Zwei Schicksalswege

Liebe und StolzLOVE AND PRIDE
Ein Aufschrei in dem Zimmer sagte mir, dass man mich gehört hatte. Einen Augenblick lang blieb dann Alles still, bis mich die wild und scharf gesprochenen Worte des Kindes erreichten: »Öffne die Laden Mama! Ich sagte Dir er würde kommen, ich will ihn sehen!«A CRY of terror from the room told me that I had been heard. For a moment more nothing happened. Then the child's voice reached me, wild and shrill: "Open the shutters, mamma! I said he was coming--I want to see him!"
Wiederum trat ein Augenblick des Zögerns ein, ehe die Mutter die Laden öffnete. Endlich tat sie es. Ich sah ihre dunkle Gestalt am Fenster, wie sie das Licht in der Hand hielt, und des Kindes Kopf ragte kaum sichtbar über dem niedrigsten Teile des Fensterrahmens hervor. Das niedliche Gesichtchen bewegte sich schnell hin und her, als ob meine Tochter, die mich selbst zum Vater gewählt hatte, vor Freude tanzte!There was still an interval of hesitation before the mother opened the shutters. She did it at last. I saw her darkly at the window, with the light behind her, and the child's head just visible above the lower part of the window-frame. The quaint little face moved rapidly up and down, as if my self-appointed daughter were dancing for joy!
»Darf ich meinen Sinnen trauen?« sagte Frau van Brandt. »Sind Sie es wirklich Mr. Germaine?«"Can I trust my own senses?" said Mrs. Van Brandt. "Is it really Mr. Germaine?"
»Wie geht es Dir, mein neuer Papa?« rief das Kind. »Mache die große Tür auf und komme hinein. Ich möchte Dich umarmen.«"How do you do, new papa?" cried the child. "Push open the big door and come in. I want to kiss you."
Zwischen dem kalten zweifelnden Tone der Mutter und der freudigen Begrüßung des Kindes, lag der Unterschied einer ganzen Welt. War ich zu plötzlich vor Frau van Brandt erschienen? Sie besaß, wie alle zartfühlenden Menschen den angeborenen Sinn der Selbstachtung, der eigentlich Stolz, nur unter einem anderen Namen ist. Hatte der bloße Gedanke ihren Stolz verwundet, dass ich sie hier einsam und betrogen wiederfand, verlassen von dem Manne, für den sie so viel geopfert und gelitten hatte, Fremden verächtlich als eine hilflose Bürde preisgegeben? Und der Mann war ein Dieb, der vor seinen Brotherren, die er betrogen, nun floh! Ich stieß die schwere, eichene Tür in der Befürchtung auf, dass dies der wahre Grund der Veränderung sein würde, die ich an ihr wahrgenommen. Meine Voraussetzungen wurden bestätigt, als sie die innere Türe aufschloss, die vom Hofe nach dem Wohnzimmer führte und mich einließ.There was a world of difference between the coldly doubtful tone of the mother and the joyous greeting of the child. Had I forced myself too suddenly on Mrs. Van Brandt? Like all sensitively organized persons, she possessed that inbred sense of self-respect which is pride under another name. Was her pride wounded at the bare idea of my seeing her, deserted as well as deceived--abandoned contemptuously, a helpless burden on strangers--by the man for whom she had sacrificed and suffered so much? And that man a thief, flying from the employers whom he had cheated! I pushed open the heavy oaken street-door, fearing that this might be the true explanation of the change which I had already remarked in her. My apprehensions were confirmed when she unlocked the inner door, leading from the courtyard to the sitting-room, and let me in.
Als ich ihre beiden Hände ergriff und sie küsste, wendete sie schnell den Kopf ab, so dass meine Lippen nur ihre Wange berührten. Sie errötete tief; mit niedergeschlagenen Augen sprach sie mir in einigen förmlichen Worten ihr Erstaunen aus, mich hier zu sehen. Als das Kind in meine Arme floh, rief sie gereizt aus: »Belästige Mr. Germaine nicht!« Ich setzte mich und nahm die Kleine auf den Schoß. Frau van Brandt nahm in einiger Entfernung von mir Platz. »Ich glaube, ich brauche Sie nicht zu fragen, ob Sie von dem Geschehenen unterrichtet sind,« sagte sie und erblasste dabei so plötzlich, wie sie vorhin errötete, ihre Augen blieben beharrlich auf den Boden geheftet.As I took her by both hands and kissed her, she turned her head, so that my lips touched her cheek only. She flushed deeply; her eyes looked away from me as she spoke her few formal words of welcome. When the child flew into my arms, she cried out, irritably, "Don't trouble Mr. Germaine!" I took a chair, with the little one on my knee. Mrs. Van Brandt seated herself at a distance from me. "It is needless, I suppose, to ask you if you know what has happened," she said, turning pale again as suddenly as she had turned red, and keeping her eyes fixed obstinately on the floor.
