Gesetz und Frau
Achtes Kapitel.
Am Bett.
Ehe meine Schwiegermutter ein Wort gesprochen hatte, las ich schlechte Nachrichten auf ihrem Antlitz.«
»Eustace?« sagte ich.
Sie antwortete mir mit einem Blick.
»Lassen Sie mich sogleich Alles wissen!« rief ich.
Mrs. Macallan erhob die Hand und zeigte, eine telegraphische Depesche, welche sie bisher unter ihrem Mantel verborgen.
»Nehmen Sie Ihren Muth zusammen und lesen Sie das,« sagte sie.
Ich las das Telegramm. Es war von dem Oberarzt eines Feld-Hospitals abgesandt und zwar aus einem Dorfe im nördlichen Spanien:
»Mr. Eustace in einem Scharmützel durch
»einen Schuß
schwer verwundet Bis jetzt
»nicht in Gefahr. Aller Sorgfalt
anver-
»traut. Warten Sie ein zweites Tele-
»gramm ab.«
Ich wandte mein Antlitz, um den Schmerz zu verbergen, der sich auf ihm ausdrücken mußte. Jetzt fühlte ich erst, wie innig ich ihn liebte!
Meine Schwiegermutter schlang den Arm um mich und küßte meine Stirn. Sie fühlte wohl, daß sie in diesem Augenblick nicht zu mir sprechen durfte.
Ich raffte meinen ganzen Muth zusammen und zeigte auf die letzte Stelle des Telegramms.
»Gedenken Sie zu warten?« fragte ich.
»Nicht einen Tag!« antwortete sie. »Ich gehe sofort auf dass auswärtige Amt wegen eines Passes und der nöthigen Empfehlungsbriefe. Mit dem Nachtzuge fahre ich nach Calais«
»Sie wollen reisen?« sagte ich. »Sie allein? Bringen Sie mir meinen Paß auch gleich mit; um 7 Uhr heute Abend werde ich bei Ihnen sein.«
Sie suchte mich von meinem Entschlusse abzubringen; aber schon bei den ersten Worten unterbrach ich sie. »Haben Sie meine Halsstarrigkeit schon wieder vergessen, Mutter? Bitte, eilen Sie, ehe die kostbare Zeit verloren geht!«
Sie gab mit großer Liehenswürdigkeit nach. Dann küßte sie mich und fuhr von dannen.
Meine Reise-Erinnerungen sind wenig klar und unvollkommen. Wir hatten manche Beschwerde zu erdulden, manchen Aufenthalt zu ertragen, der unsere Geduld auf harte Proben stellte. Ich erinnere mich, Freunde gefunden zu haben, welche uns in einem kritischen Moment unserer Reise beschützten. Eine lange Reihe von Männern tritt vor mein geistiges Auge, wild aussehende Gestalten, die ebenso grausam gegen Pferde als höflich gegen Damen waren. Am lebhaftesten steht aber in meiner Erinnerung ein elendes Schlafzimmer in einem elenden Dorfwirthshause, in welchem wir unsern Eustace fanden, zwischen Leben und Tod schwankend und gefühllos für die ganze kleine Welt um ihn her.
Es war durchaus nichts Romantisches, das meines Gatten Leben in Gefahr gebracht.
Um einen armen Verwundeten vom Schlachtfelde zu holen, hatte er sich dem Gefecht zu nahe gewagt und dabei den Schuß bekommen. Seine Brüder vom Feld-Hospital hatten ihn mit Gefahr ihres Lebens zurückgetragen.
