Zwei Schicksalswege

Das Tagebuch meiner MutterMY MOTHER'S DIARY
In meiner Hochlands-Heimat folgten sich die Tage trübe und einförmig, denn wir lebten in tiefster Zurückgezogenheit und noch heute, nach Verlauf von Jahren, denke ich ungern daran zurück, die Erinnerung an Zeiten voller Tätigkeit, so gering diese auch sein mochte, ist, da sie mich mit meinen Mitmenschen zusammenführte und mich in Beziehung zu der lebhaften Strömung des Welttreibens brachte, mir dagegen immer lieb gewesen. Das kleinliche Zerlegen der eigenen Gefühle woran viele Menschen im Unglück ein selbstgefälliges Vergnügen zu finden scheinen, ist mir von jeher unbegreiflich gewesen. Darum will ich die Schilderung unseres einförmigen Lebens in Pertshire, so weit es mich betrifft, lieber in den Worten meiner Mutter folgen lassen. Einige Zeilen aus dem Tagebuche, das sie zu führen gewohnt war, werden alles nötige mitteilen, bis diese Erzählung einen vorgerückteren Zeitpunkt und neuere Ereignisse erreicht hat.THERE is something repellent to me, even at this distance of time, in looking back at the dreary days, of seclusion which followed each other monotonously in my Highland home. The actions of my life, however trifling they may have been, I can find some interest in recalling: they associate me with my fellow-creatures; they connect me, in some degree, with the vigorous movement of the world. But I have no sympathy with the purely selfish pleasure which some men appear to derive from dwelling on the minute anatomy of their own feelings, under the pressure of adverse fortune. Let the domestic record of our stagnant life in Perthshire (so far as I am concerned in it) be presented in my mother's words, not in mine. A few lines of extract from the daily journal which it was her habit to keep will tell all that need be told before this narrative advances to later dates and to newer scenes.
Den 20. August. - Trotzdem wir seit zwei Monaten in Schottland sind, finde ich George durchaus nicht vorteilhaft verändert. Er hat sich mit der Trennung von dieser unglücklichen Frau noch keineswegs ausgesöhnt, obgleich er mir das nie zugestehen will. Er erklärt, dass das Stilleben hier mit mir ganz seinen Wünschen entspricht. Ich weiß es aber besser, denn ich war in der vergangenen Nacht in seinem Schlafzimmer und hörte ihn im Schlaf von ihr sprechen und sah die Tränen an seinen Augenlidern! Der arme Junge! Wie viel tausende reizender Frauen würden sich glücklich schätzen sein Weib zu werden, und die Einzige, die ihm nie gehören kann, ist grade die Einzige, die er liebt! "20th August.--We have been two months at our home in Scotland, and I see no change in George for the better. He is as far as ever, I fear, from being reconciled to his separation from that unhappy woman. Nothing will induce him to confess it himself. He declares that his quiet life here with me is all that he desires. But I know better! I have been into his bedroom late at night. I have heard him talking of her in his sleep, and I have seen the tears on his eyelids. My poor boy! What thousands of charming women there are who would ask nothing better than to be his wife! And the one woman whom he can never marry is the only woman whom he loves!
Den 25. - Ich hatte eine lange Unterredung mit Mr. Mac Glue über Georges Zustand. Seit er meinen Sohn ermutigte jener Aufforderung nach St. Antonios Brunnen zu folgen, habe ich diesen schottischen Arzt nicht mehr leiden mögen, aber immerhin scheint er ein tüchtiger Mann in seinem Beruf zu sein und, wie ich glaube, meint er es in seiner Weise gut mit George. Er erteilte seinen Rat in derselben rauhen und entschiedenen Weise wie immer."25th.--A long conversation about George with Mr. MacGlue. I have never liked this Scotch doctor since he encouraged my son to keep the fatal appointment at Saint Anthony's Well. But he seems to be a clever man in his profession--and I think, in his way, he means kindly toward George. His advice was given as coarsely as usual, and very positively at the same time.