Ehe ich antworten konnte, kramte das Kind fröhlich seine Neuigkeiten über das Verschwinden seines Vaters aus.Before I could answer, the child burst out with the news of her father's disappearance in these words:
»Mein anderer Papa ist davon gelaufen! Mein anderer Papa hat Geld gestohlen! Es ist Zeit, dass ich einen Neuen bekomme, nicht wahr?«"My other papa has run away! My other papa has stolen money! It's time I had a new one, isn't it?"
Sie schlang ihren Arm um meinen Hals. »Und nun habe ich ihn!« rief sie in den höchsten Tönen ihrer Stimme aus.She put her arms round my neck. "And now I've got him!" she cried, at the shrillest pitch of her voice.
Die Mutter sah uns an. Für eine Weile gelang es der stolzen, gefühlvollen Frau sich zu beherrschen, aber die Qual, die sie empfand, war nicht schweigend zu erdulden. Mit einem lauten Schmerzensschrei verbarg sie ihr Gesicht in den Händen. Von dem Gefühle ihrer eigenen Erniedrigung überwältigt, schämte sie sich, selbst dem Manne, der sie liebte, ihre Tränen zu zeigen.The mother looked at us. For a while, the proud, sensitive woman struggled successfully with herself; but the pang that wrung her was not to be endured in silence. With a low cry of pain, she hid her face in her hands. Overwhelmed by the sense of her own degradation, she was even ashamed to let the man who loved her see that she was in tears.
Ich hob das Kind von meinem Schoße. Eine zweite in dem Wohnzimmer befindliche Tür, war zufällig offen gelassen. Sie führte in ein Schlafzimmer, worin auf dem Toilettentische ein Licht brannte.I took the child off my knee. There was a second door in the sitting-room, which happened to be left open. It showed me a bed-chamber within, and a candle burning on the toilet-table.
»Geh dort hinein und spiele,« sagte ich, »ich muss mit Deiner Mama sprechen!«"Go in there and play," I said. "I want to talk to your mamma."
Das Kind schmollte, mein Vorschlag schien ihm nicht zu behagen.The child pouted: my proposal did not appear to tempt her.
»So gib mir ein Spielzeug,« sagte sie. »Meine Spielsachen mag ich nicht mehr. Lass mich sehen, was Du in Deinen Taschen hast.«""Give me something to play with," she said. "I'm tired of my toys. Let me see what you have got in your pockets."
Ihre kleinen, geschäftigen Hände wühlten in meinen Rocktaschen umher. Ich ließ sie daraus nehmen, was ihr gefiel, und veranlasste sie dadurch in das hintere Zimmer zu laufen. So wie sie uns aus den Augen war, nahete ich mich der armen Mutter und setzte mich zu ihr.Her busy little hands began to search in my coat-pockets. I let her take what she pleased, and so bribed her to run away into the inner room. As soon as she was out of sight, I approached the poor mother and seated myself by her side.
»Sehen Sie die Sache so an, wie ich es tue,« sagte ich. »Jetzt wo er sie verlassen hat, sind Sie frei die Meine zu werden.«"Think of it as I do," I said. "Now that he has forsaken you, he has left you free to be mine."
Sie erhob schnell den Kopf.She lifted her head instantly; her eyes flashed through her tears.
»Nun er mich verlassen hat,« antwortete sie, »bin ich Ihrer unwürdiger denn je!«"Now that he has forsaken me," she answered, "I am more unworthy of you than ever!"
»Warum?« fragte ich."Why?" I asked.
»Warum!« rief sie leidenschaftlich aus. »Wenn eine Frau es erleben muss, von einem Spitzbuben verlassen zu werden, hat sie dann noch nicht den tiefsten Grad der Erniedrigung erreicht?«"Why!" she repeated, passionately. "Has a woman not reached the lowest depths of degradation when she has lived to be deserted by a thief?"
