort of arguments which I had heard in my younger days to bear on my present position. Here was a poor girl who had literally no creature belonging to her who cared whether she were living or dead. Only two beings could claim kindred with her; and of these, her mother would think her reappearance a misfortune; and her grandmother, in her intense selfishness, would feel anything but pleasure in the idea of being again troubled with her, and obliged to clothe and feed her. How many in her station of life passed their days in toil and misery, ill used, half starved, oppressed, and neglected. If she was deprived of some advantages, she was at least freed from all the evils of poverty and the sufferings of a laborious life—well fed and clothed, and provided with much to amuse and gratify her. These specious reasonings, however, utterly failed. My burden increased instead of diminishing. Oh, what months and years of misery I can now look back upon! What various, what endless schemes and plans I projected to break or lighten my heavy, self-wrought chains! Spirits, health, strength, all gradually yielded to the insatiable enemy that preyed upon my heart. Sometimes even contemplated the possibility of quitting my home and husband for some remote solitude, leaving behind me the details of the means of access to the secret chambers, and letting Grace tell her own story. I confidently believe that no selfish motive has deterred me from putting this idea into practice. I had little happiness to sacrifice, but I foresaw the heavy affliction I should bring upon the only being I had ever loved. Shame, disgrace, and unspeakable grief and horror would be his portion, and he and his children would be reduced to absolute penury. All he possessed was his small Indian pension, and I knew too well his noble nature to entertain a hope that he would ever soil his hands with a touch of the wealth I had secured to him. So I went on in my slow and secret torture, suffering more and more, and apparently becoming more and more strange and self-willed. I took all my meals in my own apartments, and could thus easily supply my prisoner; and it must have been supposed that I was always eating biscuits, sweetmeats, and food of a like nature, for I was never satisfied if I did not go on increasing the stores I supplied her with.
Im Laufe der Zeit erregte jedoch das Missverhältnis zwischen den Quantitäten von Speisen, welche ich scheinbar verzehrte, und meiner immer zunehmenden Abmagerung Aufmerksamkeit, so dass ich mich endlich dem Possenspiele eines Besuches von Seiten unseres Hausarztes unterwerfen musste. Ich hätte ihm in das Gesicht lachen können, als ich sah, mit welcher Aufmerksamkeit er meinen Puls untersuchte, meine Zunge prüfte und verschiedene Fragen über gewisse Zeichen und Empfindungen an mich richtete. „In course of time, the contrast between the quantity of food which I appeared to consume, and the increasing haggardness of my person, and reluctance to exert myself, attracted more and more attention, and I was obliged to submit to the farce of an interview with the family physician. I could have grimly smiled at his watchfulness of my pulse, inspection of my tongue, and inquiries into my symptoms and feelings.