»Ihrem Sohn, Madame, wird nichts von seiner verliebten Leidenschaft für die halbertrunkene Dame seines Herzens heilen, als Abwechselung und - eine andre Herzensdame. Lassen Sie ihn dieses Mal allein reisen, damit er sich bewusst wird, wie schmerzlich er die Nähe eines mitfühlenden Wesens vermisst und wenn er ein solches gefunden hat, es gibt deren so viele, wie Fische in der See, dann beunruhigen sie sich nicht, wenn sie auch nicht ganz ohne Fehler ist. Ich besitze eine gesprungene Teetasse und benutze sie seit zwanzig Jahren. Verheiraten Sie ihn der Neuen, Madame, so schleunig und ohne Überlegung, wie das Gesetz es irgend gestattet.« Mir ist Mr. Mac Glues rohe, hartherzige Ansicht verhasst, aber leider fürchte ich, dass ich mich für eine kurze Zeit von meinem Sohne, um seiner selbst willen trennen muss.'Nothing will cure your son, madam, of his amatory passion for that half-drowned lady of his but change--and another lady. Send him away by himself this time; and let him feel the want of some kind creature to look after him. And when he meets with that kind creature (they are as plenty as fish in the sea), never trouble your head about it if there's a flaw in her character. I have got a cracked tea-cup which has served me for twenty years. Marry him, ma'am, to the new one with the utmost speed and impetuosity which the law will permit.' I hate Mr. MacGlue's opinions--so coarse and so hard-hearted!--but I sadly fear that I must part with my son for a little while, for his own sake.
Den 26. - Wohin soll ich George schicken? Ich habe die ganze Nacht darüber nachgedacht und kann nicht zum Entschluss kommen. Es wird mir gar so schwer ihn fortzulassen."26th.--Where is George to go? I have been thinking of it all through the night, and I cannot arrive at a conclusion. It is so difficult to reconcile myself to letting him go away alone.
Den 29. - Ich habe immer an besondere Fügungen geglaubt und bin nun in meinem Glauben noch befestigt. Der heutige Morgen brachte uns einen Brief von unserem guten Freunde und Nachbar Belhelyin. Sir James gehört zu der Kommission für die Leuchttürme des Nordens und bereist in einem Regierungsschiffe den Norden von Schottland, die Orkney- und die Shetlandsinseln, um dort die Leuchttürme zu besichtigen. Da es ihm aufgefallen ist, wie bleich und elend mein armer Sohn aussieht, ladet er George ein auf dieser Reise sein Gast zu sein. Ihre Abwesenheit wird nur zwei Monate dauern. Sir James erinnert mich daran, welche Wunder die Seeluft an Georges Gesundheit bewirkt hat, als er von Indien zurückkehrte. Um zu sehen, was Luftwechsel und veränderte Umgebung wirken können, konnte ich mir keine bessere Gelegenheit wünschen. So schwer mir die Trennung auch wird, will ich doch ein heiteres Gesicht dazu machen und George dringend zureden, die Einladung anzunehmen."29th.--I have always believed in special providences; and I am now confirmed in my belief. This morning has brought with it a note from our good friend and neighbor at Belhelvie. Sir James is one of the commissioners for the Northern Lights. He is going in a Government vessel to inspect the lighthouses on the North of Scotland, and on the Orkney and Shetland Islands--and, having noticed how worn and ill my poor boy looks, he most kindly invites George to be his guest on the voyage. They will not be absent for more than two months; and the sea (as Sir James reminds me) did wonders for George's health when he returned from India. I could wish for no better opportunity than this of trying what change of air and scene will do for him. However painfully I may feel the separation myself, I shall put a cheerful face on it; and I shall urge George to accept the invitation.
Den 30. - Ich habe alles Mögliche getan und gesagt, aber er besteht darauf mich nicht zu verlassen und ich erbärmliche selbstsüchtige Person war so erfreut, als er Nein sagte."30th.--I have said all I could; but he still refuses to leave me. I am a miserable, selfish creature. I felt so glad when he said No.
Den 31. - Wieder eine durchwachte Nacht. Heute muss George entschieden Sir James Vorschlag beantworten. Ich bin entschlossen meine Pflicht gegen meinen Sohn zu tun. Er sieht heute so entsetzlich elend und krank aus und wer steht mir dafür, dass er nicht wieder zu Frau van Brandt zurückkehrt, wenn nicht etwas für seine Zerstreuung geschieht?"31st.--Another wakeful night. George must positively send his answer to Sir James to-day. I am determined to do my duty toward my son--he looks so dreadfully pale and ill this morning! Besides, if something is not done to rouse him, how do I know that he may not end in going back to Mrs. Van Brandt after all?