In ihrer augenblicklichen Gemütsverfassung war es vergeblich, mit ihr zu unterhandeln. Ich versuchte ihre Aufmerksamkeit auf einen weniger peinlichen Gegenstand zu leiten, indem ich ihr die Folge wunderbarer Ereignisse berichtete, die mich nun um dritten Male zu ihr geführt hatten. Sie unterbrach mich aber gleich beim Beginn.It was hopeless to attempt to reason with her in her present frame of mind. I tried to attract her attention to a less painful subject by referring to the strange succession of events which had brought me to her for the third time. She stopped me impatiently at the outset.
»Es ist überflüssig, dass wir uns jetzt wiederholen, was wir uns schon bei anderen Gelegenheiten gesagt haben,« antwortete sie. »Ich begreife, was Sie hergeführt hat. Ich bin Ihnen wiederum im Traume erschienen, wie es zwei Mal bei früheren Anlässen geschah.«"It seems useless to say once more what we have said on other occasions," she answered. "I understand what has brought you here. I have appeared to you again in a vision, just as I appeared to you twice before."
»Nein,« sagte ich. »Nicht wie es in den beiden früheren Fällen geschah. Dieses Mal sah ich sie mit dem Kinde an Ihrer Seite.«"No," I said. "Not as you appeared to me twice before. This time I saw you with the child by your side."
Diese Antwort spannte ihre Aufmerksamkeit. Sie erstaunte und blickte unruhig nach der Tür des Schlafzimmers.That reply roused her. She started, and looked nervously toward the bed-chamber door.
»Sprechen Sie nicht laut!« sagte sie. »Lassen Sie das Kind nichts davon hören! Mein Traum von Ihnen hat mir dieses Mal einen peinlichen Eindruck zurückgelassen. Das Kind ist drin verflochten und das ist mir nicht lieb. Dann ist auch der Ort an dem ich Sie im Traum sah, vermischt mit -« Sie schwieg und ließ den Satz unvollendet. »Ich bin heute Abend erregt und elend,« fuhr sie fort, »und ich möchte nicht davon sprechen. Dennoch möchte ich gern wissen, ob sie wirklich von allen Orten in der Welt, sich grade in jenem Häuschen befanden?«"Don't speak loud!" she said. "Don't let the child hear us! My dream of you this time has left a painful impression on my mind. The child is mixed up in it--and I don't like that. Then the place in which I saw you is associated--" She paused, leaving the sentence unfinished. "I am nervous and wretched to-night," she resumed; "and I don't want to speak of it. And yet, I should like to know whether my dream has misled me, or whether you really were in that cottage, of all places in the world?"
Es war mir nicht möglich die Verlegenheit zu deuten mit der sie mir diese Frage vorlegte. Ich fand nach meinen Begriffen die Entdeckung nicht so besonders merkwürdig, dass sie einmal in Suffolk gewesen war und die Grünwasserfläche kannte. Der See war als ein beliebter Aufenthaltsort für Picknickgesellschaften in der ganzen Grafschaft bekannt und Dermodys niedliches Häuschen war einer der allgemeinen Anziehungspunkte in der Umgegend. Wie ich nun deutlich sah, knüpften sich schmerzliche Erinnerungen für sie an meine alte Heimat und das setzte mich allerdings in Erstaunen.I was at a loss to understand the embarrassment which she appeared to feel in putting her question. There was nothing very wonderful, to my mind, in the discovery that she had been in Suffolk, and that she was acquainted with Greenwater Broad. The lake was known all over the county as a favorite resort of picnic parties; and Dermody's pretty cottage used to be one of the popular attractions of the scene. What really surprised me was to see, as I now plainly saw, that she had some painful association with my old home.
Ich beschloss ihre Frage in einer Weise zu beantworten, die sie dazu ermutigen musste, mir ihr Vertrauen zu schenken. Noch ein Augenblick und ich würde ihr gesagt haben, dass ich meine Knabenzeit an der Grünwasserfläche verlebt hatte - noch ein Augenblick länger und wir würden uns erkannt haben - wenn nicht ein recht alltäglicher Zwischenfall die Worte von meinen Lippen zurückdrängte. Das Kind kam aus dem Schlafzimmer gelaufen und hielt einen zierlich geformten Schlüssel in der Hand.I decided on answering her question in such terms as might encourage her to take me into her confidence. In a moment more I should have told her that my boyhood had been passed at Greenwater Broad--in a moment more, we should have recognized each other--when a trivial interruption suspended the words on my lips. The child ran out of the bed-chamber, with a quaintly shaped key in her hand. It was one of the things she had taken out of my pockets, and it belonged to the cabin door on board the boat.