Das Wundfieber hatte wie gewöhnlich ein Delirium herbeigeführt. So weit ich seine wenigen und undeutlichen Worte verstehen konnte, beschäftigten sich seine wandernden Gedanken ausschließlich mit seiner Frau. Während der Stunden seines Deliriums, Stunden, welche mit erbarmungsloser Regelmäßigkeit wiederkehrten, trat mein Name oft auf seine fieberhaft bewegten Lippen. Der herrschende Gedanke, welcher seine Träume durchzog, beschäftigte sich mit dem entsetzlichsten Ereigniß seines Lebens und mit dem letzten Gespräch, das er mit mir gehabt. Die Erinnerung, vor der Welt als schuldig dazustehen quälte ihn auf schreckliche Weise. In seinen Fieber-Phantasieen bildete er sich ein, noch unter den alten Einflüssen mit mir zu leben. Er spielte, so zu sagen, die Befürchtungen durch, welche er gehegt, und die ihn veranlaßt hatten, sich von mir zu trennen. Er gab erst seine Rolle und dann die meine. Er reichte mir eine Tasse Thee, und ich sagte, wir hatten gestern einen kleinen Streit, Eustace. Ist sie vergiftet? Er küßte mich als Zeichen der Versöhnung und ich erwiderte lachend: es ist jetzt Morgen, liebes Kind. Soll ich heute Abend um 9 Uhr sterben? Ich lag krank im Bett und er gab mir meine Medizin. Ich blickte ihn argwöhnisch an. Ich sagte ihm: »Du liebst ein anderes Weib. Befindet sich etwas in der Medizin, von dem der Doctor nichts weiß?« Das waren die sich ewig wiederholenden Scenen des Dramas, welches sich in seinem Geiste abspielte. Bei andern Gelegenheiten wanderten seine Gedanken zu meinem verzweifelten Projekt, ihn unschuldig erklären zu lassen. Zuweilen lachte, zuweilen weinte er darüber, manchmal gab er sich aber auch Mühe, mir unvermuthete Hindernisse in den Weg zu legen. Die Personen mit denen ich nach seiner Ansicht in Verbindung getreten, suchte er auf alle mögliche Weise mir abwendig zu machen. »Kümmert Euch nicht darum, wenn sie weint. Es ist nur zu ihrem Guten. Es geschieht nur, um das arme Weib vor Gefahren zu retten, die ihre Seele nicht ahnen kann. Ihr müßt kein Mitleid mit ihr haben, wenn sie sagt, daß es um meinetwillen geschehe. Seht doch! Sie geht dem Verderben entgegen, sie wird sich entwürdigen ohne es zu wissen. Haltet sie auf!«
Obgleich ich ihn in Fieber-Phantasien wußte, kann ich dennoch nicht leugnen, daß mir viele dieser Aeußerungen große Kränkung bereiteten.
Wochen gingen dahin und er schwankte noch immer zwischen Leben und Tod.
Da ich kein Tagebuch führte, vermag ich nicht den Tag anzugeben, an welchem sich sein Zustand zur Besserung neigte. Ich erinnere mich nur, daß es an einem schönen Wintermorgen war, als der Ausspruch des Arztes die schwere Last von unserer Seele nahm. Der Doctor stand gerade an seinem Bett, als der Patient erwachte. Mit einem Blick sagte er mir, daß ich mich schweigsam verhalten und zurücktreten solle. Meine Schwiegermutter that dasselbe, und mit vollem Herzen dankten wir Gott, daß er uns den Sohn und Gatten wiedergegeben.
Noch an demselben Abend sprachen meine Schwiegermutter und ich über die Zukunft.
»Der Arzt sagt mir,« meinte Mrs. Macallan »daß Eustace zu schwach ist, um irgend eine Ueberraschung ertragen zu können. Wir müssen uns also überlegen, ob es rathsam ist oder nicht, ihm mitzutheilen, daß wir ihn gemeinschaftlich gepflegt. Können Sie es über Ihr Herz bringen Valeria, ihn jetzt zu verlassen, da Gott ihn uns wiedergegeben?«
»Wenn ich nur mein eigenes Herz befragte,« antwortete ich, »würde ich ihn niemals mehr verlassen.«
Mrs. Macallan blickte mich erstaunt an.
»Was haben Sie denn sonst noch zu befragen?« Fragte sie.