Obgleich völlig im Dunkeln tappend, glaubte er dennoch den Sitz des Übels gefunden zu haben und gab ihm einen wichtigen Namen ohne Bedeutung. Alles dieses klang ganz gut, allein die verordnete Luft- und Ortsveränderung und die Zerstreuungen, welche ich genießen sollte, waren mir peinlich. Endlich jedoch gab ich nach und ließ mich bereit finden, für kurze Zeit einen nahen Badeort zu besuchen. Wir begaben uns dahin. Am ersten Abende nahm ich Opium und versank in einen tiefen Schlaf, aus dem ich erst wieder erwachte, als wir uns bereits im Wagen und auf dem Rückwege befanden. Wie mir erzählt wurde, hatte ich in der Nacht das ganze Haus durch lautes Geschrei erweckt. Man fand mich in tiefem Schlafe, aber, wie es schien, von bösen Träumen geplagt. Ich fuhr fort, verworrene und abgebrochene Reden auszustoßen, von denen sich nichts verstehen ließ, als die Bitte, nach Hause gebracht zu werden, und die Worte: »Sie schreit, sie schreit!« Nach langen Bemühungen gelang es, mich zu beruhigen, und der Rückweg wurde angetreten: aber ich selbst habe, wie gesagt, keine Erinnerung an diesen Zustand.« Blundering as he was in the dark, he nevertheless persuaded himself that he had ascertained the nature of my complaint, and he gave it some name of much sound and little meaning, connected of course with the nerves, and chiefly characterized by a craving appetite for food, which supplied no nutriment, accompanied by a gradual wasting away of flesh and strength, and a consequent depression of spirits. All this was plausible enough; but the change of air and scene, and the amusements and recreations prescribed for me, were both harassing and perplexing. At length, I was tormented into making a painful effort, and partly with a blind hope that I might really be enabled occasionally to lighten my miseries in some little degree, I consented to go for a few weeks (intending them to be days) to a neighboring watering-place. We went thither accordingly. The first night, I took some opium, and I remember falling asleep, after which I know nothing till I found myself in the carriage returning home again. It seems I had aroused the house by my outcries in the night. They found me in a heavy sleep, yet apparently suffering from some dreadful dream. I kept uttering wild and broken exclamations, of which they could only distinguish entreaties to be taken home, and the words ‘She is screaming! She is screaming!’ They at length succeeded in partly rousing and quieting me by the assurance that I should return home; but of all this, as I have said, I knew nothing till I had nearly arrived there.
»Von dieser Zeit an wurden keine ähnlichen Versuche wieder gemacht, und ich blieb ungestört in meinen Gemächern. Natürlich konnte ich keine Dienerin bei mir schlafen lassen und befand mich deshalb Nacht und Tag allein. Ich scheute jeden Umgang mit anderen Personen, und die einzigen, welche ich außer meinem Gemahle und den Kindern zuweilen sah, waren die Erzieherinnen, deren eine nach der andern versuchte, die Abgeschiedenheit der düsteren Abtei ertragen zu lernen. Alle ermüdeten jedoch oder wurden von mir verscheucht. Ohne Zweifel hielten sie mich für halb wahnsinnig. Die letzte Erzieherin scheint bleiben zu wollen; sie ist eine gebildete und verständige Dame von sehr angenehmem Wesen, deren Freundschaft ich gern gewonnen hätte; allein sie hängt an Vorurteilen, bedauert mich, wie ich deutlich sehen kann, und fühlt sich abgestoßen von meinen Ansichten.« „No further attempt was made to oppose my wishes, and I remained afterwards in my own apartments without attempting a change. Of course, I could not permit a servant to sleep in my bedroom, and I was nearly as solitary by day as by night. I shrunk from all familiar intercourse. The only persons I saw besides my husband and his children were the governesses, who one after another tried to endure the gloomy seclusion of Greyfriars. All were wearied out sooner or later; I believe I helped to frighten them away. No doubt, they thought me more than half insane. The present governess seems likely to stay. She is a gentlewoman, sensible and agreeable, and I have sometimes felt that it might be possible for me to make a friend of her, so far as my unhappy lot can permit; but she is full of prejudices; and I can see that although she pities me, she is shocked by many of my opinions.