»Was ist das?« fragte sie, als sie sich mir näherte.A sudden fit of curiosity (the insatiable curiosity of a child) had seized her on the subject of this key.
»Mein Schlüssel,« antwortete ich, indem ich darin eine der Sachen erkannte, die sie mir aus der Tasche genommen hatte.
»Wozu gehört er?«
»Zur Kajütentür auf meinem Boote.«She insisted on knowing what door it locked; and, when I had satisfied her on that point, she implored me to take her immediately to see the boat.
Ihre Mutter unterbrach sie und es folgte eine neue Abhandlung über die Frage des Zubettgehns oder Aufbleibens. Inzwischen lief das kleine Geschöpf wieder mit der Erlaubnis noch einige Minuten länger zu spielen, davon, und das Gespräch zwischen Frau van Brandt und mir hatte eine neue Wendung genommen. Indem wir über die Gesundheit des Kindes sprachen, kamen wir natürlich auf die Beziehungen in denen das Kind zu dem Traume seiner Mutter stand.This entreaty led naturally to a renewal of the disputed question of going, or not going, to bed. By the time the little creature had left us again, with permission to play for a few minutes longer, the conversation between Mrs. Van Brandt and myself had taken a new direction. Speaking now of the child's health, we were led naturally to the kindred subject of the child's connection with her mother's dream.
»Sie lag an einem Fieber krank « begann Frau van Brandt, »und befand sich eben an dem Tage in der Besserung als ich in diesem elenden Orte verlassen zurück blieb. An demselben Abende hatte sie wieder einen Anfall, der mich in entsetzliche Angst versetzte. Sie verlor ganz die Besinnung, und ihre kleinen Glieder wurden steif und kalt. Ein einziger Doktor lebt noch hier, der die Stadt nicht verlassen hat. Natürlich schickte ich nach ihm. Er glaubte, dass die Besinnungslosigkeit von einem kataleptischen Anfalle herrührte, beruhigte mich aber zugleich, indem er mir sagte, dass keine augenblickliche Lebensgefahr vorhanden sei und gab mir gewisse Mittel, die ich anwenden sollte, wenn die bezeichneten Symptome einträten. Ich brachte sie zu Bett und drückte sie in der Absicht sie zu umarmen, an mich. Halten Sie es, ohne an Mesmerismus zu glauben, für möglich, dass wir einen gewissen Einfluss auf einander ausübten, der das Folgende erklärt?«"She had been ill with fever," Mrs. Van Brandt began; "and she was just getting better again on the day when I was left deserted in this miserable place. Toward evening, she had another attack that frightened me dreadfully. She became perfectly insensible--her little limbs were stiff and cold. There is one doctor here who has not yet abandoned the town. Of course I sent for him. He thought her insensibility was caused by a sort of cataleptic seizure. At the same time, he comforted me by saying that she was in no immediate danger of death; and he left me certain remedies to be given, if certain symptoms appeared. I took her to bed, and held her to me, with the idea of keeping her warm. Without believing in mesmerism, it has since struck me that we might unconsciously have had some influence over each other, which may explain what followed. Do you think it likely?"
»Sehr wahrscheinlich. Gleichzeitig würde die Lehre vom Mesmerismus, wenn Sie daran glauben könnten, noch weitere Aufklärungen darüber geben. Durch den Mesmerismus wäre es nicht allein zu erklären, dass Sie und das Kind sich gegenseitig beeinflussten, sondern auch, dass ich, trotz der Entfernung mit unter Ihrem beiderseitigen Einflusse stand. In dieser Weise würde der Mesmerismus meine Visionen als eine im höchsten Maße zwischen uns entwickelte Sympathie erklären. Sagen Sie mir, ob Sie mit dem Kinde in Ihren Armen einschliefen?«"Quite likely. At the same time, the mesmeric theory (if you could believe in it) would carry the explanation further still. Mesmerism would assert, not only that you and the child influenced each other, but that--in spite of the distance--you both influenced me. And in that way, mesmerism would account for my vision as the necessary result of a highly developed sympathy between us. Tell me, did you fall asleep with the child in your arms?"