»Ich habe das Glück unserer Zukunft zu bedenken Mutter. Ich kann viel erdulden aber ich kann es Nicht über mein Herz bringen, ihn noch einmal mich verlassen zu sehen.«
»Sie thun ihm Unrecht, Valeria wenn Sie ihm zutrauen, daß er Sie noch einmal verlassen könnte.«
»Meine liebe Mrs. Macallan haben Sie denn schon wieder vergessen, was wir gehört, als wir an seinem Krankenbett saßen?«
»Das waren Fieber-Phantasien. Es ist hart, ihn dafür verantwortlich zu machen.«
»Es ist noch härter,« sagte ich, »seiner Mutter zu widerstehen, wenn sie die Partei ihres Sohnes nimmt. Ich mache Eustace nicht für das verantwortlich, was er im Fieber gesagt. Die wildesten Worte die von seinen Lippen gefallen glichen denen auf ein Haar, die er in den Tagen voller Kraft zu mir gesprochen. Welche Hoffnung habe ich, daß seine Ansicht sich geändert habe? Trennung und Krankheit konnten dies nicht zu Wege bringen. In voller Gesundheit und in der Phantasie des Fiebers hegte er denselben schrecklichen Zweifel gegen mich. Ich sehe nur einen Weg, ihn mir wieder zu gewinnen. Ich muß den Grund, weshalb er mich verlassen, mit der Wurzel ausrotten. Es ist nutzlos, ihn zu versichern, daß ich ihn für unschuldig halte. Ich muß ihm zeigen, daß dieser Glaube nicht länger nothwendig sei, indem ich die ganze Welt von seiner Unschuld überzeuge.«
»Valeria! Valeria! Sie verschwenden Zeit und Worte. Sie haben das Experiment versucht und ebenso gut eingesehen wie ich, daß kein günstiges Resultat damit zu erzielen ist. Gesetzt, Sie kehrten aus reinem Mitleid für einen Elenden, halb Wahnsinnigen, zu Mr. Dexter zurück, welcher Sie bereits insultirt, so kann diese Rückkehr nur in meiner oder in der Gesellschaft einer anderen älteren Person geschehen. Sie können nur so lange bei ihm bleiben, bis er Ihnen eine neue Komödie vorgespielt, die Sie mit mehr oder weniger Gefallen angeschaut haben. Damit ist dann Alles geschehen. Gesetzt auch, Dexter sei noch im Stande, Ihnen behilflich zu sein, wie können Sie Sich dieser Hilfe anders bedienen, als daß Sie familiär mit ihm werden und ihn zu Ihrem Vertrauten machen. Antworten Sie mir aufrichtig. Können Sie das thun, nachdem Sie solchen Auftritt in Benjamins Hause erlebt?«
Ich hatte keinen Grund, meine Schwiegermutter zu tadeln, und ich stimmte deshalb auch mit ihrer Ansicht überein, daß ich mit Miserrimus Dexter niemals wieder auf einen vertrauten Fuß kommen dürfe.
Mrs. Macallan verfolgte mitleideslos den Vortheil, den sie über mich gewonnen.
»Sehr gut,« sagte sie, »da Ihnen diese Quelle nun Verstopft ist, was gedenken Sie ferner zu thun?«
Ich fühlte mich augenblicklich außer Stande, diese Frage zu beantworten.
Mrs. Macallan führte ihren letzten Streich auf mich, welcher ihren Sieg vollendete.
»Mein armer Eustace ist schwach und angegriffen,« sagte sie, »aber er ist nicht undankbar. Mein Kind, Sie haben ihm Böses mit Gutem vergolten, Sie haben den Beweis geliefert, wie treu und innig Sie ihn lieben. Vertrauen Sie mir und vertrauen Sie ihm. Er wird Ihnen nicht widerstehen können. Lassen Sie ihn das treue Antlitz sehen, das er in seinen Träumen geschaut, und er wird aufs Neue der Ihre sein fürs ganze Leben.«
Sie stand auf und berührte meine Stirn mit ihren Lippen, ihre Stimme war zu Tönen der Zärtlichkeit herabgesunken, wie ich sie nie von ihr gehört.
»Sagen Sie ja, Valeria,« flüsterte sie, »und seien Sie ihm und mir theurer denn je!« Ich war besiegt, meine Energie verloren. Von Mr. Playmore war kein Brief angelangt, der mich hätte aufrichten und mir rathen können.
Ich hatte so lange und so vergebens widerstanden, ich hatte so viel gelitten, war so großem Ungemach, so harten Enttäuschungen begegnet, und er — befand sich in dem Nebenzimmer noch todesschwach und langsam zum Leben zurückkehrend. Wie konnte ich widerstehen. Indem ich die Bitte meiner Schwiegermutter erfüllt, hatte ich meinem Ehrgeiz, meiner großen und schönen Hoffnung für die Zukunft Lebewohl gesagt.
Fahr wohl also, schöner und herrlicher Kampf. Willkommen dumpfe Resignation, der ich jetzt mit großen Schritten wieder entgegen gehe!
Meine Schwiegermutter und ich schliefen zusammen in einem Kämmerlein unter dem Dach. Die Nacht, welche unserer Unterredung gefolgt, war bitter und kalt. Uns fror in den Betten, trotz der übergedeckten Plaids und Kleidungsstücke. Meine Schwiegermutter schlief, ich konnte aber keine Ruhe finden. Der Gedanke, wie mein Gatte mich empfangen würde, die Ungewißheit meiner nächsten Zukunft ließen keinen erquickenden Schlummer in meine Augen kommen.