Ich sehe ein, dass ich tausend Gründe habe in ihn zu dringen, dass er die Einladung von Sir James annimmt. Wenn ich fest bleibe, wird es mir auch gelingen, der arme Bursche hat mir ja immer gehorcht - warum sollte er es in diesem Falle nicht tun.From every point of view, I feel bound to insist on his accepting Sir James's invitation. I have only to be firm, and the thing is done. He has never yet disobeyed me, poor fellow. He will not disobey me now.
Den 2. September. - Er ist abgereist! Und zwar nur mir zuliebe, ganz gegen seinen Willen. Wie traurig, dass solch ein guter Sohn nicht auch eine gute Frau finden kann, er würde ja jede Frau glücklich machen. Habe ich wohl recht getan ihn fortzuschicken? Der Wind heult in dem Fichtenwäldchen hinter dem Hause so stark! Ob es auf der See auch stürmen mag? Ich vergaß Sir James zu fragen, wie groß das Schiff ist. Der Führer durch Schottland schildert die Küste als unsicher und die See zwischen der Nordküste und den Orkneyinseln als wild. Fast bereue ich schon, dass ich so sehr auf die Reise drang - wie töricht bin ich doch! Wir sind ja Alle in Gottes Hand, möge er meinen guten Sohn segnen und behüten!"2d September.--He has gone! Entirely to please me--entirely against his own wishes. Oh, how is it that such a good son cannot get a good wife! He would make any woman happy. I wonder whether I have done right in sending him away? The wind is moaning in the fir plantation at the back of the house. Is there a storm at sea? I forgot to ask Sir James how big the vessel was. The 'Guide to Scotland' says the coast is rugged; and there is a wild sea between the north shore and the Orkney Islands. I almost regret having insisted so strongly--how foolish I am! We are all in the hands of God. May God bless and prosper my good son!
Den 10. - Ich bin sehr unruhig, da ich noch keinen Brief von George habe. Ach, wie sorgenvoll ist doch das Leben und doch hängen wir so fest daran!"10th.--Very uneasy. No letter from George. Ah, how full of trouble this life is! and how strange that we should cling to it as we do!
Den 15. - Ein Brief von George! Die Nordküste liegt bereits hinter ihnen, sie haben glücklich die wilde See durchkreuzt und sind bereits auf den Orkneyinseln angelangt. Das schönste Wetter hat sie begünstigt und George fühlt sich kräftiger und besser an Leib und Seele! Ja, wenn wir nur geduldig ausharren, bringt dieses Leben doch immer wieder Zeiten voll Glück und Freude."15th.--A letter from George! They have done with the north coast and they have crossed the wild sea to the Orkneys. Wonderful weather has favored them so far; and George is in better health and spirits. Ah! how much happiness there is in life if we only have the patience to wait for it.
Den 2. Oktober. - Wieder ein Brief. Sie sind glücklich in dem bedeutendsten Hafen der Shetlandsinseln, in Lerwick angekommen, obgleich das Wetter in der letzten Zeit nicht günstig war. Die Besserung in Georges Zustand dauert glücklicherweise fort und er schreibt sehr dankerfüllt über die unablässige Güte von Sir James gegen ihn. Ich bin so glücklich, dass ich Sir James küssen möchte, wenn er auch hundert Mal ein berühmter Mann und ein Mitglied der Kommission für die Leuchttürme des Nordens ist! Wenn Wind und Wetter günstig sind, hoffen sie in drei Wochen zurück zu sein, dann will ich keinen Augenblick über das einsame Leben klagen, das ich jetzt führe, wenn ich nur George gesund und glücklich wiedersehe. Er schreibt mir, dass sie einen großen Teil ihrer Zeit auf dem Lande zugebracht haben, erwähnt aber kein Wort von Damenbekanntschaften; vielleicht gibt es dort kaum welche in diesen Wildnissen. Von Shetlands Wäldern und von shetländischen Ponys hörte ich oft sprechen, ob es wirklich auch shetländische Damen geben mag?"2d October.--Another letter. They are safe in the harbor of Lerwick, the chief port in the Shetland Islands. The weather has not latterly been at all favorable. But the amendment in George's health remains. He writes most gratefully of Sir James's unremitting kindness to him. I am so happy, I declare I could kiss Sir James--though he is a great man, and a Commissioner for Northern Lights! In three weeks more (wind and weather permitting) they hope to get back. Never mind my lonely life here, if I can only see George happy and well again! He tells me they have passed a great deal of their time on shore; but not a word does he say about meeting any ladies. Perhaps they are scarce in those wild regions? I have heard of Shetland shawls and Shetland ponies. Are there any Shetland ladies, I wonder?"


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