»Ja. Ich war gänzlich erschöpft und schlief, trotz meines Vorsatzes die Nacht zu durchmachen, fest ein. In meiner trostlosen Lage, verlassen an einem fremden Orte, mit einem kranken Kinde in meinen Armen, träumte ich wiederum von Ihnen und wendete mich wieder an Sie, als an meinen einzigen Beschützer und Freund. Das Einzige, was in diesem Traume anders war, als in den früheren, war, dass ich das Kind neben mir wusste, als ich Ihnen nahte und dass sie mir die Worte eingab, die ich in mein Buch niederschrieb. Nicht wahr, Sie sahen die Worte. Und als ich erwacht war, waren sie verschwunden? Ich fand meinen kleinen Liebling immer noch wie tot in meinen Armen liegend. Die ganze Nacht hindurch hielt dieser Zustand an. Erst am nächsten Nachmittage kam sie wieder zur Besinnung. Warum erschrecken Sie? Was überrascht Sie so in meiner Erzählung!«"Yes. I was completely worn out; and I fell asleep, in spite of my resolution to watch through the night. In my forlorn situation, forsaken in a strange place, I dreamed of you again, and I appealed to you again as my one protector and friend. The only new thing in the dream was, that I thought I had the child with me when I approached you, and that the child put the words into my mind when I wrote in your book. You saw the words, I suppose? and they vanished, as before, no doubt, when I awoke? I found the child still lying, like a dead creature, in my arms. All through the night there was no change in her. She only recovered her senses at noon the next day. Why do you start? What have I said that surprises you?"
Ich hatte wohl Grund zu erschrecken und drückte das auch aus. An demselben Tage und zu derselben Stunde, als das Kind wieder zu sich gekommen war, hatte ich auf dem Deck des Schiffes gestanden und ihre Erscheinung vor meinen Blicken verschwinden sehen!There was good reason for my feeling startled, and showing it. On the day and at the hour when the child had come to herself, I had stood on the deck of the vessel, and had seen the apparition of her disappear from my view.
»Sagte sie etwas, als sie wieder zur Besinnung kam?« fragte ich."Did she say anything," I asked, "when she recovered her senses?"
»Ja. Auch sie hatte geträumt und zwar, dass sie sich in Ihrer Gesellschaft befunden hätte. Sie sagte: »Er wird uns besuchen, Mama und ich habe ihm den Weg gezeigt.« Ich fragte sie, wo sie Sie gesehn hätte. Sie sprach verwirrt von verschiedenen Orten. Sie erzählte mir von Bäumen, einem Häuschen und einem See. Dann von Feldern, Hecken und einsamen Straßen. Dann wieder von einem Wagen und Pferden und einem langen, weißen Wege, von belebten Straßen und Häusern, von einem Flusse und einem Schiff. Was diese letzten Gegenstände anlangt, so liegt nichts Wunderbares in dem, was sie sagte. Sie hatte ja in Wirklichkeit auf unserem Wege von London nach Rotterdam die Häuser, den Fluss und das Schiff gesehn, das ihr nun im Traume erschienen war. Übrigens kann ich, was die anderen Orte, besonders das Häuschen und den See, wie sie sie mir beschrieb, betrifft, nur annehmen, dass ihr Traum die Rückwirkung des meinen war. Ich hatte von dem Häuschen und dem See geträumt, wie ich sie einst vor langer, langer Zeit gekannt und - Gott weiß wie - hatte ich Sie mit diesen Szenen in Verbindung gebracht. Wir wollen nicht näher darauf eingehen! Ich weiß nicht, was mich betört, dass ich im Stande bin so leicht über alte Erinnerungen zu sprechen, die mich in meiner jetzigen Lage so schmerzlich berühren. Wir sprachen von dem Gesundheitszustande des Kindes - lassen Sie uns dazu zurückkehren.«"Yes. She too had been dreaming--dreaming that she was in company with you. She said: 'He is coming to see us, mamma; and I have been showing him the way.' I asked her where she had seen you. She spoke confusedly of more places than one. She talked of trees, and a cottage, and a lake; then of fields and hedges, and lonely lanes; then of a carriage and horses, and a long white road; then of crowded streets and houses, and a river and a ship. As to these last objects, there is nothing very wonderful in what she said. The houses, the river, and the ship which she saw in her dream, she saw in the reality when we took her from London to Rotterdam, on our way here. But as to the other places, especially the cottage and the lake (as she described them) I can only suppose that her dream was the reflection of mine. I had been dreaming of the cottage and the lake, as I once knew them in years long gone by; and--Heaven only knows why--I had associated you with the scene. Never mind going into that now! I don't know what infatuation it is that makes me trifle in this way with old recollections, which affect me painfully in my present position. We were talking of the child's health; let us go back to that."