In diesem qualvollen Zustande mochten einige Stunden vergangen sein, als ein seltsames Gefühl über mich kam, das mich staunen machte und erschreckte. Athemlos und mit klopfendem Herzen fuhr ich im Bett empor. Die Bewegung erweckte Mr. Macallan. »Sind Sie krank?« fragte sie. »Was fehlt Ihnen?« Ich erzählte ihr, so gut ich es vermochte. Sie schien mich zu verstehen, ehe ich zu Ende war. Sie nahm mich zärtlich in ihre Arme und drückte mich an ihr Herz. »Mein armes unschuldiges Kind,« sagte sie, »ist es möglich, daß Sie das noch nicht wissen?« Dann flüsterte sie einige Worte in mein Ohr.
Nimmer werde ich den Aufruhr der Gefühle vergessen, welche diese geflüsterten Worte hervorriefen, ein seltsames Gemisch von Furcht und Freude, von Kummer und Trost, von Stolz und Demuth, welches meine ganze Seele erfüllte und von diesem Moment an ein neues Wesen aus mir machte. Wenn Gott mir noch einige Monate Leben gab, sollte ich der heiligsten aller menschlichen Freuden theilhaftig werden, der entzückenden Freude, Mutter zu sein.
Ich weiß nicht, wie der Rest der Nacht verlief. Als ich am andern Morgen erwachte, kleidete ich mich schnell an und ging in die frische Luft hinaus, um ein wenig mit mir allein zu sein. Ich habe gesagt, daß ich mich wie ein neues Wesen fühlte. Der Morgen fand mich mit einem neuen Entschluß, mit einem neuen Muthe beseelt. Wenn ich jetzt an die Zukunft dachte, hatte ich nicht mehr allein für meinen Mann zu sorgen. Sein guter Name gehörte nicht mehr ihm und mir. Er sollte auch bald die kostbarste Erbschaft werden, die er seinem Kinde hinterlassen konnte. Was hatte ich gethan, während mir dieses Ereigniß noch unbekannt war? Ich hatte der Hoffnung entsagt, seinen Namen von dem Flecken zu reinigen, der noch immer auf ihm haftete, wenn er auch in den Augen des Gesetzes noch so klein sein mochte. Unser Kind konnte einst gehässige Zungen hören: »Dein Vater stand einst wegen Giftmordes vor Gericht und wurde nicht freigesprochen.« Das durfte unter keinen Umständen geschehen. Ich mußte noch einmal einen Versuch wagen, einen klareren Blick in Dexters Gewissen zu thun.
Ich ging nach dem Hause zurück und schüttete meiner Schwiegermutter mein ganzes Herz aus, indem ich ihr den veränderten Entschluß mittheilte, welcher diesen Morgen über mich gekommen.
Sie war mehr denn enttäuscht, sie war beinahe böse auf mich. Das Glück, welches nun bald eintreten würde, sollte ein neues Band zwischen meinem Gatten und mir werden. Wenn ich Eustace unter diesen Umständen verließe, würde ich herzlos und thöricht zu gleicher Zeit handeln. Bis ans Ende meines Lebens würde ich es bereuen, die goldene Gelegenheit fortgeworfen zu haben, die einzig und allein im Stande wäre, unsere Wege für die Zukunft zu ebnen. Diesmal kostete es mich einen harten Kampf; aber ich hielt fest an meinem Entschluß. Die Ehre des Vaters, die Erbschaft des Kindes, erhielten meinen Willen aufrecht. Meine angeborene Halsstarrigkeit trug den Sieg über alle Vernunftgründe davon. Manchmal blickte ich auch ins Krankenzimmer, und das Bild des schlafenden Eustace verlieh mir neue Kraft.
Ich machte Mrs. Macallan nur eine Concession, ich willigte ein mit meiner Rückreise nach England noch zwei Tage zu warten.
Es war gut, daß ich also gethan. Andern zweiten Tage übergab mir der Director des Feldhospitals einen Brief von Mr. Playmore. Wenn ich noch in Zweifel über meinen Entschluß gewesen wäre, würde der vortreffliche Mann denselben gelöst haben.
Im Folgendem gebe ich einen Auszug aus seinem Briefe:
»Lassen Sie mich Ihnen erzählen,« schrieb
»er, »was ich
gethan habe, um die in Ihrem
»Schreiben angedeuteten
Schlußfolgerungen
»nach besten Kräften zu bewahrheiten.