»Es bleibt mir nichts mehr zu sagen. Ich schleppe mein vergifteten Dasein ein Jahr nach dem anderen hin und mein Opfer in seinem verborgenen Gefängnisse ist glücklicher als ich, — glücklich, keine menschliche Stimme zu hören und kein menschliches Gesicht zu sehen. Gern tauschte ich mit ihm, denn alles bringt mir Pein. Es ist peinlich für mich zu sehen, wie lang und schwer den armen Kindern, deren Liebe ich gewinnen sollte, die halbe Stunde wird, die sie zuweilen bei mir zubringen müssen, und namenlose Qual bereitet mir die immer deutlicher werdende Überzeugung, dass er, dem ich hier und jenseits — wenn es ein Jenseits gibt — alles geopfert habe, mich nie geliebt hat, und dass selbst sein sanftes Gemüt ängstlich und unruhig wird, wenn Pflicht oder Sitte ihn nötigen, bei mir zu sein. Er ahnt nicht, dass mein Leben ein ununterbrochenes Opfer für ihn war. Nichts hält mich hier zurück als der Umstand, dass ich weiß, welche Schmach, welches Elend mein Tod über ihn bringen würde. Ich trage fortwährend die Mittel bei mir, um zu jedem Augenblicke meinem qualvollen Dasein ein Ende setzen zu können, und sollte ihm mein Geheimnis durch irgendeinen Zufall bekannt werden, so bin ich fest entschlossen, nicht länger zu leben. Oft habe ich gefragt, was mich abhalte, mir diese erdrückende Last vom Halse zu schaffen? Einige Tropfen unter ihre Speisen gemischt, und ich bin frei. Ich habe mir schon einmal die Freiheit errungen, — warum nicht wieder? Allein immer kommt dann die Antwort aus meinem Innern, dass es mir unmöglich sei. Ginge solche Speise aus meinen Händen in ihr Gefängnis, so würde ich wahnsinnig werden. Die Unmöglichkeit, sie zu retten, würde mir den Verstand rauben, und ich würde alles verraten. Mit aller Macht wehre ich deshalb diesen Gedanken ab, und dennoch kehrt er immer wieder.« “Well, I have done: there is no more to tell. I am still dragging on, year after year, a life, every breath of which is poisoned. My victim in her silent prison is happier far than I—most happy in never hearing human voice, or seeing human face. Gladly would I change with her. Everything rings pain to me. It is pain to see the innocent children whose love I ought to win, wearying through the half-hours they are sometimes obliged to pass with me, and escaping the first possible moment. It is agony to feel more and more certain that he for whom I have sacrificed all here and all hereafter —if there be a hereafter,—has never—no, never—loved me, and that even his kind and gentle nature is troubled and perplexed when duty and custom compel him to endure my presence. He little knows that my life is an unceasing sacrifice to him. Nothing keeps me here but the knowledge of the horror, disgrace, and wretchedness which my death would cause to fall so heavily upon him. I have means always about me that would rid me of life’s agony in a moment, and should an almost impossible casualty reveal the truth to him, I will not live a single hour—not one more long miserable day, not one more long terrible night. Often I ask what withholds me from ridding myself of this crushing burden? A few drops in her food, and I am free. I have freed myself once; why not again? I can only answer that I cannot. I have a kind of frantic conviction that if I were once to pass such food into her prison, I should surely lose my senses; I should be mad. The impossibility of saving her would be distracting. I believe I should betray everything; I cannot trust myself. I drive the thought from me; yet it will come.
»Häufig erwacht auch der alte Aberglaube in mir, den ich in meiner Jugend verachten gelernt habe, und ich möchte sehnend rufen: »Gott helfe mir!« Allein es gibt keine wirkliche Sünde, und nie war eine nach frömmelnder Redeweise sogenannte sündhafte Handlung leichter zu rechtfertigen, als die meinige. Ihre traurigen Folgen sind eine reine Zufälligkeit, denn ohne jene unfreiwillige kleine Zeugin wäre ich jetzt ein glückliches Weib. Ich weiß, dass mit diesem Leben alles endet, dass der Tod nur eine Vernichtung, ein Übergang in die ursprünglichen Elemente, in Atome ist, die von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nichts wissen. O ich Unglückliche! Dennoch möchte ich ausrufen: »Gott stehe mir bei!« “There are times when I yearn for the superstitions I have been taught to despise, when I long to say: ‘God help me!’ But I forget myself. I know that sin has no real existence, and never could what is called in pious jargon a sinful act be more justifiable than mine. Its miserable consequence was a chance, a mere accident; but for that wretched, little, unwilling witness, I should now be a happy and prosperous woman. I know this life is all: death is simply annihilation, a mingling with the elements, a dispersion into atoms insensible to the past, the present, and the future. Oh, feeble wretch that I am! I still long to say,’God help me! God help me!’”
Hier endete das Manuskript.


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