Es war nicht leicht auf des Kindes Gesundheit zurückzukommen, nun sie meine Neugierde über ihre Beziehungen zu der Grünwasserfläche wieder erweckt hatte. Die Kleine spielte noch ruhig im Schlafzimmer. Die zweite Gelegenheit bot sich mir und ich ergriff sie.It was not easy to return to the topic of her child's health. She had revived my curiosity on the subject of her association with Greenwater Broad. The child was still quietly at play in the bedchamber. My second opportunity was before me. I took it.
»Ich will Sie nicht betrüben,« sagte ich. »Ich möchte Sie nur bitten, dass Sie mir, bevor wir den Gegenstand wechseln, eine Frage über das Häuschen und den See gestatten.«"I won't distress you," I began. "I will only ask leave, before we change the subject, to put one question to you about the cottage and the lake."
Das Verhängnis, das uns verfolgte, wollte jetzt, dass sie selbst nun unbewusst das Hindernis für unser gegenseitiges Erkennen wurde.As the fatality that pursued us willed it, it was her turn now to be innocently an obstacle in the way of our discovering each other.
»Ich kann Ihnen heute Abend nichts weiter sagen,« erwiderte sie, indem sie sich ungeduldig erhob. »Es ist Zeit, dass ich das Kind zu Bett bringe und übrigens kann ich nicht über Dinge sprechen, die mir schmerzlich sind. Sie müssen eine Zeit abwarten - wenn eine solche überhaupt je kommen wird - wo ich ruhiger und glücklicher bin, als jetzt.«"I can tell you nothing more to-night," she interposed, rising impatiently. "It is time I put the child to bed--and, besides, I can't talk of things that distress me. You must wait for the time--if it ever comes!--when I am calmer and happier than I am now."
Sie wendete sich nach dem Schlafzimmer. In der Übereilung einer augenblicklichen Eingebung erfasste ich ihre Hand und hielt sie zurück.She turned to enter the bed-chamber. Acting headlong on the impulse of the moment, I took her by the hand and stopped her.
»Es liegt ganz in Ihrem Willen,« sagte ich, »dass die ruhigere, glücklichere Zeit schon jetzt, schon diesen Augenblick, beginnt.«"You have only to choose," I said, "and the calmer and happier time is yours from this moment."
»In meinem Willen?« wiederholte sie. »Wie meinen Sie das?«"Mine?" she repeated. "What do you mean?"
»Sagen Sie das eine Wort,« erwiderte ich, »und Sie haben mit Ihrem Kinde eine Heimat und eine Zukunft vor sich.«"Say the word," I replied, "and you and your child have a home and a future before you."
Sie sah mich halb erstaunt, halb erzürnt an.She looked at me half bewildered, half angry.
»Bieten Sie mir Ihren Schutz an?« fragte sie."Do you offer me your protection?" she asked.
»Ich biete Ihnen den Schutz eines Gatten an,« antwortete ich. »Ich frage Sie, ob Sie mein Weib werden wollen.«"I offer you a husband's protection," I answered. "I ask you to be my wife."
Sie trat einen Schritt näher zu mir und heftete ihre Augen fest auf mein Gesicht.She advanced a step nearer to me, with her eyes riveted on my face.
»Sie sind augenscheinlich in Unkenntnis über das, was vorgefallen ist,« sagte sie. »Und doch sprach das Kind, Gott weiß es, deutlich genug.«"You are evidently ignorant of what has really happened," she said. "And yet, God knows, the child spoke plainly enough!"
»Das Kind wiederholte mir nur, was ich auf dem Wege hierher schon erfahren hatte.«"The child only told me," I rejoined, "what I had heard already, on my way here."
»Sie hörten Alles?«"All of it?"
»Alles.«"All of it."
»Und wollen mich dennoch heiraten?«"And you still ask me to be your wife?"
»Ich kann mir kein größeres Glück denken, als Sie mein zu nennen.«"I can imagine no greater happiness than to make you my wife."