»Ich habe einen der Diener aufgefunden,
»weche in jener
Nacht den Corridor be-
»wachten, als Eustace's erste Frau
verschied.
»Der Mann erinnert sich vollkommen, daß
»Mit
Dexter in einer späten Stunde der
»Nacht vor ihm und seinem
Kameraden er-
»schienen sei. Dexter sagte zu ihnen, ich darf
»doch wohl in die Bibliothek gehen und ein
»wenig lesen?
Ich kann nicht schlafen nach
»dem schrecklichen Ereigniß! Die
Leute hatten
»keine Instruction, den Eintritt in die Biblio-
»thek zu verwehren. Sie wußten ja, daß die
»Verbindungsthür
mit dem Schlafzimmer ver-
»schlossen war, und daß die Schlüssel
zu den
»beiden anderen Thüren sich im Besitz des
»Mr. Gale
befanden. Die Diener erlaubten
»also Mr. Dexter, die Bibliothek
zu be- »
treten. Er schloß die Thür hinter sich und
»blieb,
wie die Diener glaubten, in der
»Bibliothek, und wie wir
wissen, im Schlaf-
»zimmer. Jetzt konnte er von der Bibliothek
»in das Schlafzimmer nur mit Hilfe des feh-
»lenden
Schlüssels gelangen. Wie lange er ab-
»wesend war, ist nicht mit
Genauigkeit zu
»bestimmen. Der Diener erinnert sich nur,
»daß
er bleich wie der Tod herauskam und,
»ohne ein Wort zu sagen, in
sein Zimmer zu-
»rückkehrte.
»Dies sind Facta! Die aus denselben zu
»ziehenden Schlüsse
erscheinen von höchster
»Wichtigkeit und rechtfertigen Alles,
was ich
»Ihnen in Edinburgh gesagt.
»Nun zu Ihnen selbst. Sie haben un-
»wissentlich in Mr.
Dexter ein Gefühl gegen
»sich wachgerufen, welches leicht zu
charac-
»terisiren ist. Es liegt in Ihrer Figur, in
»ihren
Bewegungen ein gewisses Etwas; wel-
»ches, auch nach meinem
eigenen Urtheil, an
»die verstorbene Mrs. Macallan erinnert.
»Ohne länger bei diesem Gegenstande ver-
»weilen zu wollen,
mache ich Sie nur noch
»darauf aufmerksam, daß Dexter in
Folge
»Ihres über ihn gewonnenen Einflusses, und
»zwar in
Momenten heftiger Erregung, seine
»Gefühle durch die Sprache
verräth, ehe der
»Gedanke das Gefährliche seiner Handlungs-
»weise überlegte. ist mehr denn wahr-
»scheinlich, daß er
dies wiederholen wird, wenn
»Sie ihm die Gelegenheit dazu geben.
Wäh-
»rend Ihres kurzen Aufenthaltes in Edinburgh
»sind
Sie entschieden Ihrem Ziel einen Schritt
»näher gerückt. Ich
lese aus Ihrem Briefe
»die feste Ueberzeugung, daß Dexter in
ge-
»heimer Beziehung zu der Verstorbenen ge-
»standen, und
zwar nicht allein zur Zeit Ihres
»Todes, sondern bereits Wochen
vorher. Wenn
»es Ihnen gelingen sollte, die Art dieser ge-
»heimen Beziehungen zu entdecken, so haben
»Sie höchst
wahrscheinlich auch den Schlüssel
»zu der Unschulds-Erklärung
Ihres Gatten
»gefunden. Deshalb kann ich Ihnen als Ihr
»aufrichtiger Freund nur rathen, das Wagniß
»einer neuen
Zusammenkunft mit Dexter zu
»bestehen. Eine Verantwortlichkeit
kann ich
»allerdings nicht übernehmen, und überlasse
»daher
die endgültige Entschließung Ihrer
»eigenen Einsicht. In jedem
Fall aber bitte
»ich Sie mir Ihre Entschließung mittheilen zu
»wollen.
Mein Entschluß war gefaßt, ehe ich den Brief zu Ende gelesen. Am nächsten Tage berührte ein französischer Dampfer die spanische Küste. Schnell wie gewöhnlich, ohne Jemand um Rath zu fragen, nahm ich einen Platz auf demselben.
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