»Selbst nachdem Sie das Alles wissen?«"Knowing what you know now?"
»Selbst nachdem ich das Alles weiß, bitte ich Sie vertrauensvoll um Ihre Hand. Welches Recht jener Mann, als der Vater Ihres Kindes, auch an Sie gehabt haben mag, dadurch dass er Sie so nichtswürdig verlassen hat, hat er jedes Recht auf Sie verscherzt. Sie sind in jedem Sinne des Wortes, frei, mein Liebling· Wir haben der Trübsal genug in unserem Leben gehabt. Endlich nun winkt uns das Glück, o kommen Sie zu mir - sagen Sie Ja.«"Knowing what I know now, I ask you confidently to give me your hand. Whatever claim that man may once have had, as the father of your child, he has now forfeited it by his infamous desertion of you. In every sense of the word, my darling, you are a free woman. We have had sorrow enough in our lives. Happiness is at last within our reach. Come to me, and say Yes."
Ich versuchte sie zu umarmen. Sie trat wie erschrocken zurück. »Niemals!« sagte sie fest.I tried to take her in my arms. She drew back as if I had frightened her. "Never!" she said, firmly.
Ich flüsterte die nächsten Worte so leise, dass das Kind im Nebenzimmer uns nicht hören konnte.I whispered my next words, so that the child in the inner room might not hear us.
»Einst sagten Sie mir, dass Sie mich liebten!«"You once said you loved me!"
»Ich liebe Sie!«"I do love you!"
»So innig wie einst?«"As dearly as ever?"
»Inniger denn je!«"More dearly than ever!"
»Küssen Sie mich!«"Kiss me!"
Sie gab willenlos nach. Sie küsste mich - mit kalten Lippen, mit großen Tränen in den Augen.She yielded mechanically; she kissed me--with cold lips, with big tears in her eyes.
»Sie lieben mich nicht!« rief ich zornig aus. »Sie küssen mich, als ob Sie damit eine Pflicht erfüllten. Ihre Lippen sind kalt, - wie Ihr Herz. Sie lieben mich nimmermehr!«"You don't love me!" I burst out, angrily. "You kiss me as if it were a duty. Your lips are cold--your heart is cold. You don't love me!"
Mit einem sanften Lächeln blickte sie mich traurig an.She looked at me sadly, with a patient smile.
»Einer von uns muss des Unterschiedes wischen Ihrer Lebensstellung und der meinen eingedenk bleiben,«·sagte sie. »Sie sind ein Mann von fleckenlosem Ruf, der eine unbestritten hohe Stellung in der Welt einnimmt. Und wer bin ich? Ich bin die verlassene Geliebte eines Spitzbuben. Dessen muss Einer von uns eingedenk sein. Sie haben es großmütig vergessen. Ich muss mich dessen erinnern Ich, ich bin wirklich kalt, schweres Leiden übt diesen Einfluss auf mich aus und - ich gestehe es, ich leide sehr schwer.«"One of us must remember the difference between your position and mine," she said. "You are a man of stainless honor, who holds an undisputed rank in the world. And what am I? I am the deserted mistress of a thief. One of us must remember that. You have generously forgotten it. I must bear it in mind. I dare say I am cold. Suffering has that effect on me; and, I own it, I am suffering now."
Ich liebte sie zu leidenschaftlich, um bei diesen Worten die Teilnahme für sie zu fühlen, auf die sie entschieden rechnete. Ein Mann achtet die Bedenken einer Frau, so lange sie ihm stumm durch Blicke oder Tränen ausgedrückt werden, so wie sie ihm aber förmlich in Worten ausgesprochen sind, reizen oder verdrießen sie ihn nur.I was too passionately in love with her to feel the sympathy on which she evidently counted in saying those words. A man can respect a woman's scruples when they appeal to him mutely in her looks or in her tears; but the formal expression of them in words only irritates or annoys him.
»Wessen Schuld ist es, dass Sie leiden?« versetzte ich kalt. »Ich beschwöre Sie, Ihr Leben und das meinige zu einem glücklichen zu gestalten. Sie sind eine grausam Misshandelte - aber keineswegs Erniedrigte, Sie sind würdig mein Weib zu sein und ich bin bereit das öffentlich zu erklären. Kehren Sie mit mir nach England zurück, mein Boot liegt für Sie bereit.«"Whose fault is it that you suffer?" I retorted, coldly. "I ask you to make my life a happy one, and your life a happy one. You are a cruelly wronged woman, but you are not a degraded woman. You are worthy to be my wife, and I am ready to declare it publicly. Come back with me to England. My boat is waiting for you; we can set sail in two hours."
Sie sank auf einen Stuhl, ihre Hände fielen ihr willenlos in den Schoß.She dropped into a chair; her hands fell helplessly into her lap.
»Wie grausam!« flüsterte sie; »wie grausam mich so zu versuchen!« Nach einigen Augenblicken gewann sie ihre entsetzliche Festigkeit wieder. »Nein!« sagte sie, und wenn es mein Leben kostet, so weigre ich mich doch standhaft Sie zu entehren. Verlassen Sie mich, Mr. Germaine. Das ist die letzte Gunst, die Sie mir erweisen können. Um Gottes willen, verlassen Sie mich!«"How cruel!" she murmured, "how cruel to tempt me!" She waited a little, and recovered her fatal firmness. "No!" she said. "If I die in doing it, I can still refuse to disgrace you. Leave me, Mr. Germaine. You can show me that one kindness more. For God's sake, leave me!"
Ich machte einen letzten Versuch sie zu erweichen.I made a last appeal to her tenderness.
»Wissen Sie, welch eine Zukunft meiner wartet, wenn ich ohne Sie leben muss?« fragte ich. »Meine Mutter ist tot. Sie sind das einzige Wesen in der weiten Welt, für das ich Liebe fühle, und Sie fordern von mir, dass ich Sie verlasse? Wohin soll ich gehen? Was soll ich beginnen? Sie sprechen von Grausamkeit! Ist es nicht grausamer, dass Sie mein Lebensglück erbärmlichen Bedenken des Zartgefühls, unverständigen Befürchtungen über das Urteil der Welt, opfern wollen? Ich liebe Sie und - Sie lieben mich. Jedes andre Bedenken hat den Wert eines Strohhalms. Kehren Sie mit mir nach England zurück! Kehren Sie zurück, uni mein Weib zu werden!«"Do you know what my life is if I live without you?" I asked. "My mother is dead. There is not a living creature left in the world whom I love but you. And you ask me to leave you! Where am I to go to? what am I to do? You talk of cruelty! Is there no cruelty in sacrificing the happiness of my life to a miserable scruple of delicacy, to an unreasoning fear of the opinion of the world? I love you and you love me. There is no other consideration worth a straw. Come back with me to England! come back and be my wife!"
Sie sank auf die Knie, ergriff meine Hand und führte sie schweigend an ihre Lippen. Ich versuchte sie aufzuheben. Es war umsonst, sie leistete mir entschiedenen Widerstand.She dropped on her knees, and taking my hand put it silently to her lips. I tried to raise her. It was useless: she steadily resisted me.
»Soll dies ein Nein bedeuten?« fragte ich."Does this mean No?" I asked.
»Es bedeutet,« sagte sie in leisem, gebrochenen Tone, »dass ich Ihre Ehre über mein Glück stelle. Wenn ich Sie heirate, ist Ihre Stellung durch Ihre Frau vernichtet und - der Tag, an dem Sie mir das zugestehen, wird kommen und ich kann eher leiden, - eher sterben, als einer solchen Zukunft entgegenzugehen. Vergeben Sie mir und vergessen Sie mich. Ich kann Ihnen weiter nichts sagen!«"It means," she said in faint, broken tones, "that I prize your honor beyond my happiness. If I marry you, your career is destroyed by your wife; and the day will come when you will tell me so. I can suffer--I can die; but I can not face such a prospect as that. Forgive me and forget me. I can say no more!"
Sie ließ meine Hand los und fiel zu Boden. Die furchtbare Verzweiflung, die aus diesem Ereignis sprach, sagte mir beredter als alle ihre Worte, dass ihr Entschluss unwandelbar sei. Sie hatte sich freiwillig von mir getrennt, ihre eigene Handlungsweise hatte uns für immer geschieden.She let go of my hand, and sank on the floor. The utter despair of that action told me, far more eloquently than the words which she had just spoken, that her resolution was immovable. She had deliberately separated herself from me; her own act had parted us forever.


Vorheriges Kapitel
Nächstes Kapitel
 Inhaltsverzeichnis für diese Geschichte